Aaron: Blutengel Band 2 (German Edition)
einem Patientenspind. Jetzt musste sie die Sachen nur unbemerkt an den Schwestern vorbeischleusen, denn Straßenkleidung war auf der Intensivstation untersagt. Vielleicht hatte sie Glück und das Schwesternzimmer war in diesem Moment nicht besetzt.
Ihre Hoffnung zerschlug sich, als sie in den Korridor einbog. Schwester Meadows, eine rundliche Frau mit Nickelbrille, sortierte Tabletten in Schachteln. Rebecca wusste von der jungen Frau, dass sie überaus korrekt war und ungerechtfertigte Vorwürfe nicht leiden mochte. Rebecca legte von ihr unbemerkt hastig die Kleidung auf einen der Stühle im Flur und trat vor die geöffnete Tür zum Schwesternzimmer. Sie studierte den Dienstplan. Wenn sie an der Krankenschwester vorbei wollte, musste sie sich etwas einfallen lassen, und zwar schnell.
Ihr kam eine Idee. Sie lief zu den Schränken zurück und durchsuchte sie. Rebecca kramte in den persönlichen Sachen der Patienten und fand das Handy eines Patienten, der am Nachmittag auf eine andere Station verlegt worden war. In der Hektik hatten alle übersehen, ihm die Sachen nachzutragen. Das war ihr Glück.
Sie nahm es heraus und legte es ein Stück weiter hinter den Schränken auf eine Taschenablage im Korridor, bevor sie zufrieden zum Schwesternzimmer zurückkehrte.
«Ah, Schwester Meadows, der Patient von Nr. 12 wurde auf die Innere verlegt und bat darum, dass man ihm sein Handy bringt. Ich habe bereits den Spind durchsucht, aber nichts gefunden. Vielleicht wissen Sie …?»
«Bei allem Respekt, Doc, aber das kann nicht sein. Ich habe alles in seinen Spind gelegt», wehrte sich die Schwester und ihre schwarzen Augen funkelten sie an.
Sie tat Rebecca leid.
«Dann seien Sie doch bitte so gut und sehen noch einmal nach. Falls es sich findet, wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie es ihm gleich bringen könnten.»
Die Schwester nickte. «Gut, mache ich sofort.»
Rebecca atmete erleichtert auf, als Schwester Meadows davonstob. Hastig schnappte sie sich Aarons Kleidung und eilte zu ihm zurück.
34.
Aaron starrte voller Ungeduld auf die Tür. Wo blieb denn nur Rebecca?
Die Minuten krochen nur so dahin. Lange konnte er nicht mehr warten. Er fühlte Seraphiels Nähe, die wie eine Klinge auf seiner Haut kratzte. Stöhnend sank er aufs Bett zurück und boxte die Faust ins Kissen. Wertvolle Minuten verstrichen. Zeit, die er nicht besaß.
Plötzlich erreichte ihn eine mentale Botschaft seines Vaters. Er wusste sofort, was er von ihm wollte, und stöhnte innerlich auf.
«Deine Mission ist noch immer nicht erfüllt. Also, was bist du noch hier …?»
Uriels Worte waren scharf, trotz der sanft klingenden Stimme. Aaron musste sich zusammennehmen, seinem Vater seine Emotionen nicht zu offenbaren. Sicher war Uriel über alles Geschehene bestens informiert. Rebeccas Gesicht tauchte vor seinen Augen auf. Wenn sein Vater von dem Seelenkuss erfahren würde, wurde sie zur Zielscheibe der Engel.
«Seraphiel ist in der Nähe, ich breche gleich auf.»
«Und was ist mit seinen Nephilim?»
Nur nicht an sie denken. Krampfhaft versuchte Aaron seine Gedanken vor Uriel zu verbergen. Zu spät.
«Es ist … diese Ärztin? Warum lebt sie noch?»
Der Vorwurf Uriels dröhnte in seinem Kopf. Aaron verfluchte, dass es seinem Vater gelungen war, seine Gedankenblockade zu durchdringen. Er musste seine Gedanken stärker abschirmen.
«Ah, jetzt verstehe ich. Du willst sie als Lockvogel einsetzen. Eine hervorragende Idee. Setz sie um», befahl ihm der Erzengel.
Hoffentlich gelang es ihm, seine Gedanken vor seinem Vater zu verbergen. Aaron war nicht dazu bereit, Rebecca in Gefahr zu bringen, selbst wenn sein Vater es von ihm verlangte. Er konnte Seraphiel auch so finden. Ihm blieb nichts anderes übrig, als ihm vorzutäuschen, dass er genau diesen Plan verfolgte, um Rebeccas Leben nicht zu riskieren. Er fühlte sich miserabel dabei, seinen Vater zu hintergehen. Aber blieb ihm etwas anderes übrig?
Wenn diese Mission beendet war, würde er wie Ariel irgendwo untertauchen müssen. Das bedeutete auch, seinen Vater nicht mehr wiederzusehen.
«Wenn sie ihren Zweck erfüllt hat, töte sie. Finde Seraphiel und vernichte ihn!»
Vernichte ihn! Vernichte ihn! Die Worte echoten in seinem Kopf. Aaron war froh, als sein Vater daraus verschwand.
Er ruckte hoch, als jemand die Schleuse betrat: Es war Rebecca, die über dem Arm seine Kleidung trug.
«Hier, schnell, du musst dich beeilen», erklärte sie und hielt ihm die Kleidung hin.
Er riss ihr die Sachen
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