9 SCIENCE FICTION-STORIES
Auseinandersetzung zwischen ihrem Captain und dem Koch dazu diente, sie so gut zu verköstigen. Die meisten Raumschiffer treten eine längere Reise recht behäbig und schwerfällig an, zumal sie sich in den letzten paar Tagen die Bäuche vollgeschlagen haben, um auf diese Weise etliche hundert Kalorien und recht, recht viele lukullische Erinnerungen an Bord zu schmuggeln. Jedenfalls hatte während der ersten vier Monate im leeren Raum keiner von den Männern Gewicht verloren. Ja, Winkelmann schien sogar zugenommen zu haben. Die Uniform war an seiner plumpen Kehrseite zum Platzen gespannt, und er keuchte auch schon ein wenig, wenn er die Leitern hinaufkletterte. Ich erwog allen Ernstes, unserem Captain vorzuschlagen, er möge sein Essen aus gesundheitlichen Gründen etwas einschränken – ein Ratschlag, der wohl einmalig in den Annalen der Raummedizin gewesen wäre –, als Winkelmann zur größten Beleidigung überhaupt für unseren Koch ausholte.
Jedermann an Bord eines Raumers sind neben seiner Uniform – die nun zur Schiffseinrichtung zählt – zehn Kilogramm persönlicher Effekten gestattet. Dem Captain steht die doppelte Ration zu, seinem Rang und seiner Verantwortung gemäß. So mag er denn vierzig Pfund Bücher, Spielkarten, Strickwolle, Whisky oder was immer ihm hilft, die Stunden zwischen den Planeten totzuschlagen, mit an Bord nehmen. Morgan, das wußte ich sicher, hatte sein gesamtes Extragewicht dafür geopfert, eine Kollektion von Gewürzen aufs Schiff zu bringen: Majoran und Pfeffer, Kümmel, Lorbeer und Nelken, Paprika, Thymian, Dill und noch ein Dutzend mehr.
Captain Winkelmann war alles andere als eine Leseratte, folglich hatte er auch keine Bücher mitgebracht. Das Kartenspiel interessierte ihn überhaupt nicht, zumal es eine Geselligkeit voraussetzt, die ihm fremd war. Auch trank er nie an Bord eines Schiffes. Ich hatte ursprünglich angenommen, daß er sein Recht auf persönliches Effekten-Zusatzgewicht gegen hundert Dollar pro Kilo an die Eigentümer abgetreten habe. Um das maximale Extragewicht zu erreichen, sind Raumschiffer bekanntlich schon splitternackt an Bord gekommen …
Doch dies war bei Winkelmann nicht der Fall. Sein persönliches Gepäck – ein unbeschriebener Pappkarton – tauchte zur Abendmesse unter dem Tisch auf, als wir noch an die hundert Tage von Piano West entfernt waren. Winkelmann rückte sich den Stuhl zurecht, nahm Platz, stellte die Füße auf den mysteriösen Karton und knurrte: »In welcher ekelerregenden Form wird uns heute wieder der Schiffsmüll vorgesetzt, Magenbitter?«
Morgan runzelte die Stirn, beherrschte sich aber. »Ich befaßte mich mit dem Problem ›Steak‹, Sir«, sagte er. »Ich glaube, ich habe den Geschmack ausgemerzt; den Rest soll eine stilgerechte Maserung bewirken. Sie verstehen, Sir?«
»Allerdings«, brummte Winkelmann. »Sie wollen, daß sich Ihre neueste ›Schöpfung‹ im Mund nach Steak anfühlt, und nicht nach Babynahrung. Habe ich recht?«
»Ja, Sir«, sagte Morgan. »Nun, ich preßte das Steak-Substrat – Chlorella, natürlich, mit allen Arten von speziellen Gewürzen – durch ein Sieb und brühte die Fasern in heißem Algenöl. Dann zerhackte ich die einzelnen Stränge und rollte sie aus. Und dann hatte ich etwas, was in seiner Maserung echtem Fleisch ziemlich nahekam.«
»Gratuliere, Morgan!« Ich war beeindruckt.
»Ich würde eher sagen, es verdirbt mir den Appetit, wenn ich so höre, wie Sie mit unserem Essen herumpfuschen«, bemerkte der Captain, und seine Kinnladen verschoben sich zu einem Ausdruck des Widerwillens. »Ich finde überhaupt nichts dabei, wenn man Hummer ißt,
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