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Ab ins Bett!

Ab ins Bett!

Titel: Ab ins Bett! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baddiel
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den lieben langen Tag in Wettbüros rumhängen, von arbeitsscheuen Freaks... gewalttätigen Typen. Und die Allerschlimmsten, mit denen ich zu tun habe«, er beugt sich wieder über den Tisch, »das sind diese Klugscheißer, die sich zu gut sind für ehrliche Arbeit.«
    »Hab kapiert, John«, sage ich und nicke. »Ist gebongt.« Ich habe das Gefühl, ich spreche seine Sprache. »Und warum schmeißen Sie den Job dann nicht?«
    »Hinschmeißen?«
    »Als Kind — was war da Ihr Traumberuf?«
    Er zwinkert mich an, faßt an den Parker in seiner Brusttasche, läßt ihn aber da. Ich glaube - ja, das glaube ich wirklich -, was ihn aus der Fassung bringt, war nicht das Wort »Traumberuf«, sondern »Kind«. Vielleicht war er nie eins. Vielleicht ist er voll ausgewachsen, mit Burton-Anzug, Vogelnest-Nasenlöchern und allem Drum und Dran seinem Vater, Mr. Hillman, von der gefurchten Stirn gesprungen.
    »Astronaut«, sagt er. »Ich wollte Astronaut werden.«
    Nie im Leben. Das hat er erfunden. Davon hat der nicht geträumt, aber er weiß, daß Kinder solche Sachen sagen und sich vorstellen, ein Raumschiff wird nach ihnen benannt.
    »Aber im Gegensatz zu manchen Leuten«, sagt Mr. Hillman und in seinen fahlen grauen Augen flackert es plötzlich auf, denn er erkennt seine Chance, eine Pointe zu landen, »wurde ich erwachsen. Ich sah ein, daß das unrealistisch ist. Also kam ich auf den Teppich - und suchte mir eine Arbeit. Sie mag mir nicht immer gefallen, aber wissen Sie, wir können schließlich nicht alle Astronauten sein.«
    Das stimmt, wir können nicht alle Astronauten sein. Wer würde dann an den Kontrollschirmen sitzen?
    »Die Sache ist nur die, John«, sage ich, »und was ich jetzt sage, klingt vielleicht unreif in Ihren Ohren — vielleicht wie, wir können alle Astronauten sein -, ich finde halt nicht, daß die Menschen den größten Teil ihres Lebens damit zubringen sollten, etwas zu tun, was ihnen nicht gefällt. Ich finde...«, ich nehme ein Blatt aus Mr. Hillmans Mappe, beuge mich weit zu ihm hinüber und sehe ihm tief in die Augen, »das ist Mißachtung von Gottes Geschenk an uns. Das Geschenk des Lebens.«
    Ich fixiere ihn weiter mit meinem stierenden Blick, und Mr. Hillman seufzt hörbar auf. Aha, denkt er jetzt, noch ein Durchgeknallter. Ich weiß, daß ich mich wie einer anhören kann, wenn ich will. Daß Nick verrückt geworden ist, hat auch seine Vorteile. Die Tatsache, daß ich tief in meiner Sekundanerseele wirklich an die Ansprache glaube, die ich gerade gehalten habe, ist hier nebensächlich: Ich habe meine Rede so frisiert, daß sie klingen muß, als würde ich als nächstes auf seinen Resolpalschreibtisch steigen und Jerusalem singen. Er will mich hier raus haben.
    »Aber die andere Sache, Mr. Jacoby, ist die«, sagt Mr. Hillman und beugt sich so weit vor, daß sich unsere Nasen fast berühren, »auch wenn Sie’s hier drauf anlegen, den Verrückten zu mimen, so wird mich das nicht daran hindern, mit Ihnen genauso zu verfahren wie mit allen unseren Unterstützungsempfängern, die in die Langzeitarbeitslosen-Kategorie fallen.« Er lehnt sich zurück und schiebt mir das DIN A4-Blatt über den Tisch zu. »Entweder nehmen Sie einen dieser Jobs an, oder Sie besorgen sich selbst innerhalb der nächsten vier Wochen eine Arbeit, oder ich beantrage, daß Ihnen die Unterstützung gestrichen wird. Guten Tag.«
    Scheiße. Wieder geschlagen. Macht der Kerl seine Drohung wahr, steht mir wohl wirklich auf irgendeine Art die Wiedereingliederung in den Arbeitsprozeß bevor. Wenn ich doch wenigstens ein paar Dinge in meinem Leben umpolen und den Druck, in die Gänge zu kommen, auf mein Auto übertragen könnte! Na, vielleicht sollte ich doch anfangen, diese Kolumne schreiben.

13

    Es ist drei Uhr morgens. Jaja, ich weiß, inzwischen sind Sie daran gewöhnt, daß es diese Zeit ist. Aber ich bin nicht in meinem tiefblauen Bett und starre an die Decke. Ich bin auch nicht im Wohnzimmer und starre auf den Bildschirm. Ich bin in der Notaufnahme vom Royal Free-Hospital und starre eine übermüdete Schwester an, die mir zum vierten Mal sagt, ich müßte mich schon noch gedulden, bis die Ärzte Zeit hätten. Dann könnten wir mit ihnen sprechen.
    Früher am Abend waren Dina und ich gerade im Frühstadium unseres ersten Wiedersehens nach unserer ersten Paarung. Wieder trafen wir uns in meiner Wohnung, wahrscheinlich weil wir beide keine Lust hatten, uns dem gleißenden Licht, das Bens und Alices Gegenwart auf das Auf und Ab

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