900 Großmütter Band 1
gepanzerten Handschuh trug; über einen anderen Mann mit einem Handschuh, der zeitlich zwischen diesen beiden stand; Andeutungen, daß jener vielseitige Adept, Leonardo, der manchmal die Hände von Menschen und öfter noch die von Ungeheuern mit sechs Fingern zeichnete, selbst damit behaftet war. Es gab da auch einen – nicht schlüssigen – Hinweis gleicher Art auf Caesar.
Es ist bekannt, daß Alexander der Große eine geringfügige Mißbildung hatte; es ist aber nicht bekannt, welcher Art diese war. Der Autor stellte es so hin, als sei es das gewesen. Gleiches wurde von Papst Gregor VII., von Augustus, von Benedikt und Thomas von Aquin behauptet. Doch hätte ein Mann mit einer Mißbildung nicht Priester werden können; es hätte sich bei diesen letzteren allenfalls um eine rudimentäre Bildung handeln können.
Weiter wurde Karl der Große und Mohammed angeführt, Saladin der Reiter-Sultan, der Pharao Echnaton und auch Homer – eine griechische Statue der seleuzidischen Periode zeigt ihn, wie er mit sechs Fingern auf einem unidentifizierten Saiteninstrument den Vortrag seiner Dichtungen begleitet –, und weiterhin Pythagoras, Michelangelo Buonarotti, Raffael Santi, El Greco, Rembrandt van Rijn, Robusti. Und je weiter man zurückging und je schwächer die Beweismöglichkeiten wurden, um so zahlreicher wurden die angeführten Fälle.
Zubarin führte achttausend Personen an. Und er behauptete, sie seien Genies gewesen. Und sie seien sechsfingrig, Extradigitale, gewesen.
Charles Vincent blickte auf seinen mißgestalteten oder doppelten Daumen herab und grinste dabei.
»Wenigstens befinde ich mich in guter, wenn auch etwas monotoner Gesellschaft. Aber worauf im Namen der dreifachen Zeit will dieser Kerl eigentlich hinaus?«
Nicht lange danach studierte Vincent Keilschrift-Tafeln im Staats-Museum. Es handelte sich um lückenhafte und nicht fortlaufende Reihen über Zahlentheorie. Charles Vincent konnte sie auf Grund seines zunehmenden enzyklopädischen Wissens ohne große Schwierigkeiten lesen. Und in einer dieser Reihen hieß es unter anderem: ›Über die Divergenz der Basis selber und die durch … verursachten Verwirrung, denn sie ist Fünf, oder sie ist Sechs, oder Zehn, oder Zwölf, oder Sechzig oder Einhundert, oder das Doppel-Hundert, das Tausend. Der wahre Grund, den das Volk nicht begreift, ist, daß die Sechs und das Dutzend das Erste sind, und Sechzig ist ein Zugeständnis, das man herablassenderweise dem niederen Volke gemacht hat. Denn Fünf und Zehn sind spät; sie sind nicht älter als das Volk selbst. Es wird glaubwürdig überliefert, daß das Volk mit der Fünf und der Zehn zu rechnen begann, entsprechend der Anzahl ihrer Finger. Aber vor dem Volke zählten die … nach Sechs und Zwölf, weil sie … hatten. Aber Sechzig ist die Zahl der Zeit, denn sie ist durch beide teilbar, und beide müssen miteinander in der Zeit leben, wenn auch nicht auf dem gleichen Plan der Zeit …‹
Vom Rest der Serie war vieles zerstört. Im Verlaufseiner Versuche, die mehreren Hundert durcheinanderliegender Tontafeln zu ordnen, schuf Vincent ganz nebenbei die Legende vom Museums-Gespenst. Denn dort verbrachte er seine vielhundertstündigen Nächte mit Studieren und Klassifizieren. Natürlich konnte er nicht ohne Licht arbeiten, und natürlich konnte man ihn sehen, wenn er beim Lesen der Tafeln ruhig an seinem Platze saß. Doch wenn die unakzelerierten Nachtwächter versuchten, ihm nahezukommen, ging er einfach weg, und seine Schnelligkeit machte ihn für die Beamten unsichtbar. Sie störten ihn sehr, und er mußte ihnen daher die Sache verleiden. Er verdrosch sie ordentlich, und daraufhin ließ ihr Jagdeifer merklich nach.
Seine einzige Angst war, daß sie eines Tages versuchen würden, ihn anzuschießen, um zu sehen, ob er Geist oder Mensch sei. Er konnte einer Kugel ausweichen, die er kommen sah und deren Geschwindigkeit nicht größer war als das Zweieinhalbfache seiner eigenen Höchstgeschwindigkeit. Aber ein Schuß konnte gefährlich, sogar tödlich werden, wenn er ihn traf, ehe er sich wegdrehen konnte.
Vincent schuf noch andere Gespenster: den Geist der Zentral-Bibliothek, der Universitäts-Bibliothek, der John-Charles-Underwood-Bibliothek für Technik. Diese Vielzahl von Geistern schwächten sich in der Wirkung gegenseitig ab und machten Gläubige lächerlich. Selbst solche, die ihn als Geist gesehen hatten, stritten ab, daß sie an Geister glaubten.
Wieder einmal nahm Dr. Mason bei Charles Vincent
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