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haben gepennt. Kurz: Die haben losgelegt, obwohl wir im Wege standen, und die Kugel war ein Treffer und ist jetzt im Graben versenkt.«
»Dass du noch Witze machen kannst. Hilf mir mal, mir tut alles weh«, sagte Pia.
Jana half Pia hoch. Da waren auch schon die ersten Boßler bei ihnen. »Ist was passiert?«, fragte ein Mann, dem die Pudelmütze vor lauter Aufregung über die Ohren gerutscht war.
»Die Ponys sind futsch und meine Freundin hat sich verletzt, aber sonst stimmt hier alles!« Jana klang etwas zynisch.
»Das machen wir wieder gut, junge Frau. Bestimmt!« Der Rest der Truppe stolperte näher. Im Bollerwagen klapperten Flaschen. Einer der Boßler schraubte die Thermoskanne auf und goss sich eine scharf riechende Flüssigkeit in den Becher. Er grinste ein bisschen dämlich und seine Augen wirkten glasig. Als er den Becher leer getrunken hatte, rülp ste er laut und vernehmlich. Jana sah ihn angewidert an. »Das nächste Mal sollten Sie echt gucken, bevor sie werfen, Sie machen das doch nicht zum ersten Mal, oder?«
»Doch«, sagte der Mann. »Wir sind auf Urlaub hier und wollten so gerne mal boßeln wie die echten Friesen. Sowas gibt es bei uns ja gar nicht.« Er wies auf den Bollerwagen, in dem sich eine beträchtliche Ansammlung von Schnapsflaschen neben einer Kiste Bier, drei Thermoskannen und einer großen Brötchentüte befand.
»Echte Friesenboßler boßeln aber keine Pferde von der Straße«, erwiderte Jana. Sie warf einen Blick auf den Bollerwagen. »Und die trinken während des Sports auch nicht.« Sie wandte sich an Pia. »Komm, wir sammeln mal die edlen Rösser ein, bevor ihnen noch mehr von solchen Amateuren begegnen.«
»Gebt uns eure Adresse, wir laden euch zu einer Kohlpartie ein. So richtig. Vorher Besenwerfen oder Boßeln und dann lecker Grünkohl!«
»Danke, kein Bedarf. Das macht mal hübsch allein!« Jana schien zu kochen wie ein Wasserkessel, unter dem man vergessen hatte, die Hitze auszuschalten. Ihre Stimme überschlug sich jedenfalls fast vor Wut.
»Nicht so schnell, Jana, mein Bein!«, jammerte Pia, die den wütenden Schritten Janas kaum folgen konnte.
»Nun sei man nicht so jaulig, wir sind auf der Flucht vor wildgewordenen Boßeltouristen.« Sie sah zu Pia, zog ein Taschentuch aus der Hosentasche und reichte es ihr. »Für deine Stirn. Ist sicher schön warm, wenn das Blut da runterläuft. Sieht aber eher gefährlich aus.«
Pia drückte sich das Tuch vor die Stirn. Sie fand Janas coole Sprüche jetzt absolut nicht angesagt. Angewidert betrachtete sie das rot getränkte Taschentuch und presste es rasch zurück auf die Wunde. »Mich interessieren diese Boßler nicht. Mich interessieren Njala und Wodan und was mein Vater dazu sagt«, Pia zeigte auf das aufgeschlagene Knie. »Und dazu!« Wieder lüftete sie kurz das Taschentuch.
»Wahrscheinlich gibt er dir ein Pflaster. Oder zwei. Und die Rösser sind mit Sicherheit bei Ommen. Die wissen doch, wo sie hingehören.«
»Nun wartet doch!«, hörten sie wieder die Stimme des bemützten Boßlers. »Wenn es schlimm ist, müssen wir einen Krankenwagen rufen. Ich habe ein Handy mit!«
Jana drehte sich um und winkte ab. »Ist nicht schlimm!«
Pia biss sich auf die Lippe. Nicht schlimm! Typisch Jana. Natürlich war es schlimm! Was war sie wütend auf sich selbst. Sie hatte zum zweiten Mal ihrer Verliebtheit wegen Mist gebaut. Und das innerhalb von zwei Tagen. Man konnte es drehen und wenden wie man wollte: Das war ein miserabler Durchschnitt, was den Erfolg zum Thema »Eigenes Pony« anging. Letztendlich könnte das ganze Unterfangen in einer Katastrophe enden. Mit Pias Vater war nicht zu spaßen.
°°°
Die Ponys standen wirklich am Gatter und Herr Ommen hatte sie bereits eingefangen.
»Was war los?«, fragte er.
»Hobbyboßler«, sagte Pia düster und war froh, sich auf einen Strohballen fallen lassen zu können. »Oder besser: wildgewordene Touristen.«
Herr Ommen hinkte zu ihr und sah sich das Knie an. »Sieht nicht gut aus, wirklich nicht. Was dein Vater wohl sagt?« Sein Blick wanderte zu Pias Stirn. Das Taschentuch war mittlerweile blutdurchtränkt. Er schüttelte den Kopf. Hätte er eine Sprechblase, wie im Comic, wäre in der Wolke jetzt sicher zu lesen: »Warum habe ich mich darauf bloß eingelassen?« Er sagte aber nichts dazu, sondern sprach mit Jana: »Kümmerst du dich bitte darum, dass die Ponys trocken werden? Ich gehe mit Pia zu meiner Regierung, die soll sich das mal ansehen!«
»Herrje, was ist
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