Aaron: Blutengel Band 2 (German Edition)
wollte ich ihr im Vorbeigehen nur Hallo zurufen, aber das Geflüster machte mich neugierig. Ich hörte so was wie Höllenfackel, Versammlung, Apokalypse. Ich dachte gleich an die Apokalyptiker und an diesen Verkünder.»
Aaron erinnerte sich daran, dass die Engel den Propheten zuerst nicht ernst genommen hatten, als er noch überall in New York Flugblätter verteilt hatte. Sie hatten geglaubt, er wäre ein harmloser Wichtigtuer. Doch die Anzahl der zu Luzifer überlaufenden Nephilim vervielfachte sich rasch und der Einfluss der Sekte wuchs mit jedem Tag.
Das Treffen der Nephilim fand in einem verlassenen Haus in New Jersey statt, am Rand des Hudson Rivers auf dem brachliegenden Colgate -Fabrikgelände.
Aaron und Joel folgten Cynthias Wagen und parkten selbst in einer Seitenstraße. Nachdem sie ausgestiegen waren, standen sie vor dem digital verschlossenen Koffer, in den Aaron nun eine Zahlenkombination eintippte. Als der Deckel aufsprang, glänzten die Klingen der Engelsschwerter und Shuriken in der Kofferraumbeleuchtung. Er zog ein Schwert heraus und überreichte es Joel. Der steckte es in die Scheide zwischen seinen Schulterblättern. Joel wollte schon losgehen, da stoppte Aaron ihn.
«Hey, jeder würde sofort die Schwerter sehen.» Er zeigte mit dem Finger auf die Waffe, deren Enden über und unter der Jacke herausragten. «Ich habe für solche Fälle vorgesorgt.»
Joel hob fragen die Augenbrauen, während Aaron eine der Türen öffnete. Er zog zwei Kleidungsstücke aus Leder vom Rücksitz. Joels skeptische Miene brachte ihn zum Grinsen. Der Blutengel konnte Leder nicht ausstehen.
«Stell dir einfach vor, das ist Büffelleder und du bist Buffalo Bill», feixte Aaron und spielte auf Joels Westernvorliebe an.
«Ha, ha. Terminator wäre mir lieber», antwortete Joel trocken. «Hasta la vista, Baby.»
Er zielte mit dem Finger auf Aaron, während er mit den Lippen einen Schuss imitierte.
«Hey, krieg dich wieder ein, Kindskopf. Hier, zieh Nathans an.»
Joel streifte sich den Ledermantel über und band sein offenes Haar mit einem Gummiband zum Zopf zusammen. Zum Schluss stellte er den Kragen auf, der so den Schwertknauf verdeckte. Auch Aaron zog sich seinen Mantel an und verstaute noch zwei Shuriken in der Innentasche, bevor er Koffer und Kofferraum wieder schloss.
Joel lief bereits voran, während Aaron sich darauf konzentrierte, seine Gedanken vor Cynthia abzuschotten. Ausgerechnet jetzt piepte sein Handy. Er zog es aus der Hosentasche und sah, dass Joel ihm die SMS geschickt hatte. Cynthia hatte das Haus bereits betreten.
Aaron kletterte die Hauswand hoch, um über die Dächer schneller ans Ziel zu gelangen. Als er die Colgate -Clock vor sich sah, glitt er hinab und huschte an der Lagerhalle vorbei zu einem weiteren Gebäude, unter dessen Traufe Joel auf ihn wartete. Zu seiner Erleichterung war der Hof verwaist und stockdunkel, nur durch die Ritzen der mit Brettern vernagelten Fenster fiel Licht.
Gemeinsam beobachteten sie mehrere Nephilim, die zum Haus eilten. Immer wieder fiel der Name Luzifer. Cynthia konnte intrigant sein, wenn sie ihren Willen durchsetzen wollte, aber würde sie so weit gehen, sich für ihre Ziele mit dem Höllenfürsten zu verbünden? Aaron hielt die Luft an. Er musste ins Haus, um sich Klarheit zu verschaffen.
Joel hielt ihn am Arm zurück. «Was hast du vor?»
«Ich gehe da rein.»
« Wir gehen da rein, okay?» Joel trat neben ihn.
Gefahr gehörte zu Aarons Leben, doch dieses Mal spürte er sie besonders intensiv. Lautlos überquerten sie den Fabrikhof, nachdem sie sich vergewissert hatten, dass sie niemand beobachtete. Das Haus roch selbst jetzt noch intensiv nach den Parfümstoffen der Seifenprodukte.
Aaron rümpfte die Nase. «Das riecht schlimmer als dein Aftershave, Joel», stichelte er.
Joel zog eine Grimasse. Aaron zuckte zusammen, als das Engelzeichen unerwartet an seinem Hals schmerzte. Er rieb mit der Hand darüber, was es noch verschlimmerte, wie damals, als seine Mutter und seine Stiefgeschwister umgekommen waren. Es war, als würde es ihn warnen. Befand sich unter den Anwesenden die Brut des Mörders?
Nur sein Wunsch nach Vergeltung hatte ihn den Schmerz und die Trauer all die Jahre ertragen lassen. Es würde ihm Genugtuung bereiten, Seraphiel einen Schlag zu versetzen, wenn er seinen Nephilim tötete. Das leise Quietschen der Tür ließ ihn zusammenzucken. Sie lauschten. Nichts regte sich. Joel stieß die Tür weiter auf und sie zogen die Kapuzen über den
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