911
Regisseur Lee Katzin nutzt den Elfer als Double des Helden, jenes Rennfahrers, der gegen den Deutschen mit dem etwas teutonischen NamenErwin Strahler, der einen Ferrari pilotiert, antritt, um den von ihm verschuldeten Tod seines Rennfahrerfreundes zu überkommen. Der melancholisch matt lackierte Ur-Elfer ist der alltägliche Begleiter eines sensiblen Draufgängers. Nach diesem Film bleibt der Elfer als Accessoire ein Auto für Individualisten und Einzelgänger. Der forensische Psychologe Alex Cross, gespielt von Morgan Freeman, fährt einen schwarzen Ur-Elfer wie ein Batmobil für Intellektuelle, wenn er darangeht, psychopathische Serienkiller dingfest zu machen. In den beiden Verfilmungen der James-Patterson-Romane »… denn zum Küssen sind sie da« und »Im Netz der Spinne« ist der schwarze Elfer, Baujahr 1974, eine blecherne Erweiterung des Protagonisten-Selbst. Wie sein Auto ist Morgan Freeman von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet. So wandelt und fährt er als grüblerischer Existentialist zwischen biederen Polizisten, die den erfolgreichen Wissenschaftler und Buchautor wie einen Alien behandeln. Dass der Psychologe Afroamerikaner ist, verschärft dessen Marginalisiertheit, die er aber im Laufe der Bücher wie Filme in seinen Vorteil ausbaut, um zum Zentrum des Geschehens zu werden. Sein Porsche ist eine Schutzhülle und ein Ort, um Kraft zu tanken. Zudem signalisiert er eine elegante Sportlichkeit. Eine ähnlich schillernde Figur ist Robert Redford in »Spy Game«. Er ist ein CIA-Abteilungsleiter, der eine Militäroperation in China organisiert und kurz vor der Enttarnung in seinem grünmetallic Ur-Elfer aus dem streng gesicherten Gelände in Langley fliehen kann. Kein Wunder also, wenn Hollywoodstars von Paul Newman über Steve McQueen bis Lindsay Lohan auch privat Porsche 911 fahren. Die Wahl dieses Autos stellt die Behauptung auf, sich selbst in seiner Individualität ernst zu nehmen – und gut dabei aussehen zu wollen.
Das Fahrzeug
des Revolutionärs
Das Ende der RAF lauerte in der Gustav-Freytag-Straße. Wie oft war Andreas Baader wohl an dem gelben, nicht einmal ein Jahr alten Porsche 911 S Targa mit den schwarz eloxierten Chromteilen vorbeigefahren, bevor er entschied, dass dieser Wagen sein nächstes Flucht- wie Repräsentationsfahrzeug werden könnte. Der Frankfurter Fotograf, Rainer Schlegelmilch, hatte seinen dritten Elfer im Juni 1971 bekommen, nachdem sein bisher letzter Elfer 1969 an einer Ampel im schweizerischen Bellinzona, nahe der italienischen Grenze, von einem Lkw gerammt und geschrottet worden war. Schlegelmilchs Freundin hatte einen Schock und verzog sich ins Hotel. Der Fotograf flog nach Frankfurt und mietete sich dort bei Hertz einen Porsche 912, den »Damen«-Porsche, wie er ihn nannte, und fuhr auf der Stelle zurück nach Bellinzona, packte die Freundin ein und kam einen Tag später nach Monte Carlo, um den Grand Prixdort zu fotografieren. Die Versicherung bekam neben der Meldung eines Totalschadens auch eine Mietwagenrechnung von gut 5.000 Mark, eine für damalige Verhältnisse monströse Summe, die diese aber umgehend überwies.
Zurück in Frankfurt bestellte Schlegelmilch sofort einen neuen 911 S Targa. Wieder in jenem besonderen Gelb und mit jener üppigen Motorisierung, die diesen Elfer zum Stärksten im Programm machte. Der »S« galt als echter Kenner- und Männerwagen. »Jjjumm« lautmalte »Der Spiegel« 1966 in der Überschrift zur Vorstellung des damals 160 PS starken, knapp 230 Kilometer pro Stunde schnellen und knapp 25.000 Mark teuren (und damit fünfmal so teuer wie ein Käfer) Sportwagens. Bei diesem Fahrzeug gehe es nicht um die Höchstgeschwindigkeit, erklärte Porsche-Pressechef und Rennleiter Huschke von Hanstein, sondern um eine noch stärkere Beschleunigung, »wenn Gefahr droht«. Der Wagen beschleunigte in weniger als sieben Sekunden von null auf hundert Kilometer pro Stunde. Ein Münchner Jurist warnte damals, diese Fahrleistungen wären verbrecherisch. Vielleicht hatte das Baader gelesen. Für Anfänger nicht geeignet, hieß es in der Gebrauchsanleitung. Als Baader den »S« in der Gustav-Freytag-Straße entdeckte, war dieses Auto 190 PS stark und über 230 Kilometer pro Stunde schnell. Es war nicht der erste Elfer, den Baader geklaut hatte, aber es sollte sein letzter sein. Anfang der 70er Jahre war ein Elfer ein besonderes Auto – und der höchst motorisierte »S« nicht nur für Experten ein Hingucker. Baader ließ den Targa in Violett umlackieren,
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