Aaron: Blutengel Band 2 (German Edition)
einem Auserwählten mit. Sie muss etwas angedeutet haben. Etwas, das du vielleicht nicht auf Anhieb verstanden hast.»
Aaron lehnte sich mit dem Rücken an die Mauer und schloss die Augen. Seine Gedanken reisten zu seinen letzten Begegnungen mit Cynthia. Wenn sie miteinander geredet hatten, dann über Alltägliches.
«Aaron, irgendjemandem muss Cynthia sich doch mitgeteilt haben.» Sein Vater stand nun dicht vor ihm und sah ihn eindringlich an.
«Mir ist weder was Ungewöhnliches aufgefallen, noch weiß ich, mit wem sie sich außerhalb des Ghettos getroffen hat. Nur Jacob, und der ist tot.»
«Jeder Hinweis ist wichtig.»
Noch nie hatte er seinen Vater so besorgt erlebt. Die Bedrohung durch Luzifer bestand seit Anbeginn der Zeit und war nichts Neues. Immer wieder war es den Erzengeln gelungen, diese Gefahr abzuwenden. Doch dieses Mal spürte er, dass es um mehr ging, viel mehr.
«Vielleicht wissen wir morgen mehr.»
Uriels Flügel schlugen durch die Luft. Aaron sah die sterbende Cynthia in seinen Armen. Krampfhaft versuchte er sich an ihre letzten Worte zu erinnern.
«Warte, Vater!» Uriels Flügelbewegungen wurden langsamer. «Ich erinnere mich an ihre letzten Worte: Hüte dich vor dem Sohn des Lichts. Seine Seele ist verdammt. Das hat sie gesagt . »
Uriel riss die Augen weit auf. «Bist du dir sicher?», stieß er hervor
Aaron verspürte ein beklommenes Gefühl. «Ja, absolut. Sie muss Luzifer damit gemeint haben.»
«Nein, nicht Luzifer. Der Sohn des Lichts wird Seraphiel genannt.»
Aaron erstarrte, als er erneut den verhassten Namen hörte. Die Erinnerungen holten ihn schlagartig ein. Er sah sich wieder in das brennende Haus rennen, um sie zu retten. In seiner Verzweiflung hatte er den Kampf gegen den Feuerengel aufnehmen wollen. Doch als unerfahrener Blutengel hatte er nicht die geringste Chance. Nicht einmal der Gedanke, dass sein ärgster Feind in Ketten liegend die Ewigkeit verbringen musste, versöhnte Aaron.
«Cynthia muss Seraphiel in ihren Visionen gesehen haben.»
«Das wäre durchaus möglich.»
Bei der Vorstellung, Cynthia könnte eine erneute Flucht des Feuerengels vorausgesehen haben, zog sich sein Magen zusammen. Er war bereit, den Kampf gegen seinen Erzfeind aufzunehmen.
«Selbst wenn Seraphiel noch einmal den Gewalten entkommen sollte, dann werde ich es sein, der ihn in die Hölle schickt.» Der unbändige Wunsch nach Rache pulsierte durch seine Adern.
«Das wird nicht mehr geschehen. Carmael und sein Chor wissen, was auf dem Spiel steht.»
Die Überzeugung seines Vaters konnte Aaron jedoch nicht teilen. «Das habt ihr damals auch geglaubt, und doch ist es ihm gelungen», entgegnete er.
Uriels Miene verhärtete sich. Aaron rechnete bereits mit einer harten Zurechtweisung, doch dann entspannten sich die Züge seines Vaters wieder. «Damals war damals. Seraphiel hat einen Nephilim gezeugt. Das stimmt mich viel nachdenklicher. Seine Gaben müssen außergewöhnlich sein. Immerhin war seine Mutter die Erleuchtete. Er kann die Seelen der Verbannten erlösen.»
Wenn er seinen Erzfeind nicht vernichten konnte, dann wenigstens dessen Abkömmling, um die Hoffnung des Feuerengels auf eine Erlösung und seine Rückkehr zu zerschlagen. «Ich muss vorhin die Gegenwart des Nephilims gespürt haben. Es muss der Verkünder sein.»
Uriel hob fragend die Brauen. «Bist du dir sicher?»
«Es würde alles passen. Seine Rolle als Anführer der Apokalyptiker. Dass Luzifer plötzlich aufgetaucht ist …»
«Vernichte ihn. Wenn er die Verbannten erlöst, werden sie alle Luzifer folgen.» Aaron nickte. «Du darfst niemandem von den Geschehnissen heute Nacht erzählen, es würde noch mehr Unruhe und Angst stiften. Auch nicht deiner Stiefschwester. Die Nephilim könnten wegen Luzifers Erscheinen in Panik geraten und ihm ihre Seelen verkaufen.»
«Das ist mir bewusst.»
Uriel legte ihm die Hand auf, dann verschwand der Erzengel ebenso schnell und lautlos, wie er gekommen war.
9.
Ein Klopfen weckte Rebecca. Sie blinzelte in die einfallende Sonne. Ihre Beule am Hinterkopf pochte dumpf, und ihr Fuß schien ein schmerzender Klumpen zu sein.
Rosie streckte den Kopf herein. «Gut geschlafen?», fragte sie lächelnd.
«Ja, danke.» Rebecca setzte sich auf.
«Hunger auf Eier und Speck und eine Tasse Kaffee?»
Rebecca konnte nicht widerstehen. «Liebend gern.»
«Die Küche ist unten. Schaffst du das mit deinem Fuß?»
Rosies Fürsorge rührte sie. «Ich denke schon. Hast du vielleicht etwas Eis zum
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