Ab ins Bett!
Barnsley-Fan zu halten.«
Dina guckt gereizt in die Runde, die sie behandelt wie eine Außerirdische. »Na gut«, sagt sie und steht auf, »dann ziehe ich mich eben um, wenn’s so wichtig ist!«
»Nein«, sage ich und strecke eine Hand aus, um sie aufzuhalten, aber es ist zu spät, sie stapft schon los. Die körperlichen Unterschiede zwischen ihr und Alice mögen ziemlich gering sein, dafür sind die psychischen enorm. Was ist bei ihr bloß mit den coolen Genen passiert? Als ich sie das erste Mal sah, wirkte sie nicht so angespannt und empfindlich.
»Stör dich nicht an Dina«, sagt Alice. »Ich weiß, sie wirkt, als wäre sie auf alles sauer. Aber in Wirklichkeit ist sie bloß sauer auf ihren Exfreund.« Dann folgt sie Dina. Ich höre ihre Schritte den Flur entlang zum Gästezimmer gehen. Ich sehe Ben an, der mit mürrischer Miene dasitzt.
»Was ist?«
»Ich habe gestern mit Mum gesprochen.«
Mein Magen flattert so wie sonst immer, wenn ich auf dem Beifahrersitz eines Autos sitze, das mit Hochgeschwindigkeit über Tempo-30-Hubbel saust.
»Na gut. Ich auch.«
»Ich weiß.«
»Wie war sie?«
»Durchgeknallt. «
»Natürlich.«
»Offenbar glaubt sie...« Er macht eine Pause und forscht in meinem Gesicht nach einem Zeichen, daß ich bereits weiß, was jetzt kommt. Aber den schuldbewußten Ausdruck, den er sucht, findet er nicht. Meine Züge rühren sich nicht, »...daß du schon was hast mit Dina.«
»Wie bitte?« sage ich. Archetypisch für meine Mutter, die Lüge auch noch aufzublähen. Sie glaubt sowieso, was sie will. Und läßt natürlich keine Gelegenheit aus, es herauszuposaunen. »Sie muß
mich falsch verstanden haben. Du weißt doch, wie sie ist. Ich hab ihr erzählt, daß ich heute mit Dina ausgehe. Wahrscheinlich hat sie gemeint, ich hätte >heute< im dokumentarischen Sinne benutzt.« »Häh?«
»Na, so wie in diesen ganzen Rückblende- oder Vorblendesendungen im Fernsehen«.
»Sie ist doch nicht blöd.«
»Wie bitte?«
»Ach, leck mich am Arsch, Gabriel«, sagt er, jetzt wirklich ärgerlich. »Warum behandelst du sie wie ein Stück Scheiße? Du läßt ihr ja überhaupt keine Chance.«
»Du bist doch derjenige, der gesagt hat, sie wäre durchgeknallt.«
»Na ja, sie ist verrückt. Aber du auch.« Er runzelt die Stirn. »Jedenfalls sagte sie, du hättest ihr erzählt, du wärst schon mit Dina zum Essen ausgewesen. Daß sie Alices Schwester ist, davon hättest du allerdings kein Wort erwähnt.«
»Mein Gott! Du weißt doch, wie sie mir dauernd zusetzt, daß ich mir eine feste Freundin zulegen soll. Und offenbar redet sie sich jetzt ein, ich hätte schon eine. Und so hat sie es dir dann erzählt. Ich hab’s einfach vergessen, ihr zu sagen, daß Dina Alices Schwester ist.«
Ben stiert mich auf eine Weise an, als versuche er, meine altbekannten Augen ganz neu zu sehen. »Na, mag sein«, räumt er ein. »Jedenfalls hast du dich mit Dina verabredet.«
»Na und?«
»Meinst du nicht...«
»Was?«
»Ich weiß nicht. Daß das alles ein bißchen... inzestuös ist. Du, mein Bruder, der mit der Schwester meiner Frau ficken will?«
»Nein, Ben. Inzest ist, wenn ich, dein Bruder, dich ficken will. Mein Gott, außerdem wollen wir uns bloß die Queens Park Rangers ansehen. Ich hab nicht vor, Dina mitten in der Südkurve oral zu befriedigen. Höchstens, wenn es ein total langweiliges Spiel ist.«
Bens Mundwinkel verziehen sich nicht. »Gabriel. Es ist die Schwester meiner Frau.«
»Ach du grüne Neune!« stöhne ich und drehe mich in die andere Richtung. »Eigentlich hätte jetzt noch kommen müssen: >über die du hier sprichst^ Aber wahrscheinlich merkst du selber, wie pompös dein Gequatsche ist.«
Ben wird rot. Wenn ich richtig loslege, weicht er immer zurück. Ich bin nur theoretisch der jüngere Bruder.
»Sei jedenfalls nett zu ihr«, lenkt er ein, »in letzter Zeit hatte sie’s schwer mit Männern.«
Ich will gerade nachfragen, wie, als Alice und Dina zurückkommen. Dina hat sich ein blaues Samttop mit Reißverschluß und Jeans angezogen.
»Sieht doch einigermaßen nach QPR-Outfit aus, oder? Was Besseres konnte ich jedenfalls nicht finden«, sagt Alice lächelnd. Dina steht da, eine Hand auf die Hüften gestemmt, ein bißchen wie ein Model, sich bewußt, daß sie das Besichtigungsobjekt ist. Sie hebt die linke Augenbraue, aber gleichzeitig lächelt sie. Zum erstenmal seit unserem Telefongespräch gibt sie sich wenigstens ein bißchen freundlich. »Blau ist meine Farbe«, sagt sie
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