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911

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Titel: 911 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Poschardt
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herausfordernd Imperfekte eine zu genießendeSensation. Zudem wollten sich Sportwagenfahrer – von den ersten Futuristen bis heute – stets beweisen. Dies zu ignorieren untergrub den Markenlustkern von Porsche. Fuhrmann hatte zudem die paradoxe Ironie der eigenen Werbung übergangen. Dort hieß es paraphrasiert nach Ferry Porsche: »Keiner braucht ihn. Jeder möchte ihn.«
    Fuhrmann war in der Dosierung der Unvernunft zu protestantisch gewesen und zu ungläubig, was die Möglichkeiten der Weiterentwicklung des Elfers betraf. Fast zeitgleich mit der Ölkrise überhäuften die US-Behörden die Autohersteller mit zunehmend strengen Auflagen, was die Bestimmungen für Lärm, Abgase und Sicherheit betraf. Auch das traute der Porsche-Vorstand dem Elfer nicht zu. »Der Elfer ist mit 13 Jahren für ein Auto schon alt«, erklärte Fuhrmann 1977 wenig gerührt. »Wir werden ihn weiter anbieten, ob zwei oder vier oder fünf Jahre, spielt keine Rolle.« Da klang ein Hauch Defätismus durch. Dabei hätte sich Fuhrmann zu diesem Zeitpunkt vor allem um den 928er Sorgen machen müssen. Dass die aufwendige Elektronik des GT anfällig und servicebedürftig war, sprach sich in der Porsche-Gemeinde schnell herum. Wenig später wurde klar, dass die anstehenden Nachbesserungen am Auto dessen Produktion nahezu unrentabel machten. Als beim 928er auch noch die Rennerfolge ausblieben, verdüsterte sich das Gemüt auch der treuen Kunden. Heute sprechen die vom »Fuhrmann 928« und distanzieren sich vom 924er, in dem sie im Zweifelsfall eher einen VW oder einen Audi sehen wollen, schon allein weil der Wagen in Neckarsulm gebaut wurde.
    Für die Kinder der in Reihenhäuser wohnenden Mittelschicht war das Autoquartett ein Medium, mit dem sich diesoziale Realität der Gegenwart ordnen ließ. Anders als vom Club of Rome vorgesehen, gewann bei den Kartenspielen jenes Fahrzeug, das am schnellsten, am stärksten war, die meisten Zylinder oder den beeindruckendsten Hubraum hatte oder das am schnellsten von null auf hundert beschleunigen konnte. Für diese Kinder war es in der Regel wie ein Ass, wenn man einen Porsche beim Austeilen der Karten erhielt. Der VW-Porsche wurde als aus der Art geschlagener Porsche missachtet und jene mythischen Supersportwagen wie der Ferrari Daytona oder De Tomaso Pantera waren nicht Teil der gemeinsamen Lebenswelt der Kartenspieler, sondern muteten mit ihrer Raumschiffoptik extraterrestrisch an.
    Als Sozialisationsinstanz war das Autoquartett von großem Wert. Viele Kinder, die in den späten 60er und frühen 70er Jahren mit dem Autoquartett aufgewachsen sind, gehören als Erwachsene zum harten Kern der Sportwagenfreunde, für die sich Fortschritt in einfachen Kennziffern messen lässt. Diese Kinder hatten einen einfachen Glauben an die Zukunft. An den Wagen ihrer Väter (und Mütter), die ohne Aufregung in der Regel schneller und größer wurden, wurde das Wunder des sozialen Aufstiegs ebenso anschaulich wie der Perfektionsgeist der Ingenieure. Niemand musste diesen Kindern irgendetwas über die Idee des Fortschritts erklären, er war Essenz und Zentrum ihres Quartettspiels. Die Zukunft war damals etwas Gutes, Heiteres, Aufregendes, in dem die Dinge schneller, schöner und besser sind als zuvor.
    Dabei meinte es der Zeitgeist gar nicht gut mit dieser Zuversichtsidee. Die idealistischen Kindsköpfe des Club of Rome mahnten in ihrer Funktion als Erwachsene die Grenzen eines Wachstums an, dessen enger Korridor all jene Fantasienvon morgen sowie den Glauben an die Lösungskraft technischer Ideen einzukerkern versuchte. Der Bericht des Club of Rome in Kombination mit der ersten Ölkrise traumatisierte die westliche Welt. Anstatt in die Zukunft fliegen zu wollen, auf dem Mond zu leben oder auch nur in UFO-ähnlichen Sportwagen in den Urlaub fahren zu wollen, richtete sich der hoffnungsvolle Blick zurück. In einer banalen Variante des heideggerschen Gedankens der Kehre wurde dies als Abkehr vom Zukünftigen interpretiert. Die Modernisierungsleistung der 68er war erschöpft, mit den Grünen begann die Verklärung des Landlebens und des Ursprünglichen, Technikfeindlichen. Gegen die Kultur wurde die Natur gestellt, gegen die Technik der Mensch. Für die Kinder, deren Weltsicht das Autoquartett mehr geprägt hatte als die emanzipatorischen Projekte ihrer Eltern, war es Zeit für eine Entscheidung: den Träumen der Kindheit treu zu bleiben oder mit der Zeit zu gehen und sich langsam von jenen qualmenden, lärmenden und rauchenden

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