9 SCIENCE FICTION-STORIES
andere geeignete Möglichkeiten gibt, außer in der Kontrollkabine. Der Grund ist einfach zu erklären: Jede Art Luke ist eine schwache Stelle am Rumpf. Nachdem wir uns die meiste Zeit im Überraum befinden werden, wo es ohnehin nichts zu sehen gibt, haben die Konstrukteure die Ausgucköffnungen weggelassen.
Darf ich Sie nun bitten, sich einfach zu entspannen, sich hinzulegen und Kontakt mit Ihren Nachbarn aufzunehmen. In fünfunddreißig Minuten werden wir starten. Danke.«
Mit einem Klick verstummte der Lautsprecher.
Die Minuten flossen dahin. Dawes versuchte, den Vollmond am nächtlichen Himmel, den Großen Bären, den Orion in seinem Gedächtnis zu verankern. Weniger als zehn Minuten blieben noch.
Er versuchte, sich die Anordnung des Raumschiffs auszumalen. Ganz oben, unter der abgerundeten Spitze waren wahrscheinlich die Kontrollkabine und das Mannschaftsquartier untergebracht. Dann, dachte er, darunter, müßten sich die beiden Schlafsäle der Männer befinden, einer auf jeder Seite des Raumschiffs. Dann der zentrale Gesellschaftsraum und darunter die beiden Schlafsäle der Frauen. Ganz unten der zweite Gesellschaftsraum und die Kombüse.
Und dahinter die Raketenverbrennungskammern und der mysteriöse Raum mit dem Einstein-Triebwerk.
Er wußte sehr wenig über den Einstein-Antrieb. Nur, daß im Mittelpunkt ein thermonuklearer Generator stand, der durch das Herstellen eines Über-Sonnenintensität-Feldes ein Spannungsmuster in der Raumstruktur schuf. Und daß das Raumschiff durch dieses Spannungsmuster in einen Bereich hineinglitt, genannt Überraum, wie ein Seehund durch eine Spalte im arktischen Eis.
Und dann? Irgendwie schneller rasend als mit Lichtgeschwindigkeit, welche die Höchstgeschwindigkeit des Universums darstellt, würde das Raumschiff die unergründlichen Weiten von Lichtjahren bewältigen; in der Nähe des Wega-Systems wieder auftauchen aus dem Überraum, um mittels herkömmlichen Raketenantriebs auf dem Planeten Osiris zu landen.
Tief unter sich spürte Dawes das Brummen der gigantischen Raketentriebwerke. Ein donnerndes Brausen, eine schwere Faust schien auf seinen Brustkorb herunterzufahren, das Raumschiff hob sich. Sein Herz pochte stürmisch unter dem Beschleunigungsdruck. Er schloß die Augen.
Der plötzliche Schmerz der Loslösung durchzuckte ihn. Sein letztes Band zur Erde, das Band der Schwerkraft, war zerrissen worden.
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Dawes hätte nie gedacht, daß vier Wochen derart langsam dahinschleichen könnten. Die Aufregung, im Weltraum zu sein, legte sich bald wieder. Im Überraum war keine Bewegung zu spüren, keine Raketenvibration, kein Beschleunigungsgefühl. Das Schiff schien bewegungslos im Nichts zu hängen. Und die hundert Passagiere, erbarmungslos in ihr Fahrzeug hineingestopft, kamen sich wie Gefangene in einer großen Zelle vor.
Während ein Tag sich schleppend hinzog zum nächsten, von Woche zu Woche, wurde Dawes immer apathischer durch diese Eintönigkeit und das ständige Unbehagen. Er zählte die Tage, dann die Stunden bis zur Landung. Er schlief, soviel er konnte – manchmal fünfzehn und sechzehn Stunden pro Tag, bis er einfach keinen Schlaf mehr finden konnte.
Kleine Cliquen bildeten sich an Bord des Raumschiffs, während die Tage vorbeiglitten, Gruppen zu sechs oder acht: Landsleute, oder Menschen ungefähr gleichen Alters, oder gleichen Intelligenzgrades, die sich etwas zu sagen hatten in diesem gemeinsamen Mißgeschick. Dawes gehörte keiner dieser Gruppen an. Mit seinen zwanzig Jahren war er der jüngste Kolonist – durch irgendeine Laune des Komputers war keiner der anderen Männer
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