911
Soleil entworfen. Ein Porsche dagegen fühlt sich an »wie ein warmer, runder Stein in der Hand. Erfühlt sich gut an«, betont Seinfeld. »Ich fange an, diese Dinge zu lieben, sobald es mir vorkommt, als wollten diese Dinge ein Teil von mir werden – anders als all jene Gegenstände, die dazu dienen, mich zu erhöhen oder aufzuwerten. Ein Porsche ist sehr humanistisch.«
Vergleicht man die wirklich schnellen Porsches wie den 911 Turbo S mit einem Ferrari 458, dann sind diese Autos nüchtern, unaufgeregt und auf eigenwillige Art minimalistisch. »Und nur wer das will, sollte auch Porsche fahren«, meint Seinfeld. »Wer diesen Sportwagen fährt, der will nicht das Maximum, sondern das Minimum.« Damit meint Seinfeld weniger modernistische Folklore als die ausgeprägte Form von Funktionalität. »Für mich gilt der Satz von Mies van der Rohe, der sagte, dass eine faszinierende Einfachheit etwas Kostbares ist, das nur schwer erreicht werden kann. Diese aufregende Einfachheit suche ich auch, wenn ich Comedy schreibe. Das ist die Essenz meiner Ästhetik, so wie man es von Braun oder Apple kennt. ›Less is more‹ wurde zum geflügelten Wort, dabei glaube ich, dass kaum einer versteht, was damit gemeint ist. Ferry Porsche hat es einfacher gesagt: Gutes Design beruhigt.«
Der 991er
Das erste Mal,
zum siebten Mal:
ein neuer Elfer
Mitten im grünen Herzland steht auf einem durch Erdwälle und hohe Stalltüren verdecktenHof des Entwicklungs- und Designzentrums von Porsche ein Objekt, dessen liturgische Geburtsfeier wenig später im September 2011 auf der IAA in Frankfurtstattfinden soll. Es ist der neue Porsche 911. Ein damals 48 Jahre altes Auto, die siebte Generation eines Sportwagens, der sich entschieden hat, nichtalt zu werden. Wie kein anderes Auto pflegt der Elfer seine Traditionslinien als Beleg der eigenen Unsterblichkeit. Der Elfer vergewissert sich seiner Zukunft vor allem dadurch, dass er seiner Vergangenheit gerecht wird.
Es ist ein sonniger Tag im Frühsommer, als Designer Michael Mauer vorsichtig, um nicht zu sagen weihevoll die Plane vom Eins-zu-eins-Modell hebt. Hinter ihm wurde – zum Vergleich – das aktuelle, damals noch käufliche Modell der Baureihe 997 aufgestellt, und unter einer weiteren Plane lauert das Original der neuen Modellreihe. Als die Hülle schließlich zur Gänze gefallen ist, ergreift auch den Nerd, der im Internet jedes Foto eines Erlkönigs studiert, jede Computerretusche analysiert, jedes Video mit düster abgeklebten Versuchsfahrzeugen mehrfach bestaunt hat, eine Art Schauer. Da diese 991 getaufte Baureihe von vorne dem Vorgänger aus dem Gesicht geschnitten ist, beginnt ein Vexierspiel. Das bisher Ungesehene wirkt wie ein Fehler, eine Provokation, weil sie das so Bekannte (und – ja, auch – Geliebte) entstellt.
Der Designer, ein sehr reflektierter und nach Ferdinand Alexander Porsche der fünfte im Amt, spürt die Verunsicherung des Elfer-Fanatikers und reagiert auf den Einwurf, dass dieses Auto am Heck eher eine Kulturrevolution denn eine sanfte Weiterentwicklung sei, irritiert. Nein, so war es nicht gemeint. Der Erfolg des Elfers ist seiner Ansicht nach einer behutsamen, aber konsequenten Weiterentwicklung des Designs und natürlich der Technik zu verdanken. Deshalb brauche er Respekt vor der Historie und müsse gleichzeitig alles hinterfragen. Und je länger die Geschichte des Elfers sei, umso stärker wachse der Respekt vor der Ikone wie der Wunsch, sie in Frage zu stellen. Da wird dann ein symbolischer Königsmord irgendwann zwingend. Das sagt der nette Herr Mauer dann natürlich nicht mehr so.
Der Elfer war für seine Freunde mit Ausnahme des 996ers stets das jeweils perfekte Auto. Nun gab es also ein neues perfektes Auto, und verzweifelt versuchte der Porsche-Freund, in Hirn wie Herz dafür Platz zu schaffen. Das Auto wirkte breiter und gedrungener, die Lichter vorne standen weiter auseinander; insgesamt mutete der Wagen mit seinem klaren, hellen Blick und den sehnigen Kotflügeln wie ein studierter Triathlet an.
Mauer, der den 964er und den 993er für die gelungene Weiterentwicklung des Ur-Elfers und des G-Modells hält, spürt angesichts des suchenden Blicks des Elfer-Freundes jene Verunsicherung, über die er längst hinweggelebt und -gearbeitet hat.
Vor der exklusiven Präsentation des neuen Elfers hat er in einer technizistischen Präsentation das Wesen der Porsches über das Verhältnis von Höhe zu Breite, die Modelliertheit der Kotflügel und die
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