9 SCIENCE FICTION-STORIES
Nach einer kurzen Überprüfung seines Gedächtnisses erkannte er sie als Mrs. George Munster, ehemals Vivian Arrasmith. »Guten Morgen, Vivian«, begrüßte er sie herzlich. »Aber ich dachte, Sie seien schon nicht mehr auf der Erde.« Vivian fuhr sich mit einem Taschentuch über die Augen. »Dr. Jones, für mich ist eine Welt zusammengebrochen. Mein Mann hat ein Verhältnis mit einer anderen Frau. Ich weiß nur, daß sie Nina heißt, und daß die Stammgäste im VUK-Gebäude sich schon darüber unterhalten. Angeblich soll sie eine Terranerin sein. Wir haben beide unsere Scheidung eingereicht. Und wir müssen uns vor Gericht wegen der Kinder auseinandersetzen.« Sie zog sich ihren leichten Mantel zurecht. »Ich erwarte noch eines. Unser viertes.«
»Das habe ich bereits erfahren«, sagte Dr. Jones. »Diesmal müßte es ein vollblütiger Terraner werden, wenn die revidierten Mendelschen Gesetze ihre Gültigkeit behalten haben – obwohl ich immer dachte, sie träfen nur auf Mehrlingsgeburten zu.«
Mrs. Munster seufzte. »Ich komme gerade von Titan zurück, wo ich mir bei allen möglichen Kapazitäten Rat geholt habe – bei Rechtsanwälten, Fachärzten und Erziehungsberatern. Jetzt bin ich wieder auf der Erde, kann aber George nicht mehr finden – er ist einfach verschwunden.«
»Ich würde Ihnen gern behilflich sein, Vivian«, versicherte ihr Dr. Jones. »Ich habe neulich mit Ihrem Mann gesprochen, aber er drückte sich nur sehr allgemein aus. Anscheinend ist er ein so vielbeschäftigter Manager geworden, daß er für alte Bekannte keine Zeit mehr hat.«
»Ich darf gar nicht daran denken, daß er die Idee von mir hat«, schluchzte Vivian.
»Die Ironie des Schicksals«, meinte Dr. Jones. »Aber wenn Sie Ihren Mann behalten wollen …«
»Das will ich unbedingt, Doktor. Deshalb habe ich mich auch der neuesten Behandlung unterzogen – weil ich ihn mehr als meine Leute oder meinen Heimatplaneten liebe.«
»Wie soll ich das verstehen?« fragte Dr. Jones verwundert.
»Ich habe mich stabilisieren lassen, Doktor. Jetzt bin ich vierundzwanzig Stunden pro Tag in menschlicher Gestalt. Ich habe meine natürliche Körperform abgelegt, um meine Ehe mit George zu retten.«
»Welches Opfer!« sagte Dr. Jones.
»Wenn ich ihn nur finden könnte, Doktor!«
Bei der Grundsteinlegung auf Io kroch George Munster auf die Schaufel zu, streckte ein Pseudopodium aus, ergriff damit den Stiel und warf etwas Erde in die offene Grube, wodurch die Formalitäten als erfüllt gelten konnten. »Heute ist ein großer Tag für uns alle«, dröhnte er dumpf mit Hilfe eines Stimmapparats, den er aus einem Teil seiner gelatineartigen Körpermasse geformt hatte.
»Richtig, Mr. Munster«, stimmte Henry Ramarau zu, der mit einer Dokumentenmappe neben ihm stand. Der ionische Staatsbeamte, der wie George aus einem durchsichtigen, formlosen Klumpen bestand, schlängelte sich zu Ramarau hinüber und nahm die Urkunden in Empfang. »Ich werde sie an die zuständigen Stellen weiterleiten«, dröhnte er. »Ich bin sicher, daß sie in bester Ordnung sind, Dr. Ramarau.«
»Dafür garantiere ich«, antwortete Ramarau. »Mr. Munster verwandelt sich nicht mehr in einen Terraner. Keine Sekunde lang, denn er hat die besten Ärzte aufgesucht, um sich in dieser Form stabilisieren zu lassen.«
Die Frage war: Hielten sie sich für Menschen – oder hielten die Menschen sie für solche?
Daniel F. Galouye
Die Ersatz-Mannschaft
Da war es wieder!
Mit dem spitzen Aufschrei eines verwundeten Vogels durchbrach das Kreischen des Phasenkondensators die Stille im Schiff.
Vance Lorry hatte starr auf dem Rand seiner Koje gesessen;
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