Ab die Post
sich. »Etwas… Spitzeres.«
Die Türklingel bimmelte, als die letzten Kunden, für diesen Tag von Nadeln übersättigt, den Laden verließen. Diddel sah ihnen nach und richtete seine Aufmerksamkeit dann wieder auf Feucht.
»Bist ein Kenner, wie?«, fragte er und zwinkerte.
»Ein ernster Schüler«, erwiderte Feucht. »Die meisten Sachen hier, nun…«
»Ich rühre keine Nägel an!«, sagte Diddel scharf. »Die haben in meinem Laden nichts zu suchen! Schließlich muss ich an meinen Ruf denken! Manchmal kommen kleine Kinder herein!«
»Keine Sorge, für mich gibt es nur Nadeln, sonst nichts«, sagte Feucht hastig.
»Gut.« Diddel entspannte sich. »Zufälligerweise habe ich das eine oder andere Objekt für den ernsthaften Sammler.« Er nickte zu einem Perlenschnurvorhang hinten im Laden. »Ich kann nicht alles auslegen, wo es auch Kinder sehen könnten, du weißt ja, wie das ist…«
Feucht folgte ihm durch den rasselnden Vorhang in das kleine Hinterzimmer. Diddel sah noch einmal zurück, um sich zu vergewissern, dass sie allein waren. Dann nahm er einen kleinen schwarzen Kasten aus dem Regal und öffnete ihn unter Feuchts Nase.
»So was findet man nicht jeden Tag«, sagte er.
Meine Güte, eine Nadel, dachte Feucht. Aber er sagte laut »Donnerwetter!«, im Tonfall echter Überraschung.
Kurze Zeit später verließ er den Laden und widerstand der Versuchung, den Kragen hochzuschlagen. Das war das Problem mit manchen Arten von Wahnsinn. Sie konnten jederzeit zuschlagen. Immerhin hatte er gerade 70 Ankh-Morpork-Dollar für eine verdammte Nadel ausgegeben!
Er starrte auf die Päckchen in seinen Händen und seufzte. Vorsichtig schob er sie in die Jackentasche, und dabei berührte seine Hand Papier.
Oh, ja. Der M.E.L.K.G.-Brief. Er wollte ihn in die Tasche zurückschieben, als er ein altes Straßenschild bemerkte: Hoher Schlag. Als sein Blick nach unten glitt, sah er über dem ersten Laden in der schmalen Straße das Schild:
Warum den Brief nicht zustellen? Er war schließlich der Postminister. Was konnte es schaden?
Er betrat den Laden. Ein Mann in mittleren Jahren fügte dem Leben einer recht beleibten Frau mit einer großen Einkaufstasche und haarigen Warzen frische Karotten – oder vielleicht frische Karotten – hinzu.
»Herr Antimony Parker?«, fragte Feucht in geschäftigem Tonfall.
»Bin gleich bei dir, Herr, zuers’t…« , begann der Mann.
»Ich muss nur wissen, ob du Antimony Parker bist, das ist alles«, sagte Feucht. Die Frau drehte sich um und starrte den Eindringling an, und Feucht bedachte sie mit einem so gewinnenden Lächeln, dass sie errötete und sich für einen Augenblick wünschte, sich an diesem Tag geschminkt zu haben.
»Das is’t Vater«, sagte der Gemüsehändler. »Er is’t hinten im Garten mit einem schwierigen Kohlkopf beschäftig’t…«
»Dies ist für ihn«, sagte Feucht. »Post.« Er legte den Umschlag auf den Tresen und verließ den Laden rasch.
Ladenbesitzer und Kundin blickten auf den rosaroten Brief.
»M.E.L.K.G.?«, fragte Herr Parker.
»Ooh, das erinnert mich an meine Jugend, Herr Parker«, sagte die Frau. »Damals schrieben wir so etwas auf unsere Briefe, wenn wir uns den Hof machten. Kennst du das nicht? Mit Einem Liebevollen Kuss Geschlossen. Es gab M.E.L.K.G. und L.A.N.C.R.E, und…« Sie senkte die Stimme und lachte leise. »… K.L.A.T.S.C.H. Erinnerst du dich?«
»Das alles is’t an mir vorübergegangen, Frau Gutleib«, erwiderte der Gemüsehändler steif. »Und dafür bin ich dankbar, wenn e’s bedeutet, das’s junge Männer unserem Vater rosarote Briefe mit Melkg d’rauf bringen. Moderne Zeite’n, wie?« Er drehte sich um und hob die Stimme. »Vater!«
Das war eine gute Tat für den Tag, dachte Feucht. Oder zumindest eine gute Tat.
Offenbar war es Herrn Parker auf die eine oder andere Weise gelungen, Söhne zu bekommen. Trotzdem, es war… seltsam, an all die vielen Briefe im Postamt zu denken. Man konnte sie sich als kleine Pakete der Geschichte vorstellen. Man stellte sie zu, und die Geschichte entwickelte sich in einer Richtung. Aber sie schlug eine andere Richtung ein, wenn man sie in die Ritzen zwischen Dielen schob.
Ha. Er schüttelte den Kopf. Als ob irgendeine klitzekleine Entscheidung von jemandem einen großen Unterschied bewirken konnte. Die Geschichte war bestimmt nicht so empfindlich. Schließlich sprang alles wieder zurück. Er glaubte, das einmal irgendwo gelesen zu haben. Wenn es sich nicht so verhielt… dann würde
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