9 SCIENCE FICTION-STORIES
erreichen. Er fragte sich, ob irgendein Mal zurückbleiben würde, vielleicht eine weiße Narbe oder eine Schwellung der Haut.
Endlich nahm der Treck durch den Wald ein Ende. Die Fremden brachen aus dem Dickicht, und Dawes konnte die kahlen Wände der vorspringenden Felsen sehen.
Der Aufstieg war ein schreckliches Erlebnis – das schrecklichste seit dem eigentlichen Entführungsakt.
Die Fremden, so erkannte er, hatten dicke, bläuliche Näpfe auf ihren Handflächen und auf den Sohlen ihrer plumpen Füße. Saugnäpfe.
Die Fremden packten ihn sicher unter den Armen und an den Beinen und begannen, die nackten Klippen emporzuklettern. Dawes wankte schwindelig einmal vor, einmal zurück, während sie die glatte Felswand hinaufstiegen, als wäre sie eine Leiter. Bei jedem neuerlichen Ruck kippte er vornüber, war aber so klug, nicht in die gähnende Tiefe zu blicken.
Als Dawes glaubte, den Verstand zu verlieren, endete die gefährliche Kletterei. Die Fremden gingen geradeaus weiter, in irgendeine Höhle hinein, die anscheinend in den Felsen gehauen worden war.
Dawes’ blühende Phantasie ließ ihn schon geheimnisvolle Opfer-Riten sehen, in dieser furchtbaren Höhle. Oder Vampire, in der Dunkelheit vor ihnen lauernd, dankbar für das Opfer, das man ihnen darbrachte.
Aber nichts geschah. Keines der gräßlichen Dinge, die er sich vorgegaukelt hatte. Die Fremden ließen ihn einfach in der Höhle zurück. Sie setzten ihn mit verblüffender Zartheit ab. Ließen ihn im kalten, feuchten Sand liegen, drehten ihm ihre Rücken zu und trotteten weg. In der vollkommenen Dunkelheit konnte er überhaupt nichts sehen.
Er spürte, daß sich noch andere Fremde in der Höhle aufhielten. Er glaubte, das nach dem affenähnlichen schleifenden Gang beurteilen zu können. Er fragte sich, ob die ganze Kolonie fortgeschleppt und hier in dieser Höhle abgelegt werden sollte. Das Erkundungs-Team berichtete, der Planet wäre unbewohnt, dachte er vorwurfsvoll. Aber Dave Matthews hatte recht gehabt.
Er saß ruhig da in der Dunkelheit. Schluchzen wurde hörbar, irgendwo zu seiner Rechten. Im Hintergrund hörte er das sanfte Murmeln fließenden Wassers, als plätschere ein Bach durch die Höhle.
»Wer ist da?« fragte er. »Wer sind Sie?«
»Ich bin Carol. Bist du das, Mike?«
Ein Teil seiner Furcht verflog. So war er wenigstens nicht allein hier!
»Ja. Wo bist du, Carol?«
»Sitze im Sand, irgendwo. Ich kann nichts sehen. Was geschieht nur mit uns?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Dawes. »Rühr dich nicht von der Stelle. Ich werde versuchen, dich zu finden. Verdammte Finsternis!«
Er schaute um sich, versuchte, die Richtung zu erraten, aus der Carols Stimme gekommen war. Aber er wußte, daß hier drinnen kein Vektor stimmen würde. Die Höhlenwände hatten einen verzerrenden Effekt.
Eine Stimme, die er als Noonans identifizierte, meldete sich. »Dawes, sind das Sie?« Sie kam von irgendwoher weiter drinnen in der Höhle, hinter ihm, begleitet von hallenden Echos.
»Ja«, schrie Dawes laut zurück. »Und Carol ist ebenfalls hier. Sonst noch jemand da?«
»Ich«, antwortete Cherry Thomas.
Ihre Stimme widerhallte von allen Seiten. Sonst rührte sich niemand mehr. Vor sich hinstarrend, ohne etwas zu sehen, wartete Dawes einen Augenblick lang und sagte dann matt, als die Echos verstummten: »Ich nehme an, daß also nur wir vier hier oben in dieser Höhle sind. Was, zum Teufel, wollen sie nur von uns?«
Niemand antwortete.
Draußen, vor dem Eingang, fegte der Wind um die Berge, pfeifend und stöhnend. Dawes zitterte. In dieser Dunkelheit hier konnte er nicht einmal seine Hand vor den Augen sehen. Nie zuvor hatte er eine derartig intensive Finsternis erlebt.
Und
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