9 SCIENCE FICTION-STORIES
massiven Schlag auf Noonans Lippe. Noonan knurrte ärgerlich und warf ihn mit zwei raschen Hieben nieder. Dawes schlug hart auf, Schmerz durchzuckte seinen Körper. Er rang nach Atem. Noonan stand über ihm und trat nach ihm. Jeder Tritt bereitete Dawes neue Qualen.
Endlich hörte Noonan auf. Dawes lag verkrümmt am Boden, die Hände schützend vor dem Gesicht. Noonan stand über ihm. Ein seltsamer Ausdruck von Schuldbewußtsein erschien in seinen Zügen. Seine Unterlippe schwoll an.
Dawes setzte sich auf, betastete seine Rippen. Nichts war gebrochen. Heiser sagte er zu Noonan: »Nun gut. Sie hatten sich ja danach gesehnt, mich wieder zu Boden treten zu können, und nun hab’ ich Ihnen diese Freude gemacht. Alles verlief nach Ihrem Plan. Ich hoffe es wenigstens.« Noonan sah vollkommen abgekämpft aus. Er sprach nicht. Dawes wischte einen Blutstropfen vom Mund und fuhr fort.
»Noonan, Sie sind ein starker Mann und ein einigermaßen kluger Mann. Aber Ihnen fiel nichts ein, wie wir aus dieser Höhle entkommen könnten. Und Sie hätten sich richtiggehend verdammt gefühlt, hätten Sie mich reden lassen, ohne mich vorher zu verprügeln. In Ordnung. Ich ließ mich verprügeln.«
»Hören Sie …«, begann Noonan unsicher.
Dawes schnitt ihm das Wort ab. Trotz der Schmerzen fühlte er sich irgendwie heiter. »Jetzt hören Sie mir zu. Wir können entkommen, wenn wir nur zusammenhalten. Alle vier.
Ich weiß nicht, welcher Art diese Fremden hier sind – aber sie sind nicht so primitiv, wie sie aussehen. Wir haben sie als gefährliche, affenähnliche Wesen abgetan, aber sie sind viel harmloser und viel klüger. Ich glaube, sie raubten und sperrten uns hier oben ein, um unsere Gefühlsskala beobachten zu können. Sie nahmen vier. Vier Menschen, die sich kaum kannten. Sie warfen uns hier herein und ließen uns allein. Sie wußten verdammt gut, was passieren würde. Sie wußten, wir würden einander zu hassen und zu bekämpfen beginnen. Und genau das wollten sie. Sie erwarteten sich eine Art Arena-Vorstellung, eine dramatische Aktion. Eine Art Unterhaltung. Gut. Sie hatten recht. Wir lieferten ihnen eine tolle Show. Und ich wette, sie haben alles vollauf genossen: jedes bißchen Streit und Haß und Kampf, das sich hier seit unserer Ankunft abgespielt hat.«
Dawes hielt inne. Nun, da man ihn ließ, brachte er seine Meinung fließend vor und legte nur Pausen ein, wenn er seine Gedanken einwirken lassen wollte.
»Erzählen Sie weiter«, sagte Noonan ruhig. »Sprechen Sie aus, was Sie uns zu sagen haben.«
»Wir müssen einander nicht hassen, das ist es, was ich ausdrücken möchte. Sicherlich, wir gehen uns auf die Nerven. Sogar vier Heilige würden sich in einem Käfig wie diesem schlagen. Aber wir können dem Haß eine andere Richtung geben. Wir können sie hassen. Und die beste Art, ihnen unseren Haß zu zeigen, ist, einander zu lieben. Durch Zank und Streit liefern wir uns ihnen aus. Laßt uns zusammenhalten, laßt uns versuchen, einander zu verstehen. Ich gebe zu, genauso selbstsüchtig wie jeder von euch gewesen zu sein. Wir alle sind schuld. Wenn wir uns aber jetzt ändern – Himmel, dann können sie uns genauso wenig brauchen wie Kampfhähne, die nicht kämpfen wollen. Und wir können dieses Seil knüpfen, und sie werden uns ziehen lassen.«
Niemand sprach, als Dawes fertig war. Er gab ihnen Zeit, alles zu überdenken. Schließlich sagte Cherry: »Sie sind also wie Parasiten. Finden Spaß an unserm Haß?«
»So ist es.« Dawes schaute zu Noonan. »Was meinen Sie? Glauben Sie, daß meine Theorie irgendeinen Sinn hat?«
Langsam begann Noonan zu lächeln, trotz der geschwollenen Lippe. »Ja. Mag sein, daß Sie auf der richtigen Spur sind. Ich glaube, wir könnten es versuchen.«
16
Das Seil verschlang
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