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911

911

Titel: 911 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Poschardt
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bekommen hat und für den goldener Schnitt und Durchschnittsgeschwindigkeit kein Widerspruch sind, muss irgendwann Porsche verfallen wie einer ersten Liebe, bei der es die Eltern langsam mit der Angst zu tun bekommen …«
    Der Ur-Elfer ist für Ostermaier der »Urtext, der nie an Gültigkeit, an Wahrheit verliert«. Eher ein Objekt als ein Fahrzeug, eine radikale Idee. »Den Ur-Elfer würde ich mir als Skulptur ins Wohnzimmer stellen. Er ist mehr als ein Auto, ein metaphysischer Zustand, er ist, als hätte Picasso ihn miteinem Strich entworfen.« Den Porsche-Puristen, die in den Modernisierungen Verfall wittern, kann er wenig abgewinnen. »Ein Porsche ist immer schneller als unser ästhetisches Empfinden.« Und wenn der Ur-Elfer der Urtext sei, müssten »wir ihn immer wieder neu übersetzen: Dabei geht manches verloren, aber anderes wird gewonnen. Verfall setzt Fallhöhe voraus. Und Fallhöhe hat Porsche allemal und gewinnt sie immer wieder von neuem.« Weder der luft- noch der wassergekühlte Elfer sei der echte, sondern der »herzgekühlte«. Und überhaupt ist die Sprache über dieses Auto eher mangelhaft. »Die Sinnlichkeit und Verführung liegt im Unausgesprochenen. Der stärkste Porsche-Motor ist die Fantasie, Worte wie ›Hintern‹ beleidigen sie.« Und das Geräusch des Sechszylinder-Boxers? »Wie die Rechte eines Boxers kurz vor dem Glaskinn des Gegners.«
    Ostermaier poetisiert sein Glück mit dem Elfer. »Der schönste 911er ist der in deinen Träumen, der 911er der Erinnerung, der nur Landschaft ist, Rhythmus, Musik, der ein Augenblick und ein Blickwechsel ist, der durch das erwachende Paris jagt, der allein auf einer Klippe am Atlantik steht und seine zweite Luft findet.« Ostermaier, der Linke, der Fußballfan, der FC-Bayern-Vertraute, Ur-Münchner, fährt einen schwarzen 997er.

Minimize it to the max:
Seinfelds Traditionalismus
    Jerry Seinfeld ist Traditionalist. »Ich bin auch noch nie einen Tesla gefahren, weil ich Verbrennungsmotoren und Zündkerzen liebe«, erklärt der Komiker. Mag der Rest Hollywoods Hybrid-Kompaktwagen und batteriebetriebene Sportwagen benutzen, Seinfeld bleibt seinen Porsches treu. 1954 in Brooklyn geboren, hat Seinfeld Fernsehgeschichte geschrieben. Mit der Serie »Seinfeld«, die von 1989 bis 1998 auf dem Sender NBC lief, verdiente er mehr Geld als irgendein Comedian vor ihm, bis zu hundert Millionen Dollar im Jahr. Die hat er oft genug in Produkte aus Zuffenhausen investiert. In New York hat er ein Parkhaus für seine Sammlung, am Santa Monica Airport bei Los Angeles eine Art Autohangar. Seine finanziellen Möglichkeiten machen ihn zu einem ungewöhnlichen Sammler, seine Pedanterie und sein Fanatismus zu einem typischen. Im Sommer 2011 erhält er den auf 600 Stück limitierten GT 3 RS 4.0. Unterdem Kofferraumdeckel hat er das Auto sogar von Hans Mezger signieren lassen, dem ehemaligen Chef der Motorsportabteilung von Porsche. Wie viele seiner Porsches ist er schwarz und – für einen GT 3 RS untypisch – ohne jeden Aufkleber. Schwarz ist für Seinfeld die Farbe für ein Auto, »das du so sehr liebst, dass du ihm nichts hinzufügen möchtest«.
    Trotz Überrollkäfig, Schalensitzen und einem Spoiler, der auch als Surfbrett genutzt werden könnte, will Seinfeld seinen straßentauglichen Rennsportwagen »minimalistisch«. Das ist für ihn eine Grundsatzeinstellung: »Ich liebe es, Autos zu essentialisieren – das heißt, sie auf ihre Essenz zurückzuführen«, erzählt Seinfeld. »Ich habe einen Speedster aus dem Jahr 1958 komplett umbauen lassen, die Stoßstangen abmontiert, das Top entfernt und lediglich eine kleine Plastikwindschutzscheibe stehen lassen, wo sonst die normale Scheibe ist.« Der Speedster sei zwar sehr individuell aufgebaut, bleibe aber ein wirklich zierliches Auto, »wie eine schwarze Jelly Bean«.
    Gerade in den showverliebten USA ist diese Art des Minimizing ungewöhnlich. Es ist eine Wahrnehmungsfalle. »Die Leute wissen nicht, was sie da sehen«, berichtet Seinfeld, »aber sie kapieren, dass es etwas sehr Besonderes ist – eine pure Form. Laute, neue und schrill lackierte Autos erzeugen automatisch Aufsehen. Ein derart brutal simpler Wagen wie mein Speedster in Schwarz ist dazu ein Gegenentwurf, auch zu einer Kultur, die viel zu oft zu laut, zu marktschreierisch und zu angestrengt daherkommt.« Die meisten Highend-Sportwagen erinnern Seinfeld an Halloween-Kostüme: Das sind monströse Masken für ihre Fahrer, so als wären sie für den Cirque du

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