911
der 356 C sein. »In einem Porsche spüren Sie die Straße nicht«, versprach der Werbetext, denn der Porsche sei weder zu hart noch zu weich. Doch dieses Versprechen geschah zu einer Zeit, als in Deutschland die Folgen und Schatten des Krieges noch an jeder Straßenecke begutachtet werden konnten. Luxus war Befriedung und genau in diesem Sinne bot der 356er auch komfortables Reisen verglichen mit seinen direkten Konkurrenten.
Als »Gefährt glücklicher Gefühle« bezeichnete der »Spiegel« den Elfer 1967. Anlass für diese Geschichte im Sturmgeschütz der Demokratie war eine umfangreiche Studie über die Zufriedenheit unter Porsche-Besitzern. Heraus kam auch eine kleine Sozialstudie über einen damals noch elitär kleinen Kreis von Porsche-Fahrern, die ihr Gefährt als eine elegante Antithese zum kommoden Massenauftrieb auf den Straßen verstanden. Der Statusneigung zum Trotz wollte der Porsche-Fahrer schon damals kein Arrivierter sein wie die Lenker eines bequemen Mercedes. Der Elfer-Fahrer wollte ein schnelles, vergleichsweise risikoarmes Sportgerät, das einem auch Freude bereitete, wenn man es langsam durch das Heer der Sonntagsfahrer und Schleicher bewegen musste. Der wichtigste Grund zum Kauf eines Porsche war damals – wie wohl auch heimlich heute – die erreichbare Höchstgeschwindigkeit. Nahezu ebenso viele Käufer gaben das Fahrvergnügen als Grund an. Durchschnittlich25.054 Kilometer fuhren die Porsche-Besitzer ihren Elfer (und 912er) damals. Das verdeutlichte, wie sehr dieser fordernde Sportwagen täglicher Begleiter in anspruchsvollen Berufen war und weniger Drittfahrzeug und Wochenendgefährt, wie das heute oft die Regel ist. Als die Porsche-Fahrer am Ende gefragt werden, ob sie sich wieder einen Elfer kaufen wollen, sagen 70,6 Prozent ja, 18,5 Prozent »vielleicht« und nur 10,9 Prozent nein. Frauen geht es genauso oder zumindest ähnlich.
Sie war 26, frisch getrennt und von dem Gefühl erfüllt, am Anfang ihres Lebens zu stehen. Es keimte der Wunsch auf, sich für ein neues Auto zu entscheiden. Beim Scannen der Möglichkeiten und etlichen Probefahrten kristallisierte sich ziemlich schnell heraus, dass nur ein Porsche 911 in Frage käme, ohne dass dafür ein Modell aus Freundeskreis oder Familie nötig gewesen wäre. Weder Mutter, Vater noch Umfeld hatten eine Geschichte mit einem Elfer. Es war das Auto an sich (schwarzer Carrera 4, Coupé, Baujahr 1989, schwarz-schwarz), das zu ihr sprach: »Ich bin die Perfektion eines Automobils in Form und Funktion.« Ob bei der Betrachtung seiner Silhouette, dem Lauschen seines satten Motorengeräuschs oder dem Gefühl der unendlich anmutenden Kraft beim Beschleunigen, dieser Wagen versprach der angehenden Naturwissenschaftlerin die perfekte Begleitung zu sein für das, was sie vorhatte: Emanzipation, möglichst weite Strecken schnell zurückzulegen, um das Angebot der weiten Welt maximal ausschöpfen zu können, Angriffslust.
Der 911er verkörperte Autonomie, finanziell wie ganz konkret. Sie hatte das Gefühl, in dieses Auto einsteigen und jederzeit hinfahren zu können, wohin es sie zog. Es lud zumNeuanfang ein, bekräftigte das Gefühl, von niemand und nichts abhängig zu sein, ganz »sein eigener Herr«. Einsamkeit schien als Gefühl inhibitiert, zu sehr stellte der Elfer den Aspekt der Freude am Alleinsein und dessen Vorzüge in den Vordergrund. Was gab es Schöneres, als ziellos eine Runde auf der Autobahn zu drehen und mit allen Sinnen diesen Wagen zu spüren: Geruch, Geräusch, Geschwindigkeit. In der Traumdeutung symbolisiert die Fahrbahn/Straße häufig den eigenen Lebensweg und das Auto einen selbst. Diese emotionale Symbolhaftigkeit war bei diesen Autobahnfahrten aufs angenehmste spürbar: Der Elfer unterstützte Urvertrauen und Kampfgeist und es tat sich das Gefühl einer verheißungsvollen Zukunft auf, die Vorfreude weckte. Neben all der Aufbruchslaune vermittelte ihr der Gefährte zu jederzeit Sicherheit und Solidität, wie andere Sportwagen es nicht vermochten. Er führte sie nicht auf die falsche Fährte oder lud zu Selbstüberschätzung ein. Nein, im Gegenteil, 911er fahren vermittelte immer auch Erdung und die Aufforderung, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Nicht zuletzt seine Wertstabilität sagte: »Ich halte mein Versprechen, ich bin kein kurzes Abenteuer, welches du bereuen wirst, ich bin nachhaltig.« Er war eben der perfekte Partner. Die Tochter aus einer hanseatischen Kaufmannsfamilie überzeugte das Argument, mit diesem
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