A British Sonic Experience - eine Reise durch das Mutterland des Pop
Villiers Terrace (John Peel Session)
Frankie Goes To Hollywood - Relax / Two Tribes (Fluke Magimix)
The Farm - All Together Now
The Stairs - Weed Bus
The Lightning Seeds - Three Lions
Space - Neighbourhood
The La’s - There She Goes
The Boo Radleys - Wake Up Boo! / It’s Lulu
The Wombats - Let’s Dance To Joy Division / Techno Fan
Wer wissen möchte, wie sich die Beatles zu Beginn ihrer Karriere angehört haben, sollte sich den Soundtrack des Films Backbeat besorgen, für den (Grunge-) Musiker wie Dave Grohl, Dave Pirner oder Thurston Moore jene Rock’n’Roll-Songs neu aufgenommen haben, die von den Beatles einst im Star Club und im Cavern Club gespielt wurden. (Virgin/PolyGram)
As Hard As It Is (1989)
Zehn Jahre später, nachts um eins im Londoner Yuppie-Treff Wall Street. Aus den Boxen dröhnten die neuesten Acid-House-Platten und Kellnerinnen im Häschenkostüm servierten eilfertig Champagner. Der Raum war mit Luftballons einer Kosmetikfirma dekoriert und im Halbdunkel wurde heftig geknutscht. Die Bewegungen auf der Tanzfläche glichen epileptischen Anfällen, nur ein junger Schwarzer fiel mit seinem fast schon bedächtig wirkendem Tanzstil aus dem Rahmen - Roland Gift, der Sänger der Fine Young Cannibals. Ein Frauenschwarm, der von seinen Verehrerinnen zärtlich „meine kleine Kaffeebohne“ genannt und bereits als Nachfolger von Otis Redding gehandelt wurde.
Nun wusste man ja dank Gaultier schon damals, dass schöne Männer ruhig auch dumm, wenn nicht gar blöd sein dürfen. Roland Gift gab mir allerdings schnell zu verstehen, dass es richtig gewesen war, zum stern zu gehen, denn einen wie ihn trifft man nicht alle Tage. Der Typ ging mir nicht mit seinem Jogging-Fimmel auf die Nerven, betrieb aber täglich Tai Chi. Er war beileibe kein Ohrensessel-Vegetarier, der einen zu einer gesünderen Lebensweise bekehren wollte, obwohl er sich sehr bewusst ernährte. Und erst auf dem Rücken eines Pferdes fühlte er sich im Einklang mit der Welt - wie ein Indianer im Wilden Westen. Der Mann hatte noch Träume!
Das zweite Album der Fine Young Cannibals, The Raw And The Cooked, hatte sich weltweit bereits vier Millionen Mal verkauft, als ich ihn im Herbst 1989 interviewte, doch auch das schien ihn eher zu freuen, als zu beeindrucken. Der Chauffeur, der uns in einer Mercedes-Limousine seiner Plattenfirma die halbe Nacht lang durch London kutschierte und Popstar spielen ließ, wurde von ihm ebenso zuvorkommend behandelt wie der feiste Türsteher der Edel-Disco Wall Street. Zu der Kartenabreißerin im National Theatre, wo wir uns eine exzellente feministische Inszenierung eines Stückes von Lope de Vega ansahen, dem spanischen Shakespeare, war er genauso freundlich wie zu jedem, der ihn in Ruhe ließ. Und meiner Freundin Sigrid gab er mit dem gleichen charmanten Lächeln Feuer, wie er mir beim Nobel-Italiener Orsoi in Covent Garden phantastische Mozzarella empfahl. Ein Popstar mit guten Manieren - so einer hatte noch in meiner Sammlung gefehlt.
Dabei stammte Roland Gift aus Hull, einem stinkenden, öden Fischernest im Nordosten Englands. Als Ende der Siebziger alle Welt auf London starrte, wo eine neue Generation von Musikern mit sozialkritischen Texten, Hochgeschwindigkeits-Rock und durch die Wange gestochenen Sicherheitsnadeln für die dritte Rock’n’Roll-Revolution geübt hatte, war das Punk-Fieber auch an Hull nicht vorbeigegangen. Jeder, der eine Gitarre halten konnte, hatte damals eine Band gegründet. Und Rolands erste Gruppe hatte sich Blue Kitchen genannt, nach einer Küche, in der sie das Schlagzeug aufgebaut und den Gitarrenstecker ins Radio gestöpselt hatten. Die Band hatte sich schon bald wieder in alle Winde zerstreut, doch das war nicht weiter wichtig gewesen, entscheidend war die Haltung: „Alles ist möglich, man muss es nur tun.“
Hauptberuflich hatte Gift damals Workshops für Dauerarbeitslose organisiert, aber bereits mit der nächsten Band, den Akrylykz, aggressive Punk- mit wiegenden Reggae-Rhythmen kombiniert, sodass das kleine Red-Rhino-Label auf sie aufmerksam geworden war. Roland Gift: „Diese beiden Cowboys von Red Rhino kamen einfach mit 20 Büchsen Bier und einem Vertrag in unseren Übungsraum. Wir tranken das Bier (lacht), und so mussten wir auch den Vertrag unterzeichnen.“ Das Ende der Akrylykz hatte jedoch nicht lange auf sich warten lassen, und Gift war nach London gegangen, um sein „Glück zu versuchen, rumzuhängen und in den Tag hinein zu träumen“.
Andy
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