9 SCIENCE FICTION-STORIES
eine finstere Miene auf: »Er hat kein Recht, etwas Derartiges bei sich zu behalten.«
»Noonan scherte sich noch nie um Rechte. Außerdem glaubt er nicht ganz an einen Erfolg. Wir könnten vielleicht gut hinunterkommen, aber dann würden uns die Fremden sofort wieder hierher zurückbringen.«
Dem mußte Dawes wohl oder übel beipflichten. Der momentane Hoffnungsschimmer erlosch. Er ließ sich wieder zurückfallen. Die wartenden Kerkermeister da unten würden sie nie so leicht flüchten lassen, dachte er.
Die Schatten in der Höhle wurden immer länger, je tiefer die Sonne am Himmel stand. Vier Tage, dachte Dawes apathisch. Vier Tage mit Noonan und Carol und Cherry, und kein Ende der Gefangenschaft war abzusehen.
Die Sonne war beinahe unter dem Horizont verschwunden. Der Tag bestand nur noch aus schwachem roten Flackern. Der ewige Wind heulte klagend. In der Dunkelheit hörte Dawes Carol lachen.
Morgen. Der fünfte Tag.
Die unsichtbaren Fäden des Hasses schlangen sich fester um die vier in der Höhle.
Carol war unerklärlich mürrisch und hatte rote Augen, nach dieser Nacht mit Noonan. Sie badete allein. Dawes beobachtete sie aus der Ferne, ohne aufzustehen. Carol war lieblich, schlank, weiß, wunderschön. Sie besaß den vollendeten Körper einer Frau, war aber nicht Frau genug dafür; sondern in vielen Dingen wie ein kleines Kind: hilflos, verängstigt, egoistisch.
Als Carol fertig war, badete Noonan, und nach ihm spazierte Dawes langsam nach hinten und stürzte sich in den kleinen Strom, genoß das scharfe Prickeln des eiskalten Wassers.
Zur üblichen Zeit, und zwar zu Mittag, wurde das Eßpaket hereingeschleudert. Sie aßen schweigend. Noonan verteilte den Proviant, wie jeden Tag. Seit Morgengrauen war in der Höhle kein Wort gefallen. Dawes schaute hinaus und sah Massen von Fremden unten, sie waren in größerer Anzahl versammelt als je zuvor. Er kniete sich nieder und spähte den Felsen hinunter. Er versuchte, Noonans Pfad zu finden. Ja, da war er, ein schmaler, steiler Sims, nur wenige Zentimeter vom glatten Felsen vorspringend. Er drehte sich um und sagte zu Noonan: »Ich hörte, Sie wissen, wie wir von hier wegkommen könnten. Warum, zum Teufel, reden Sie nicht offen darüber?«
»Wer hat Ihnen das gesagt? Das ist nicht wahr!«
»Der Sims da unten«, verteidigte sich Cherry. »Gestern sagtest du mir doch, daß …«
Noonan ohrfeigte sie zornig und starrte Dawes böse an: »Also gut. Da unten ist ein Sims. Aber meine Idee ist trotzdem nichts wert. Kämen wir auch bis hinunter, die Fremden würden uns einfach wieder fassen und in die Höhle zurückbringen. Oder nicht?«
»Vielleicht nicht«, meinte Dawes.
»Vielleicht nicht! Vielleicht nicht!« Noonan brüllte vor Lachen. »Sie glauben wohl, die da unten werden still sitzenbleiben und uns vor ihren Augen vorbeidefilieren lassen?«
»Vielleicht. Ich weiß, mit welchen Waffen man die Fremden schlagen kann«, erwiderte Dawes ebenso lautstark.
Plötzlich begann Carol zu lachen – ein hohes, scharfes, wahnsinniges Gekreische von einem Lachen, das nicht enden wollte. Es war nicht direkt Hysterie, grenzte aber schon sehr nahe daran. Sekunden später kicherte Cherry, verhalten, zynisch.
»Seid ruhig!« schrie Dawes. »Laßt mich erklären!«
»Wir wollen keinen Unsinn von Ihnen hören«, schnauzte Noonan ihn an. »Halten Sie den Mund!«
Dawes grinste sonderbar und machte zwei feste Schritte nach vorn. Es gab nur eine Möglichkeit, Noonan aufhorchen zu lassen. Sorgfältig gezielt boxte er ihn fest in die Rippen.
Der Angriff überraschte Noonan. Zuerst starrte er Dawes verblüfft an, dann donnerte er los. Seine Fäuste schossen vor, bohrten sich in Dawes’ Magen. Dawes schlug grimmig zurück. Er landete einen
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