9 SCIENCE FICTION-STORIES
noch eine Finsternis kam ihm jetzt deutlicher zum Bewußtsein – die finsteren Seiten eines Lebens, die einen Menschen von seinem rechtmäßigen Platz losrissen und auf eine fremde Welt schleuderten. Und die ihn dann wiederum packten und in eine windumbrauste Höhle warfen, kaum daß er begonnen hatte, der fremden Umgebung etwas Vertrautheit abzugewinnen. Er fühlte sich sehr allein, sehr jung, mehr als nur ein wenig verängstigt.
Er begann, über den kalten, nassen Sand zu kriechen, der den Boden der Höhle bedeckte. Offenbar floß der Bach, den er hörte, nicht zu tief unter dem Sand dahin, nahe genug der Oberfläche, um Kälte zu verbreiten, und kam dann plätschernd tiefer in der Höhle heraus.
Niemand sprach. Er hörte ständig Schluchzen, hatte aber wenig Hinweise auf eine Richtung, ja nicht einmal die leiseste Ahnung, wie groß die Höhle war.
»Carol! Carol!« rief er laut.
Auf Händen und Knien tappte er in der Dunkelheit umher. Nach Minuten unsicheren Suchens spürte er eine warme Hand über seine streifen, was ihn ein wenig erschreckte. Diese Hand fand sein Gelenk und umfaßte es so wohltuend.
»Gott sei Dank«, murmelte er.
Blindlings tastete er sich weiter und berührte einen nachgiebigen Körper. Arme umschlangen ihn. Er war dem Schluchzen nahe, so dankbar war er. Als das Morgenlicht hell und strahlend in die Höhle floß, wachte Dawes langsam auf wie aus einem bizarren Traum. Er schaute um sich.
Entsetzt entdeckte er, daß er seine Hochzeitsnacht in den Armen von Cherry Thomas verbracht hatte.
12
Das Tageslicht enthüllte ihm Carols Lage. Sie lag etwa dreißig Meter tiefer drinnen in der Höhle, ein kleines Bündel, ausgestreckt im Sand. Sie schlief noch, mit angezogenen Knien und den Händen unter einer Wange. An seiner Seite schlief Cherry – aufgelöst, mit wirrem, glänzend blondem Haar (dem Haar, das ich vergangene Nacht liebkoste, dachte Dawes schuldbewußt), die Lippen geöffnet. Dawes fühlte sich, als hätte er sich beschmutzt. Der Körper schmerzte; die Knochen waren steif von Feuchtigkeit und Kälte; er war durch und durch matt.
Noonan war bereits wach. Dawes entdeckte ihn weit hinten in der Höhle, links von Carol. Er saß aufrecht da, die Arme um seine Knie geschlungen, und betrachtete Dawes amüsiert.
»Morgen«, sagte der große Mann grinsend.
»Guten Morgen«, erwiderte Dawes verlegen.
»Es scheint, daß Sie sich vergangene Nacht ein wenig geirrt haben«, bemerkte Noonan trocken. Die Vertauschung schien ihn nicht zu bekümmern. »Das hier ist Ihr Mädchen, wissen Sie.«
Dawes wurde rot. »Ich – es war so finster – ich wußte nicht …« Er hielt inne. Da war etwas, was er unbedingt sofort wissen mußte; aber es gelang ihm nicht, diese Frage an Noonan zu formulieren. Schließlich stotterte er: »Sagen Sie mir … haben Sie … haben Sie …«
Er ließ die Frage unausgesprochen. Aber Noonan grinste und antwortete: »Nein. Ich habe Ihr Liebchen nicht angerührt. Konnte sie nicht finden, um die Wahrheit zu sagen. Aber diese Sache mit Ihnen und Cherry ist halb so schlimm. Irrtümer können passieren. Und außerdem waren Sie nicht der erste, und ich werde nicht der letzte sein.«
Mit einer wegwerfenden Geste sprang Noonan auf die Beine und schlenderte auf Dawes zu, der wartend dastand, während er zur schlafenden Cherry hinunterschaute.
»Diese Frauen verschlafen auch alles«, scherzte Noonan. Seine Augen verengten sich, als er Dawes von der Nähe sah. »Himmel, Sie sehen fürchterlich aus. Grün im Gesicht.«
»Ich – ich bin schrecklich müde.«
»Sie werden doch nicht krank werden?«
Dawes schüttelte den Kopf. »Ich fühle mich nur wie zerschlagen.«
»Sie schauen elender aus als nur zerschlagen.«
»Und ist das ein Wunder?« fragte Dawes. »Wo, zum
Weitere Kostenlose Bücher