9783944842165
Jana
Klar, bin püntklich, Pia
Pia hatte gerade die Reithose an, als das Handy erneut vibrierte. Es war Tabea. Tatsächlich Tabea. Das konnte Pia schon auf den ersten Blick sehen, denn Tabea schrieb immer alles klein.
hallo, von dir hört man ja gar nichts mehr. Schon im meer versunken oder im watt verschollen? tabea
Na, von dir auch nicht. Habe jetzt ein Pflegepferd, das ich allein versorge. Und Freunde habe ich auch. Pia
echte ostfriesen? blond und mit abstehenden ohren? oder so otto-typen? Tabea
Ganz normal. Will jetzt reiten gehen. Pia
ich gehe ins kino. mit leon, grins … tabea
Pia drückte die SMS weg. Das war es, was Tabea ihr wirklich sagen wollte. Dass sie viel mit Leon zusammen war. Jetzt, wo Pia nicht mehr da war. Es war blöd, dass er sie so rasch gegen ihre Freundin ausgetauscht hatte. Obwohl – so richtig zusammen war sie ja nicht mit ihm gewesen. Ähnlich wie die Sache mit Sören. Komisch, dass immer alles gleich ablief. In Gelsenkirchen war es Tabea gewesen, die ihr Leon nicht gegönnt hatte, hier schien es Jana zu sein, die ein Problem mit Sören hatte. Pia seufzte. Was gingen sie Leon und Tabea an? Sie hatte hier ein neues Leben und mit Sören und Jana würde sie schon fertig. Das Handy landete mit Schwung auf dem Bett.
Pia zuckte nur mit den Schultern und stülpte sich ihren dicken Norwegerpulli über. Sie holte ihr Rad aus dem Schuppen, fuhr noch einen kleinen Schlenker bei Njala und Wodan vorbei und radelte dann zu Jana. Ihre Hände waren zum Abfrieren kalt und die Zehen spürte sie auch nur noch andeutungsweise.
Janas Hof war riesig und lag inmitten der Marsch auf einer kleinen Anhöhe.
Pia stellte ihr Rad an die Hauswand und klingelte. Janas Mutter öffnete. Pia folgte ihr durch die große Diele in die Küche.
Da schoss auch schon Jana um die Ecke. Sie stopfte sich im Vorübergehen einen Keks in den Mund und zog Pia mit sich.
»Auf die Pferde, fertig, los!«, lachte sie und lief zu einem kleineren Stall, der hinter der Scheune lag. Daneben befand sich ein kleiner Reitplatz, der mit allen Eckpunkten eines Dressurvierecks bestückt war.
»Sieht aus wie ein Könnerplatz, stimmt ’ s?«, fragte Jana.
Sie holten Stern und Pegasus von der Weide und machten sie zum Reiten fertig. Dann setzen sie ihre Kappen auf und wärmten die Ponys in der Reitbahn auf.
»Guck erst mal, ob du mit Stern klar kommst«, sagte Jana und begann nach einer Weile mit Pegasus zu traben. Pia tat es ihr gleich und jetzt merkte sie, wie sehr sie den Takt der Pferde vermisst hatte. Was würde es schön sein, wenn sie erst auf Njala durch die Gegend traben konnte.
»Versuch mal anzugaloppieren! Klappt das gut, geht es los!«, rief Jana.
»Ja, mir ist nur ziemlich kalt!«
»Dann nichts wie los, damit du warm wirst!«
Sie schlugen zunächst den Weg in Richtung Deich ein, bogen aber dann vorher auf einen kleinen Feldweg ab. Pia sah, dass der Deichaufgang mit einem Gatter versehen war, neben dem zwei große Schilder angebracht waren. Hier begann also das Deichschutzgebiet und der Nationalpark Wattenmeer. Irgendwie war das doch hochinteressant.
»Bald ist hier alles grün und blüht. Und die Seevögel rufen. Du glaubst gar nicht, wie herrlich das hier im Frühling und Sommer ist!«, jubelte Jana.
Vor ihnen lag ein langer und gerader Weg. Es hatte länger nicht geregnet, sodass er trocken war. Jana trieb Pegasus an und Stern galoppierte hinterher. Pia öffnete den Mund und sog die kalte Luft ein. Sie schmeckte salzig und das Durchatmen tat gut. Pia fragte sich, wie sie je hatte in der Stadtluft überleben können. So langsam begann sie ihre Eltern zu verstehen. Sie zügelten die Ponys.
So schön der Ausritt aber auch war, Pia fror jämmerlich und konnte sich nicht erinnern, je einem solch kalten Wind ausgesetzt worden zu sein.
»Das ist der Ostwind. Wenn wir Glück haben, bringt er Schnee!«, rief Jana. Sie störte sich überhaupt nicht daran. Im Gegenteil: Ihre Wangen glühten.
Sie ritten im Schritt über einen Parkplatz und kamen dann an einen Überweg zum Strand. Jana wendete Pegasus nach links und sie hielten sich zum Watt. Es war schon wieder Ebbe.
»Ich hätte gerne mal das Meer gesehen, aber irgendwie ist das nie da«, sagte Pia und war schon wieder enttäuscht.
»Das kommt schon noch. Alle paar Stunden lecken die Wellen an den Strand. Bist eben immer zum falschen Zeitpunkt hier.« Jana hielt kurz an und schirmte ihre Augen mit der Handkante ab. Sie stellte sich leicht in den Bügeln
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