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911

911

Titel: 911 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Poschardt
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zweite Leidenschaft des Andreas Baader: die Frau als Objekt seiner eigenen Selbstwirksamkeit. So gesehen warenFrauen wie Porsche wie das ganze Land in Zeiten des Terrors Missbrauchsobjekte. Baader liebte weder Frauen, noch Porsche, noch das Land. Er wollte sie besitzen und rauben, um zu sehen, was er mit ihnen anstellen konnte. Und doch blieb er denkbar konventionell in seinen Träumen und Machtfantasien.

Das G-Modell

Der
goldene
Schnitt

Ein Jahr nach Andreas Baaders Verhaftung wurde der Ur-Elfer durch das G-Modellersetzt. Mit dem G-Modell begann ein Reifungsprozess des 911ers, der über die in drei verschiedenen PS-Stärken gebauten SC-Modelle zu demhochklassischen 911er Carrera führte. Mit seinen 231 PS und den entsprechenden Fahrleistungen war dieser 911er, anders als die ihre Sportlichkeit stetsüberdeutlich vor sich hertragenden S- und RS-Modelle, ganz und gar affektfrei. Dieser Elfer streckte und verlängerte die Marktfähigkeit des Ur-Elfers, dessen Formensprache er feinsinnig weiterentwickelte. Die Abmessungen waren nahezu identisch und auch im Inneren blieb das meiste wie bisher. Waren die G-Modelle in den ersten vier Jahren basismotorisierte Serienvarianten modifizierter Ur-Elfer, wurde 1978 mit dem ersten SC die breitere Karosserie des Carrera zum Standard und das G-Modell erhielt jene sinnliche, hochelegante und bestproportionierte Erscheinung, die insbesondere in den letzten fünf Jahren als »Carrera«-Modell für viele Elfer-Freunde der ansehnlichste Porsche geworden ist. Der Elfer erhielt seinen goldenen Schnitt. Für die Freunde der luftgekühlten Elfer, die sich salopp »Luftis« nennen, materialisiert das G-Modell das Ideal des Elfers. Erst zum Ende, mit dem Modelljahr 1989, wurden die 16-Zoll-Fuchsfelgen, vorne sechs Zoll, hinten acht Zoll breit, Serie. »Die Optik wurde dadurch noch ansprechender«, vermeldet Jörg Austen in seiner technischen Dokumentation der Elfer. Die Fuchsfelge gehört zum Elfertum wie der Boxermotor. Schon 1962 war der sauerländische Zulieferer Otto Fuchs gebeten worden, eine Leichtmetallfelge zu entwickeln, die leicht, solide und – nun ja – ansprechend sein sollte. Sie war als Extra für die sportlichsten Elfer gedacht und wurde erst mit dem letzten Baujahr des G-Modells Serie. Anfänglich war der Felgenstern blank poliert und der Hintergrund schwarz lackiert, mit den G-Modellen wurde der gesamte Felgenstern schwarz lackiert. Was für Männer und Frauen der Schuh ist für den Sportwagen die Felge: der Prüfstein dafür, wie ernst man es nimmt mit der Eleganz der Erscheinung.
    Diese Carreras sind die Entsprechung zu den Supermodels dieser Ära: Linda, Christy und Cindy, wobei der Carrera am ehesten mit der klassischen Schönheit einer Christy Turlingtonverglichen werden könnte. François Truffauts letzter Spielfilm »Vivement dimanche!« (»Auf Leben und Tod«, 1983) beginnt mit dem Blick auf einen frisch gewaschenen schwarzen 911 SC mit schwarzen Fuchsfelgen und beigen Ledersitzen. Der Wagen gehört dem Geschäftsmann Jacques Massoulier, der in der Nähe seines Wagens erschossen wurde. Truffaut filmt den Wagen wie eine Frau, die Rundungen sind durch das Sonnenlicht von oben und den Schatten von der Seite besonders betont. Die Scheinwerferrohre ragen wie ein übergroßes Dekolleté ins Bild. Die Rolle dieser Schönheit wird im Film von Fanny Ardant übernommen. Von Truffaut stammt die vergleichsweise hedonistische, antiintellektualistische Definition der Nouvelle-Vague-Filme: Es ging darum, »schöne Frauen schöne Dinge tun zu lassen«. Und dazu gehörte stets auch, aufregende Autos zu fahren. Der Cameo-Auftritt des G-Modells kommt einer Verneigung vor dessen mondäner Eleganz nahe.
    Auch in Hollywood wird mit den Reizen des G-Modells wenig gegeizt. In dem Thriller »No Man’s Land«, der deutsch bezeichnenderweise »Tatort 911« heißt, bekommt der Elfer, vor allem die unzähligen G-Modelle, die Hauptrolle. Eigentlich sollte dieser Film das Psychogramm zweier unterschiedlicher junger Männer sein, eines Porsche-verliebten Cops und eines ebenso Elfer-vernarrten Millionärssohns, der mit seiner Bande ausschließlich Elfer, bevorzugt die G-Modelle, stiehlt. Doch die Figuren bleiben blass und unkonturiert, während Regisseur Peter Werner in dem 106 Minuten langen Spielfilm kaum einen narrativen Vorwand auslässt, den Elfer beim Cruisen, Rasen, Schleudern und natürlich in jeder Menge Verfolgungsjagden in Szene zu setzen. Auch in diesem Film gibt das G-Modelldas

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