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Ab die Post

Ab die Post

Titel: Ab die Post Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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gehörte zu jener Art von kleinen Läden, deren Inhaber alle seine Kunden namentlich kannte. Es war eine wundervolle Welt, die Welt der Nadeln. Solch ein Hobby konnte einen das ganze Leben beschäftigt halten. Das wusste Feucht, weil er einen Dollar in Nadeln von J. Lanugo Eulenhain investiert hatte, offenbar das Buch über Nadeln. Jeder hatte die eine oder andere Schrulle, dachte Feucht, aber ihm erschienen Leute sonderbar, deren Interesse an Pin-ups, die an die Wand geheftet waren, nicht etwa den Frauen galt, sondern den Nadeln. Einige der Kunden, die sich die Bücher in den Regalen ansahen (Stumpfe Nadeln, Doppelspitzen und andere Fehlstücke; Nadeln aus Überwald und Gennua; Erste Schritte mit Nadeln; Abenteuer in der Akuphilie…) und sehnsüchtige Blicke auf die unter Glas drapierten Nadeln warfen, zeichneten sich durch eine mimische Intensität aus, die Feucht mit Unbehagen erfüllte. Sie wirkten ein wenig wie Stanley. Alle Kunden waren männlichen Geschlechts. Frauen schienen keine natürlichen »Nadler« zu sein.
    Er fand Nur Nadeln im untersten Regal. Die Zeitschrift wirkte schmierig und hausgemacht. Der Druck war klein und dicht, ohne Feinheiten wie Absätze und Zeichensetzung. Das gewöhnliche Komma hatte Stanleys Gesichtsausdruck gesehen und beschlossen, ihn nicht zu stören.
    Als Feucht das kleine Magazin auf den Tresen legte, griff ein großer, bärtiger Mann mit Rastafrisur, einer Nadel in der Nase, dem Bierbauch von drei Männern und der Tätowierung »Tod oder Nadeln« auf dem Bizeps danach, hob es kurz an und ließ es auf den Tresen zurückfallen.
    »Bist du sicher, Herr?«, fragte er. »Wir haben Welt der Nadeln, Neue Nadeln, Praktische Nadeln, Moderne Nadeln, Nadeln Extra, Nadeln International, Sprechende Nadeln, Welt der Nadeln, Weltnadeln, Nadelwelt, Nadeln und Nadlereien…« Feuchts Aufmerksamkeit schwebte davon, kehrte aber rechtzeitig zurück, um zu hören: »… den Akuphiliekurier, Extreme Nadeln, Stifte! – das ist eine Zeitschrift aus Überwald, sehr gut, wenn man ausländische Nadeln sammelt – Beginn mit Nadeln – stellt jede Woche eine neue Nadel vor –, Nadelzeit und…« Der große Mann zwinkerte. »… Seitengassennadeln.«
    »Die ist mir aufgefallen«, sagte Feucht. »Da sind viele Bilder von jungen Frauen in Leder drin.«
    »Ja, Herr. Aber auf den meisten sind auch Nadeln drauf. Bist du ganz sicher, dass du Nur Nadeln willst?«, fügte der große Mann hinzu, als wollte er einem Narren Gelegenheit geben, seine Torheit zu bereuen.
    »Ja«, sagte Feucht. »Stimmt was nicht damit?«
    »O nein. Ganz und gar nicht.« Diddel kratzte sich nachdenklich am Bauch. »Es ist nur… Der Herausgeber ist ein wenig… ein wenig…«
    »Ein wenig was?«, fragte Feucht.
    »Um ganz offen zu sein… Wir glauben, er ist ein wenig seltsam, wenn es um Nadeln geht.«
    Feucht sah sich im Laden um. »Tatsächlich?«, erwiderte er.
     
    Feucht ging in ein nahes Café und blätterte in der Zeitschrift. Eine der Fähigkeiten seines früheren Lebens hatte darin bestanden, sich genug Wissen anzueignen, um wie ein Fachmann zu klingen, zumindest für den Nichtfachmann. Nach einer Weile kehrte er zum Laden zurück.
    Jeder hatte einen Ansatzpunkt. Oft war es Habgier, eine altbewährte Sache. Oder auch Stolz. Das war Grützes Ansatzpunkt. Er wollte unbedingt befördert werden; man sah es in seinen Augen. Wenn man den richtigen Ansatzpunkt gefunden hatte, war alles ein Kinderspiel.
    Was Stanley betraf… Stanley würde keine Probleme machen.
    Der große Diddel sah sich eine Nadel unter dem Mikroskop an, als Feucht erneut den Laden betrat. Die Stoßzeit für Nadelkäufer musste fast vorbei sein, denn er sah nur noch einige Nachzügler, die wie verliebt die Nadeln unter Glas betrachteten oder in Zeitschriften blätterten.
    Feucht näherte sich dem Tresen und hüstelte.
    »Ja, Herr?«, fragte der große Diddel und sah von seiner Arbeit auf. »Wieder da? Es hat dich gepackt, wie? Möchtest du was Bestimmtes?«
    »Ein Päckchen perforiertes Nadelpapier und einen Glücksbeutel für zehn Cent, bitte«, sagte Feucht laut. Die anderen Kunden sahen kurz auf, als Diddel die genannten Dinge aus dem Regal nahm, und senkten den Blick dann wieder.
    Feucht beugte sich vor. »Ich habe mich gefragt, ob du vielleicht etwas hast, das… du weißt schon… schärfer ist?«, flüsterte er.
    Der große Mann wahrte einen neutralen Gesichtsausdruck. »Was meinst du mit schärfer?«, fragte er.
    »Du weißt schon…« Feucht räusperte

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