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auf und betrachtete die Umgebung. »Wir reiten hier erst ein bisschen durch den Sand. Noch ist keine Saison, da dürfen wir da noch hin. Die weite Strecke macht den Pferden richtig Spaß.«
Sie trabten am Wattsaum entlang und Pia beäugte die Riffelmarken, die das Watt aussehen ließen, als wäre noch immer Wellengang.
»Kann man nicht ins Watt reinreiten?« fragte Pia.
»An dieser Stelle nicht. Hier ist Schlickwatt, da versinken die Ponys recht tief und könnten sich an den Muscheln verletzten. Das tut schweineweh. Wirst du noch merken, wenn dir das im Sommer einmal passiert.« Jana wies mit der Hand ein Stück den Strand hinunter. »Dahinten geht es, da ist Sandwatt.« Sie trabte an und hielt ein Stückchen weiter, wo sie dann langsam ins Watt ritten. Der Boden war hier wirklich sehr fest.
»Lass uns zum Strand zurückkehren, damit wir nicht doch noch vom Wasser überrascht werden.«
Pia lachte. Das Wasser war ja wohl noch weit genug weg.
»Lach du nur! Der Priel, durch den wir gerade durch sind, der ist ganz schnell voll. Und dann können wir schwimmen, der schneidet uns nämlich den Weg ab. Das ist lebensgefährlich.«
Jana trabte an und Pia wurde von den heraufspritzenden Schlammtropfen getroffen.
Am Strand angekommen, lag ein großes Stück frei vor ihnen. Kein Spaziergänger, kein Hund. Nichts versperrte ihnen den Weg.
»Nun lass ihn laufen, Pia. Lass ihn einfach laufen!«, rief Jana. Pia glaubte zu träumen. Eine solche Geschwindigkeit hätte sie Stern gar nicht zugetraut. Ihr liefen die Tränen herunter. Es war so kalt, dass sie, kleinen Eiszapfen gleich, auf Pias Wangen hingen. Der Wind stach in die Wangen wie kleine Nadelstiche, aber noch nie in ihrem Leben hatte Pia sich so frei gefühlt.
Als sie wieder am Deich ankamen, wendete sie Stern und blickte zurück. Große Tanker schienen im Wasser festzuliegen, als kämen sie gar nicht von der Stelle. Ein paar Silbermöwen schwammen auf dem herannahenden braun-grünen Wasser und andere kreischten ihr monotones Geschrei über den Mädchen.
»Mann, es ist echt schön hier!«, stieß Pia aus. »Aber so was von kalt. Ich glaube, ich wohne am Nordpol.« Sie hauchte eine weiße Atemwolke, die sich rasch verlor.
»So schlimm ist es auch wieder nicht«, lachte Jana, der der kalte Wind noch immer nichts anzuhaben schien.
Im Schritt und mit langen Zügeln ritten sie zurück. Die Ponys kühlten langsam ab und Pia fror noch ein bisschen mehr.
»Es ist saukalt, echt!«, bibberte sie und nun endlich musste auch Jana ihr Recht geben.
»Drehen wir um!« Jana stellte sich in den Steigbügeln auf. »Guck mal, wer da kommt!«
Zuerst sah Pia aus ihren tränenden Augen nur eine dunkle Jacke, die sich mitsamt einer Mütze über einen Lenker beugte. Sie wischte sich ein paar Mal über die Lider und dann sah sie es auch. Es war Sören, der wie ein Wilder gegen den Wind anstrampelte. Kurz vor den Ponys stoppte er so abrupt, dass die Reifen über den Beton schabten. Stern wich schnaubend ein Stück zurück. Jana machte ihren Mund auf und Pia glaubte, jetzt gleich eine wütende Bemerkung zu hören. Sören schien dasselbe zu befürchten und kam ihr zuvor. »Tschuldigung! Wollte ich nicht. Ihr bei der Kälte unterwegs?«
»Und selbst?« Janas Stimme war alles andere als freundlich. Irgendwie passte ihr Verhalten einfach nicht dazu, dass sie ihm Informationen über Pia zuschusterte. Pia sah von einem zum anderen. War das ein abgekartetes Spiel, das die beiden mit ihr spielten? Sie war die Figur, die die beiden auf dem Feld immer dorthin setzten, wo sie sie haben wollten. Die Freude an dem schönen Ausritt verflog von Sekunde zu Sekunde.
»Ich trainiere, halte mich fit.« Er grinste zu Pia. »Aber schön, dass es dir besser geht. Ich dachte schon, du wärest total ramponiert, nachdem, was ich gehört habe.«
»Woher weißt du …«, setzte Jana an.
Pia hatte Pegasus schon umgedereht. »Du brauchst mich nicht zu verarschen, Jana«, sagte sie. »Lass uns zurückreiten, mir ist kalt.« Sören schenkte sie noch ein Lächeln, so weit das mit ihrer Laune möglich war.
»Schönen Ritt! Wir sehen uns morgen.« Auch er wendete sein Rad und fuhr davon.
Pia drückte Pegasus die Schenkel in die Seiten, damit er einen Schritt schneller ging. Dann spürte sie Janas Hand auf ihrem Unterarm. »Sag mal, du denkst doch nicht, ich hätte Sören das mit deinem Unfall gestern gesteckt?«
»Wer wohl sonst? Erst die Handynummer, dann das? Was für ein Spiel spielst du mit mir?«
12.
Kaum
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