9 SCIENCE FICTION-STORIES
gebären. Jede Welt beginnt mit fünfzig Paaren, die sich vermehren müssen, damit die Kolonie bestehen bleibt. Wollen Sie nicht heiraten, Carol? Und Kinder haben?«
»Ja, sicherlich, aber …«
»Aber?«
»Ich wartete, wartete immer auf den Richtigen. Schlug Angebote aus und wartete, wie wohl der nächste aussehen würde. Und jetzt ist es zu spät, wie? Ich könnte verheiratet sein, vielleicht auch schon ein Baby haben, und dann müßte ich jetzt nicht gehen – da hinaus.«
»Tut mir leid. Eigentlich sollte ich Ihnen die übliche Ansprache über das Schicksal der Menschheit halten, Miß Carol, aber vermutlich würde diese Sie wenig interessieren. Ich kann nur sagen, daß es mir leid tut, aber Sie werden Ihren Teil beitragen müssen.«
Versunken starrte sie an dem Mann hinter dem Schreibtisch vorbei, vorbei an dem Banner mit dem bedeutungslosen Slogan. Wie zu sich selbst sprach sie vor sich hin: »So lange wartete ich – und jetzt muß ich den ersten nehmen, der mir über den Weg läuft. Nicht wahr?«
»Eine gewisse Freiheit gibt es schon, Carol. Sie müssen nicht akzeptieren, wenn Ihnen der Mann nicht zusagt, der Sie wählt. Sie können ›nein‹ sagen.«
»Aber einen muß ich heiraten. Ich kann nicht alle abweisen.«
»Ja. Einen müssen Sie nehmen.«
Stumm ließ Carol die Untersuchung über sich ergehen, widerstandslos, erfüllt von vagem Bedauern und schwachem Groll.
Carol Herrick hatte nie ernsthaft über dieses große Problem der Menschheit nachgedacht. Vor drei Jahren, an ihrem neunzehnten Geburtstag, war sie in die Stadt zur Registrierungsstelle gegangen, weil das Gesetz es verlangte. Sie hatte ihren Namen genannt, die Ärzte hatten sie untersucht, und einige Wochen darauf war ein Kärtchen gekommen, daß sie tauglich war, daß ihr Name auf der Liste im großen Komputer stand und daß sie an der Menschen-Lotterie teilnehmen würde bis zum Alter von vierzig Jahren.
Auf einem Zettel hatte sie sich ausgerechnet, daß sie erst im Jahr 2034 vierzig Jahre alt wäre. Das schien ihr in so ferner Zukunft zu liegen, daß sie sich die Jahre dazwischen kaum vorstellen konnte. Da also ihr Verstand weder mit dem Lotterie-Gedanken, noch mit dem Intervall von zwanzig Jahren fertig werden konnte, vergaß sie einfach die ganze Angelegenheit. Daß ihre Nummer an der Lotterie teilnahm, das wußte sie. Nun gut, was liegt schon daran?
Der blaue Zettel im Briefkasten hatte es sie gelehrt.
6
Nach Fertigstellung der Liste mit den hundert Namen für den siebzehnten Oktober, dem Start der Gegenschein, wandte sich Präsident Mulholland dem nächsten Punkt seiner Tagesordnung zu: Finale der Liste des Vortags, wie er im »Fahrplan« grausam genannt wurde.
Das Raumschiff für den sechzehnten Oktober hieß Skyrover und würde von Kap Kennedy starten. Mulholland hatte die übliche Quote an Namen vorbereitet; in den frühen Morgenstunden, während er die Gegenschein -Liste zusammenstellte, waren Meldungen zu den Ziehungen des Vortags von den Ortsstellen eingegangen. Mulholland überprüfte die langen gelben Formulare. Die Skyrover -Liste würde keine Schwierigkeiten bereiten, wie er sah. Er hatte einundfünfzig brauchbare Männer, zweiundfünfzig brauchbare Frauen.
Er strich die überzähligen drei Namen, trug sie in das dafür vorgesehene Formular ein und übergab dieses Miß Thorne. Im Laufe des Tages würden irgendwo in den Vereinigten Staaten drei Menschen erfahren, daß sie eine Gnadenfrist hatten: statt am sechzehnten Oktober zu starten, würde man sie für den siebzehnten vormerken. Waren auf der Gegenschein- Liste keine Lücken auszufüllen, würden sie auf alle Fälle am achtzehnten Oktober abreisen müssen.
Seine
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