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Ab ins Bett!

Ab ins Bett!

Titel: Ab ins Bett! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baddiel
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weiteres hineinspringt. Die Wimpern sind verletzlich lang. Ihre Nase sieht einen ganz leichten Hauch schwammig aus, so als ginge das Nasenbein nicht bis zur Spitze. Ihre Lippen sind nicht ganz symmetrisch: Der obere linke Bereich ist voller als sein Pendant auf der rechten. Und, niederschmetternd für mich: Unter ihren Nasenflügeln, sowie auch zu beiden Seiten ihres Mundes, ist die allerleichteste Andeutung gebleichten Flaums zu sehen. Ihre Wangen sind rund und voll. Von ihrem Haaransatz verläuft eine feine Narbe bis an die rechte Schläfe. Nun, jedenfalls seit sie versucht hat, Jezebel zu streicheln.
    »Ich glaube schon«, sagt sie und betupft die Schramme leicht mit der rechten Hand. »Deine Katze ist doch hoffentlich nicht tollwütig?«
    Ich gucke zu Jezebel hin, die in der Ecke des Wohnzimmers kauert und finster vor sich hinstiert, eigentlich weniger, als hätte sie jemand streicheln wollen, sondern als würde ein Stamm wilder Kelten sie festhalten, während der Häuptling sich über ihren Napf hermacht.
    »Tja... so genau weiß ich das nicht.«
    »Ihrem Charakter nach«, sagt Ben, »würde ich darauf schließen, daß sie die Tollwutphase seit zwei Jahren hinter sich hat und das Stadium der Raserei bevorsteht.«
    Dina erhebt sich aus ihrer Hockstellung, so ruckartig, daß darin ihre Gereiztheit über Bens und Alices Getue zu erkennen ist, macht einen großen Schritt durch den Raum und will sich setzen.
    »Ehmmm... nicht da«, sage ich. »Das Sofa ist viel bequemer.«
    Sie hält mitten im Hinsetzen inne und hebt eine Augenbraue in meine Richtung. Wirklich und wahrhaftig hebt sie die Braue. Mein Gott. Das ist eine fantastische Begabung, wenn einer das kann. Natürlich ist es eine reine Muskelsache, aber eine wirklich klassisch und gekonnt erhobene Braue ist eine bessere Waffe bei jedem Schlagabtausch als hundert bei Oscar Wilde abgeguckte Manierismen. Ich kann es nicht. Ich hab’s vor dem Spiegel geübt, aber es kommt immer als schräges Blinzeln heraus, und der Effekt einer Kreuzung aus Fitz, dem aus Auf alle Fälle Fitz, und dem blinden Labourabgeordneten David Blunkett ist natürlich faktisch gleich null. Die erhobene Braue erhöht Dinas IQ auf der Stelle um fünfzig Punkte.
    »Ehrlich«, sage ich und versuche die schreckliche Vision ihres von enormen, beulenpestartigen Stichen bedeckten Körpers zu verscheuchen. Sie zuckt die Achseln, entfernt sich aber Gott sei Dank von dem Sessel, um sich zu Alice und Ben aufs Sofa zu gesellen. Ich setze mich auf den Boden, natürlich nicht, weil auf dem Sofa kein Platz für mich wäre, sondern weil ich finde, alle so aufgereiht nebeneinander sähe ziemlich lächerlich aus.
    »Also, Dina«, sage ich und falle in den Lernen-wir-uns-ein-bißchen-näher-kennen-Ton, der, wie ich sofort merke, so mega-out klingt wie Peter Frampton über Kurzwelle, »wie war Amerika?«
    O mein Gott, jetzt hebt sie die andere Braue. Sie kann es mit beiden. Das habe ich bisher noch nie gesehen.
    »Gut«, sagt sie. »Es war gut. Es war Amerika.«
    Und es gelingt ihr mit einem Schlag, in diese nichtssagende Bemerkung ein Gewicht, eine unausgesprochene Bedeutung zu legen und sich, Sie wissen schon, mit Geheimnis zu umgeben.
    »Warst du schon mal dort?« fragt sie.
    »Na ja... ich bin da geboren.«
    »Du bist in Amerika geboren?«
    »Ja. Im nördlichen Teil des Staates New York. Einer Stadt namens Troy. Kennst du sie?«
    »Nein. Na ja, ich habe davon gehört, war aber nie da. Wie lange hast du dort gelebt?«
    »Oh... vier Monate. Kurz nach ihrer Heirat gingen unsere Eltern für ein paar Jahre nach Amerika.«
    »Und... wurde Ben auch da geboren?«
    »Jaah«, sagt Ben.
    »Das wußte ich ja überhaupt nicht, Alice.«
    »Da siehst dus, man lernt nie aus«, antwortet Alice.
    Alle schweigen. Dann sagt Dina lebhaft: »Vielleicht ist das der Grund, warum du Schlafstörungen hast.«
    »Huh?«
    »Du hast doch Schlafstörungen, oder?«
    »Jaah...«
    »Um welche Zeit schläfst du normalerweise ein?«
    »Ehmmm. Weißnich. Unterschiedlich. Meistens so gegen fünf.«
    »Na also! Wie weit liegt New York zurück? Wie viele Stunden, meine ich?«
    »Keine Ahnung.«
    »Hey«, ruft Alice aus. »Jaah. Genau. Fünf Stunden.«
    Mir dämmert nichts. »Na und?«
    »Also...«, sagt Dina mit der Begeisterung einer Frau, deren Argumente zumindest ihr selbst einleuchten, »genau so viele Stunden ist deine Körperuhr aus dem Gleichgewicht. Wahrscheinlich war sie ursprünglich, als du ein Baby warst, auf amerikanische Zeit

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