900 Großmütter Band 2
glaube, noch eine Morgenröte eines sogenannten Großen Tages halte ich nich t meh r aus« , sagte S m irnow. »Anscheinend ist da s jedesma l da s gleiche : Schwül e a m Morge n, Rege n a m Nachmittag, Verzweiflung am Abend. E r innern Sie sich noch an den Rekapitulations-Correlator?«
»Volkstü m lich auch Zeit m aschine genannt. Aber, Gregor Fedorowitsc h , das war doch wirklich ein Erfolg und ist i mme r noch einer. Die drei vorhandenen laufen fast unun t erbrochen, und in jeder Dekad e wir d m indesten s ei n neue r gebaut . Die Dinger sind doch unbezahlbar.«
»Ja , schon . Abe r e s wa r e in trübseliger Erfolg. Er hat me in ganzes Leben grau ge m acht . Erinner n Sie sich an den Probelauf, die Rekapitulation der Schlacht von Hastings?«
»Da s ware n tatsächlic h d r e i trüb e Jahre , die wi r un s d a heru m g etrie b e n haben . Abe r woher sollte n wi r wissen , da ß da s ein e s o mies e kleine Angelegenhei t wa r – , da ß da s Ganz e sic h au f ungefäh r zwe i Hekta r diese s verdammte n Feldes abspielt e un d nich t ein m a l zwanzi g Minute n dauerte ? Un d wohe r sollte n wi r wissen , da ß di e Historike r sic h u m vie r Jahr e verrechne t hatten , und da s i n s o verhältnism ä ßi g nahe r Vergangenheit? Ja , ja , wi r habe n viel e depri m ierend e Tag e i n diese r Gegen d zugebrach t un d sin d übe r m anches morastig e Fel d gelatscht , bi s wi r di e Affär e rekonstruier t hatten.«
»Und dann diese schwächliche Angelegenheit – de r Espri t Voltaire s au s erste r Hand!«
»A c h du liebe r Gott ! Diese s Gegacker ! Wer dabe i nich t da s Kotze n gekrieg t hat , de m kann kein e Seekrankhei t meh r etwa s Neue s bieten! Wa s wa r diese r Ker l fü r ei n verquere s altes Weib!«
»Und Neil Gwyn n * ?«
»Kaum zu glauben, was so ein König für einen Gesch m ac k hat . S o ein e absolu t fad e Schrippe!«
»Und dann die Krönung Karls des Großen!«
»Der König der Frostbe u len! Wenn ma n ein Feuer habe n wollte , mußt e ma n e s i n eine m Kor b mit sic h rumschleppen . Da s wa r da s kältest e Weihnachten , da s ic h jemal s erleb t habe.
Di e Leut e wärmte n sic h anscheinen d a m Met auf , abe r wi r ware n leide r die einzigen in der ganzen Gesellschaft , di e da s Zeu g wede r rieche n noch trinken konnten.«
»Und dann gingen wir noch weite r zurüc k i n die Zeit und vernah me n die wundervollen Worte der göttlichen Dichterin Sappho.«
»Ja, und sie hatte sich g r ad e entschlossen , ihrer Lieblingskatz e di e Eierstö c k e rausneh m e n z u lassen. Drei Tage lang hab e n wir ihr zugehört, und sie hat von nichts anderem gesprochen. Was für ein Glück, daß sowenig von ihren erhabenen Worten de r Nachwel t überliefer t worde n ist!«
»Und wie wir dem großen Pythagoras bei der Arbeit zugesehen haben!«
»Na – tagelang hat er an so einem kleinen Vermessungsproblem herum g emaikäfert . Ach , wie gern hätte ich ihm einen Rechenschieber durch die Zeit m aue r zugesteck t un d i hm erklärt , wi e da s Ding funktioniert!«
»Und wie wir bei dem k lassische n Liebespaar Tristan und Isolde an d e r Tür gehorcht haben!«
»Dabei hat der Kerl d e n ganzen Nachmittag nur versucht , sein e verdammt e Harf e nac h eine r Groschenflöt e z u stimmen . Und Isoldchen konnte von nicht s andere m rede n al s vo n de m Bärenfett , da s sie sic h imme r i n di e Haar e sch m iert, und daß es ein Drec k is t gege n da s Bärenfet t be i ih r z u Hause. Abe r si e wa r scho n ei n niedliche s kleine s Schmalz faß , s o zie m lic h da s niedlichste , da s wi r i n m ehre re n Jahrhunderten , vorwärt s wi e rückwärts , aufgetan haben . E s wär e m i r zwa r nich t m öglic h gewesen, die Ar m e ganz um sie heru mz ukriegen, aber ich kann verstehen, daß der V e rsuch , wenigsten s für je ma nden aus dieser Epo c he und dieser Gegend, ganz reizvoll gewesen sein könnte.«
»Ah ja. Roch wie ein Zim t stern, nicht wahr? Und erinnern Sie sich noch an Lancelot, den ArtusRitter?«
»Klar – der hatte doch imme r Rückenschmerzen, wenn er reiten sollte. Und sei n lahme r Ellbogen, un d di e alt e Narb e i n de r Leistengegend ! De r hat auc h meh r Zei t au f de m M a ssagetisc h verbrach t als irgendein Sportler, den i c h kenne. Wenn ich einen hochbezahlten Linksaußen h ä tte , de r niemal s spielberei t ist , dan n würd e ich schon Mittel und Wege finden, um ihn aus seinem Kontrak t z u feuern . Hat ja keinen Zweck, ihn in de r Mannschaf t z u
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