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90 Tage auf Bewaehrung

Titel: 90 Tage auf Bewaehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Fisher
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Und so selbstständig. Ich bin einfach erwachsen. Und ich bin auch in der glücklichen Lage, mir mein Essen selber kaufen zu können. Die Frage ist nur, ob ich das auch immer so will, wie ich es jedes Mal betone. Sie merken, es geht ums Bezahlen. Ich liebe es, mit meinem Liebsten essen zu gehen. Kleine, kuschelige, verschwiegene Restaurants, gute Weine, sensationelles Essen, verliebte Blicke, einen Restaurantchef, der mittlerweile unsere beiden Namen kennt und so tut, als wäre er nur für uns da. So wie neulich bei Angelo, der Wert auf absolute Diskretion legt. Seine Gäste sollen sich gaaaanz privat und ungezwungen fühlen. Und wenn einer fotografiert, dann nur er und »nur zo sum Spasse mit die Handy«. Und nur für uns macht er Unmögliches möglich. Ist der schwarze Trüffel aus, gibt’s natürlich weißen! Ich habe gar keine Ahnung, weder vom weißen noch vom schwarzen. Den Unterschied merkte ich dann auf der Rechnung. Als diese kam, griff ich natürlich selbst zum Portemonnaie. Blitzartig! In einer Affengeschwindigkeit. Plötzlich hörte ich meine Mutter sagen: »Kind, mach dich nie von einem Mann abhängig! Lern was Anständiges, verdien dein eigenes Geld, dann musst du nie danke und bitte sagen.« Mutter! Ich hörte sie aber genauso sagen: »Also, Mädchen, der Mann MUSS zahlen, wenn er Interesse an dir hat. Wenn er es wirklich ernst meint mit dir, zahlt er alles!« Prima, das hab ich jetzt davon. Denn Sie wissen
ja: Ich bin selbstbewusst, selbstständig und schrecklich erwachsen. Und weiß nicht, was ich tun soll. Was für eine Scheiße...
    Auch wenn ich vorher genau auf seinen Wortlaut geachtet hatte: »Entschuldigung, kann ICH bitte die Rechnung haben.« Ja, er hat nicht gesagt: WIR möchten bitte zahlen. Ein kleiner, aber sehr feiner Unterschied.
    Sie kennen das: Die Situation ist ungemütlich und doof. Noch waren wir nicht so weit, dass wir offen darüber reden können, dass ich meine gelernten Single-ich-zahl-immerfür-mich-alleine-Allüren (Mama, ich danke dir!) über Bord geworfen hätte und das Kräftemessen vorbei wäre. Man möchte ja schließlich auch einen anständigen Eindruck hinterlassen, denn ich bin keine Spesenschlampe.
    Kerstin würde das natürlich auch nicht von sich behaupten, dennoch muss sie immer aufs Klo, sobald die Rechnung bestellt ist. Diese Blasenschwäche auf Kommando ist schon beeindruckend. Na gut, das mit dem Geld ist bei ihr nicht immer so einfach, schließlich hat sie auch drei Kinder. Aber das weiß ER ja manchmal noch nicht, so beim ersten Rendezvous. Spätestens beim vierten Date merkt vielleicht auch ein ganz normaler, durchschnittlich gestrickter Mann, dass irgendwie Methode dahintersteckt... Wir Frauen, von Natur aus das klügere Geschlecht, wissen natürlich gleich, diese Klorennerei ist was für Anfängerinnen.
    Es gibt auch die anderen Fälle, die genauso »klinikreif« sind. Sabrina zum Beispiel zahlt immer. Sie hat inzwischen drei Ehemänner und andere arme Schlucker durchgeschleppt und durchgefüttert. Sie kann sich gar nicht vorstellen, wie das ist, mal den Akt des Bezahlens entspannt anderen zu überlassen. Nicht, dass ihr das Dankesagen danach schwer fiele oder sie Angst hätte, schlichtweg gekauft zu
werden - sie ist es halt nur so gewöhnt. Bezeichnend war auch ihr letzter Liebhaber, der immer und zu jeder Zeit auf getrennte Rechnungen Wert legte, egal, wie schön die Kuschelstunden vorher waren. Selbst wenn er die Karte rauf und runter durchfraß, gerne auch nachts um zwölf (das können auch nur Männer, man denke an den Hüftspeck! Außerdem bekommt man Alpträume mit so einem vollen Magen) und sie nur ein Glas Rotwein hatte. Stellen Sie sich das bildlich vor: eine Rechnung von 47,90 € - sie zahlt 3,50 € für ihren Bordeaux und er den Rest...
    Zurück zu mir: Angelo ging, um die Rechnung zu holen, und ich wühlte sofort wie immer in meiner viel zu großen Tasche. Als Angelo wieder an unseren Tisch kam, riss ich ihm olympiareif wie beim Staffellauf die Rechnung aus der Hand. Er guckte erstaunt von rechts nach links und zurück, nahm mir elegant die Rechnung wieder aus der Hand und gab sie meinem Liebsten. »Segnora! In Italia zahlen imma die Manne. Sonst Beleidigunge für Männlisskeit.« Drehte sich um und ging, bevor ich ihm überhaupt einen Vortrag über emanzipierte, selbstbewusste, erwachsene Frauen im 21. Jahrhundert in Deutschland halten konnte.
    Es war Zeit für eine Grundsatzentscheidung. Wer zahlt? Getrennte Rechnungen gehen einfach nicht

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