Ab ins Bett!
es viel besser ausdrücken.«
»Stimmt«, sagte Ben. »Diese Passage hier gefällt mir besonders: Le Tissier in der Southhampton-Aufstellung zu sehen ist wie unter hundert Roger Whittakers einen Caruso zu entdecken. Ich glaube, diese Kolumne wird gut einschlagen.«
»Wann bringst du sie?«
»Nächste Woche. Sie hätte schon diese Woche erscheinen können, aber Ruth weigert sich neuerdings, Freitag bis in die Nacht zu arbeiten; bis alles gesetzt ist, dauert es also jetzt viel länger.«
»Sag ihr, sie soll diesem Rabbi den Laufpaß geben.«
»Er ist kein Rabbi. Und es ist sowieso aus zwischen ihnen.«
Hier bin ich also, in meinem Schlafzimmer, und ziehe mich an. Ich streife meinen Morgenmantel ab, und als ich mich bücke, um in meine Boxershorts zu steigen, fange ich mein nacktes Spiegelbild auf. Meine Genitalien baumeln ungerührt an mir herunter, ohne jede Ahnung von dem Drama, für das sie verantwortlich sind. Wie so oft, überkommt mich der Drang, sie abzuschneiden und Schluß - aus.
Der Rest meines Körpers, merke ich, geht den Weg allen Fleischs; drei Furchen graben sich in meine Magengegend. Scheiße. Drei. Bislang waren es nur zwei. Mein Bauch schlägt Wellen. Ich richte mich auf und drücke ihn so weit heraus, wie es geht. Ich sehe schwanger aus. Das Ganze ist jedoch ein geschickter Schachzug, denn wenn ich die Muskeln wieder entspanne, sieht mein Taillenumfang irgendwie akzeptabler aus. Mit dem Fettwerden ist es so: Es beschleicht einen, und von Tag zu Tag gewöhnt man sich mehr daran; das Bild von deinem Körper, das du im Kopf hast, paßt sich dem im Spiegel an, und dir geht’s gut, abgesehen von jenen Momenten der Wahrheit, wenn du dich plötzlich in einem fremden Spiegel erhaschst, in einem Laden oder auf dem Kaminsims eines Freundes. Dann heißt es plötzlich: Wie konnte ich nur so werden? Dabei bin ich keine von Natur aus dicke Person. Ich neige nicht zum Dickwerden. Anstatt also überall gleichmäßig zuzunehmen, kriege ich das Fett in Taschen ab — Sie wissen schon, ein Hängematten-Kinn, einen Bauch wie bei diesen Tonfiguren. Neulich fiel mir doch wirklich auf, daß meine Ellbogen fülliger sind. Diät, sagen Sie. Vielen Dank. Die Sache ist nur die, ich kriege schreckliche Hungerkrämpfe, wenn ich nichts esse. Und wenn ich esse, aber keinen Pudding dahabe, bekomme ich stechende Schmerzen in beiden Kieferhälften. Und ich finde es sehr unfair, daß ich für dieses Leiden auch noch mit Dickwerden bestraft werden soll.
Natürlich, natürlich ist keins der Kleidungsstücke sauber, in denen ich einigermaßen gut aussehe. Ich muß Ewigkeiten in meinem seltsam riechenden Wäschekorb herumwühlen (er stinkt nicht etwa, er strömt lediglich eine fremdartige Geruchsdimension aus, ungefähr wie die dreckige Wäsche eines Zeitreisenden), ehe ich das ausgebeulte schwarze T-Shirt mit dem senkrechten roten Mittelstreifen herausfische, auf das ich in Notfällen immer zurückgreife. Ich ziehe meine schwarzen Jeans an; da ich den obersten Knopf nicht zukriege, lasse ich ihn offenstehen und ziehe das T-Shirt darüber. Ich erwäge sogar, meinen Hut aufzusetzen, dieses kleine spitze grüne Ding mit dem schwarzafrikanischen Band, das ich auf dem Camden Lock-Markt gekauft habe, aber Hüte, Sie wissen schon, die kann man nie so richtig lässig tragen. Nie wirkt es wie: Ach, ich hab mir das grad mal auf den Kopf geknallt, sondern: Alle mal hergucken, was ich da aufhabe. Ein Hut sagt auf eine Weise »Hut« wie eine Hose nie »Hose« sagen würde — während letztere einfach »Hose« sagt, schreit ein Hut HUUUUT — er ist praktisch unser heutiges Äquivalent zum Hosenbeutel des Mittelalters. Außerdem kann ich ihn sowieso nicht finden.
Ein Aufschrei von unten - mir entgeht etwas. Mir entgeht etwas! Ein letzter Blick in den Spiegel - na gut, mein Haar hat beschlossen, irgendein Spätwerk von Henry Moore zu imitieren -, und ich bin im Wohnzimmer.
»Was war los?« frage ich. Alle drei hocken vor dem großen Sofa auf dem Boden und stecken die Köpfe zusammen, wie American Football-Spieler, die ihr nächstes Spiel planen.
»Dina wollte Jezebel streicheln«, sagt Alice ohne aufzusehen, den Blick besorgt auf ihre Schwester gerichtet.
»O Gott. Nein. Lebst du noch?«
Dina guckt mich an. Sie hat ein Gesicht, das nicht so in sich ruht wie das von Alice, und das finde ich verführerisch. Sie ist emotional nicht so stabil, denke ich. Ihre Augen sind ein blasses Blau, wie ein Bergsee, in den man lieber nicht so ohne
Weitere Kostenlose Bücher