Ab ins Bett!
Blick?«
»Das erklärt aber immer noch nicht, warum deine Mum glaubt, wir sind ein Paar.«
»Ach, sie ist einfach versessen darauf, daß ich eine feste Freundin habe. Also habe ich einfach deinen Namen auf ihre gepünktelte Linie gesetzt. Wahrscheinlich weil ich hoffte, dann würde vielleicht was draus. Tut mir leid.«
Dina runzelt die Stirn. »Wann war das?«
Tja, ehe ich dich überhaupt kennenlernte. Weil ich so sicher war, du würdest wie deine Schwester aussehen. »Ein paar Tage, nachdem du hier angekommen warst.«
In der astralen Ferne wird wütend ein ledergebundes Buch zugeknallt. Ich bin so feige. Ich bin so feige.
»Also«, sagt Dina und steht auf, »ich glaube, ich gehe lieber. Für so früh am Abend sind das ein paar Geständnisse zuviel für meinen Geschmack.«
»Dina«, sage ich, »es tut mir wirklich leid.«
»Außerdem«, sagt sie und schnappt sich ihre Handtasche, einen schwarzen, verbeulten 1940er Arztkoffer, dessen Leder so knittrig ist, daß es aussieht wie unentwegtes Stirnrunzeln, »würde es sowieso nicht klappen mit uns. Sei ehrlich. Du bist Bens Bruder. Der Bruder meines Schwagers. Was wollen wir hier abziehen — Die Waltons oder was? Männer!«
Das ärgert mich jetzt.
»Was heißt das? Was heißt Männer? Warum sagen Frauen wie du immer >Männer Als würde das alles erklären! Was habe ich denn getan, was so typisch Mann ist?«
»Daß du nicht über die Konsequenzen von einem Fick nachdenkst.«
Ihre Augen sind das Gegenteil von Nicks Augen neulich: Sie glühen vor Bedeutung, vor Vernunft. Sie dreht sich um und geht auf die Tür zu.
»Das stimmt nicht«, rufe ich ihr hinterher. »Es ist einfach falsch. Ich wünschte, ich könnte mit jeder einfach ins Bett hopsen und mir keine Gedanken drüber machen. Ich wünschte, ich wäre so locker in der Liebe. Ich höre, wie andere Leute - Männer und Frauen - völlig sachlich darüber reden, wie sie dauernd die Partner wechseln, und ich wünschte mir wirklich, ich könnte mitspielen bei diesem Ringelreigen. Aber ich kann nicht. Jedesmal, wenn ich in eine Beziehung einsteige, ist es die Hölle für mich, wieder auszusteigen. Nichts scheint diesen ganzen Schmerz wert zu sein.«
Dina dreht sich um und stellt ihre Tasche auf das Klavier. »Und weshalb bist du dann immer noch Single?«
Weil ich in deine Schwester verliebt bin.
»Weil alle Frauen, auf die ich mich je ernsthaft einließ, Schluß machten, meistens genau zu dem Zeitpunkt, wo ich verzweifelt mit mir rang, wie ich die Sache beenden könnte.«
»Na, dann warst du doch fein raus. Hat dir den Ärger erspart.«
»Nicht wirklich. Sowie sie gingen, wollte ich unbedingt, daß sie blieben.«
Dina guckt mich forschend an, so wie neulich, als sie dem Grüne Flagge-Mann gegenüber meine Lügengeschichte auffliegen lassen wollte, und ich sie anflehte, es nicht zu tun. Ich glaube, sie ist es nicht gewohnt, daß Männer ihre Schwäche offen eingestehen. Sie setzt sich wieder aufs Sofa und greift zu ihrem Glas. »Weißt du, warum ich Amerika verlassen habe?«
»Nein.«
»Wie solltest du auch? Außer Alice weiß es keiner hier.«
Sie macht eine Pause, als überlege sie, ob sie weiterreden soll.
Dann, es irgendwie hinkriegend, daß es echt wirkt und nicht nur wie eine Kopie all der »Jetzt wird gleich ein großes Geheimnis gelüftet«-Szenen, die man im Kino gesehen hat, kippt sie den Rest Wein in ihrem Glas mit einem Schluck runter.
»Ich leitete das Farbgeschoßcamp in einem kleinen Waldgelände am Rande von Queens. Ich arbeitete mit meinem Freund zusammen — einem Typ namens Miles. Miles Traversi. Es war seine Idee, und er fuhr wirklich ab auf das Ganze. Wir fingen... uhmm, im Sommer 1993 damit an. Ich war für die organisatorische und geschäftliche Seite zuständig und Miles für die kreative.«
»Kreative?«
»Ja, er kam auf den Namen - Ausagiercamp. Er gestaltete das Gelände: Baute eine große Holzfestung, Bunker, Verstecke, Baumhäuser — wir hatten sogar einen Schub ausgebrannter alter Ford Zephyrs von einem Schrotthändler besorgt und sie für die Guerillaspiele über das ganze Camp verstreut. Miles dachte sich auch alle Spiele aus - und die Kriege: Guerilla, Schützengraben, Dschungel, Häuserkampf. Und er leitete die Spiele selbst. Er führte eine Gruppe gegen die andere an, und dann, weil er so gut war, wechselte er die Seiten.«
»Warum war er so gut?«
»Er war bei der Marine gewesen. Hatte im Golfkrieg gedient, verließ aber die Armee kurz darauf. Weil es ganz
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