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Wodan hat die ganze Nacht nicht einmal gewiehert!«
»Wie fangen wir an?«, fragte Pia gleich. Sie konnte es kaum erwarten.
»Immer langsam, junge Dame. Zuerst werden wir Njala striegeln, morgen versuche ich, ihre Hufe zu beschneiden. Die Wurmkur hat sie schon.«
Pia holte die beiden Halfter und Stricke.
»Eines musst du dir von vorne herein merken«, sagte Herr Ommen. »Von jetzt an geht mit Njala nichts schnell und nichts sofort. Es braucht alles seine Zeit und nichts ist vorhersehbar. Das Tempo bestimmt Njala allein.«
Pia nickte. Es würde schwer werden, Geduld war nicht ihre allergrößte Stärke. Sie holten die Ponys von der Weide und banden sie an den Ringen fest.
»Putz sie einfach und schau, was passiert.«
Njala ließ alles ohne Schwierigkeiten über sich ergehen. Nur hin und wieder tänzelte sie hin und her.
»Das hat ja bislang doch ganz gut geklappt«, sagte Herr Ommen nach einer Weile. Er war zufrieden.
»Und was ist jetzt mit den Hufen?« Pia zeigte auf die maroden Füße.
»Das versuchen wir morgen. Nicht zu viel auf einmal. Für heute ist nur Schmusen und noch ein bisschen Putzen angezeigt. Auch wenn die Hufe wirklich eilen.«
Da ritt auch schon Jana mit Stern auf den Hof. Er war wesentlich zierlicher als Njala, die das gleiche Stockmaß hatte. Wie zart er war, merkte man erst jetzt im Vergleich zu der Norwegerstute.
»Und – wie ist es gelaufen?«, fragte Jana. »Du siehst ja wieder normal aus. Im Gesicht meine ich.«
Pia schluckte. Sollte sie ihre Freundin mit Sörens SMS konfrontieren oder es lassen? Einen Beweis hatte sie ja nicht, aber wer sollte es ihm sonst gesteckt haben?
Wenn sie Jana so ansah, konnte sie sich kaum vorstellen, dass sie so etwas Blödes tat. Aber wer weiß, zu was sie aus Eifersucht fähig war. So gut kannten sie sich ja nicht.
Jana wartete Pias Antwort ohnehin nicht ab, sondern sprang von Stern herunter. »Die sieht ja schon richtig klasse aus.« Sie strich über Njalas Fell. Herr Ommen winkte den beiden und schlurfte dann in Richtung Haus. »Ich geh Mittag essen. Stellst du die Ponys wieder auf die Weide?«
Pia löste die Seile und scheuchte die beiden Ponys zurück.
»Wird Zeit, dass der Frühling kommt«, meinte Jana, als sie den Tieren nachsah. »Dann blühen die Wiesen immer schön gelb vom Löwenzahn und wenn die Seevögel hinterm Deich in den Salzwiesen brüten, ist es hier so herrlich lebendig.«
Pia blickte sich um. Obwohl es noch immer diesig und kühl war, musste sie Jana zustimmen. »Jetzt kann ich es mir vorstellen. Vor ein paar Tagen war ich noch der Meinung, hier sei immer alles nur kahl und trist.«
»Ich freu mich schon, wenn wir zusammen ausreiten können. Dann zeig ich dir hier alles!«
»Ich hoffe nur, Njala ist irgendwann soweit«, sagte Pia. Ausreiten auf Njala, das war schon der absolute Traum.
»Weißt du was? Wenn ihr morgen mit der Arbeit mit Njala fertig seid, kommst du zu mir. Du nimmst Pegasus und ich Stern und dann reiten wir ein Stück. Was meinst du?«
Pias Augen strahlten. »Klasse, Jana, einfach klasse!« In dem Augenblick beschloss sie, Jana nicht auf Sörens SMS anzusprechen. Vielleicht fand sie ja auch noch heraus, woher er die Information hatte. Besser, als jetzt zu viel kaputt zu machen. So viele Freunde hatte sie hier ja nun noch nicht, dass sie einen Streit mit Jana wagen könnte. Und dann noch wegen eines Jungen, von dem Pia noch nicht einmal wusste, wie wichtig er ihr wirklich war.
»Dann abgemacht, bis morgen!«
°°°
Sören hatte sich nach der letzten Nachricht nicht mehr gemeldet. Kein Wunder eigentlich, wo sie auf seine Frage auch gar nicht eingegangen war.
Samstags war er vermutlich den ganzen Tag auf dem Fußballplatz und Sonntagmorgens war er mit Sicherheit nicht so früh auf wie Pia, die zwei Ponys versorgen wollte. Trotzdem ertappte Pia sich immer wieder dabei, ihr Handy in die Hand zu nehmen und auf das Display zu starren. Doch nur ihr Wassertropfen, den sie als Startbild hatte, wurde mal groß, mal klein.
Von fern hörte Pia die Kirchenglocken. Sie warf einen Blick auf die Uhr, denn auch im Haus war es noch unnatürlich still. Es war erst acht, es konnte dauern, bis ihre Eltern sich erhoben. Sie waren beide Langschläfer. Als ihr im Flur dann das Schnarchen ihres Vaters entgegendröhnte, bestätigte sich ihre Vermutung.
Sie toastete sich ein Brot, kippte sich ein Glas Apfelschorle herunter und schlüpfte in ihre Stiefel. Als sie die Türklinke schon in der Hand hatte, machte sie noch einmal
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