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Ab ins Bett!

Ab ins Bett!

Titel: Ab ins Bett! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baddiel
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Mutter.
    »Warum sollte sie?« fragt Simon.
    »Sie ist meine Schwester«, sagt Alice leicht verlegen, bemüht, die tausend Fantasien, die das schürt, herunterzuspielen.
    »Oooooooooooh!« macht Simon, womit er seiner Fassade keinen Gefallen tut. »Gabriel!« sagt er dann und legt sich die flache Hand an die Backe. »Worauf bist du denn aus?«
    Gar keine schlechte Frage, offengesagt. Als Alice sich vorbeugt, um mir eine Tasse Tee zu reichen, kommt sie mit dem Gesicht so nah an meins heran, daß wir beide unbemerkt eine Grimasse ziehen können und für diesen flüchtigen Moment eine Solidargemeinschaft sind.
    »Dina und ich... wir sind bloß ein paarmal zusammen ausgegangen, mehr nicht«, antworte ich. »Wir lassen es langsam angehen.«
    »Will ich doch hoffen dieser Tage und dieser Zeit!« Simons Augen nicken meiner Mutter wissend zu, vielleicht hat er vergessen, wer sie ist.
    »Tja, also...«
    »Sieht sie dir denn ähnlich?« fragt er Alice. Mit dem sicheren Instinkt Homosexueller für Polymorphperverses in der Luft, wittert er Skandal und all die potentiell pikanten Aspekte meines Interesses an Dina.
    »Ich weiß es ehrlich gesagt nicht«, sagt Alice. »Aber die Leute behaupten, wir sehen uns ähnlich.«
    »Was findest du, Gabriel?« sagt Simon mit besonderer Betonung. Noch ein Überbetoner, mit dem man fertig werden muß, allerdings einer vom entgegengesetzten Typ: Während Fran und
    Nick die Worte traktieren, um ungeheure, unausgesprochene Tiefen zu suggerieren, versucht Simon an der Oberfläche Funken aus ihnen zu schlagen, damit jeder merkt, wie ernst es ihm mit seiner Oberflächlichkeit ist. *
    »Ein bißchen«, sage ich nach sorgfältig abgewogenem Zögern. »Dina hat die Haare blond gefärbt und ist ein bißchen runder. Und ein paar Zentimeter größer, glaube ich.«
    Ich glaube, besser konnte ich mich nicht aus der Affäre ziehen. Hätte ich gesagt, daß Dinas Nase vier bis fünf Millimeter länger ist, ihre Mundwinkel um sechs Grad mehr nach unten geneigt, der Abstand zwischen ihren Augen vielleicht vier Prozent kleiner, ihr Kinn näher an ihrer Unterlippe - ich habe deine Brüste nie gesehen, Alice, aber ich schätze, Dinas sind mindestens ein Körbchen kleiner, und, tut mir leid, ich werde schon meinen nackten Körper an deinen pressen müssen, um etwas über den genauen Unterschied eurer Hautbeschaffenheit aussagen zu können —, hätte ich mich in der Richtung geäußert, dann wäre daraus wohl ein alarmierender Grad von Know-how über das Thema ersichtlich geworden.
    »Eigentlich nicht«, sagt Alice. »Ich glaube, du hast diese lächerlichen Plateausohlen, die sie trägt, außer acht gelassen.«
    Habe ich natürlich nicht: Das war ein absichtlicher Fehler. Mitten auf ihrem Weg zu meinem Mund halte ich die Teetasse an, schließe die Augen, schüttele erst den Kopf und nicke dann lächelnd, ehe ich die Tasse an meine Lippen setze. Brrrhh. Die Fadheit des Getränks beweist mir, daß Alice, wie üblich, vergessen hat, Zucker hineinzutun. Dieses erneute Beispiel ihrer hartnäckigen Weigerung, sich daran zu erinnern, daß ich Kaffee zwar ohne, Tee dagegen mit trinke, zerstört mir die ganze Freude an unserer frischgewonnenen, heimlichen Intimität und erinnert mich, wie so oft, daran, daß dies zu den winzigen Lifestyle-Details gehört, über die sie genau Bescheid wüßte, wären wir ein Liebespaar. Weniger ist mehr: Ich würde ihre ganze neu erworbene Kenntnis über mein schreckliches Leid mit Nick dafür hingeben, wenn sie sich erinnerte, daß ich Kaffee ohne, Tee mit trinke.
    »Sie hat Schuhe mit Plateausohlen?« sagt meine Muttter lachend. »Die habe ich vor zwanzig Jahren getragen.«
    Meine Mutter ist mit grüner Skihose und rotem Sweatshirt mit darauf gestickter Hindenburg bekleidet. Wenn sie zwanzig sagt, meint sie eher elf - bis in die frühen Achtziger kleidete sich meine Mutter unbeirrt, als spiele sie in einem Pornofilm mit. (Ich meine Pornofilme im klassischen Sinne, also Männer mit Moustache, Frauen in straßbesetzten Abendkleidern, Hawaiigitarren, lange Samtvorhänge, Sex in Saunen und Wäldern — nicht die Sorte Zeug, die ich mir zulege). Ich glaube, erst vor zwei Jahren sortierte sie das meiste von ihren glitzernden Lurexhosenanzügen und buntgemusterten Hüfthosen aus, genau da, als sie - wer weiß, vielleicht weil meine Mutter sich davon verabschiedete - wieder wie wild in Mode kamen.
    »Alice?« sage ich. »Kannst du mir den Zucker reichen?«
    »Oh, Plateausohlen sind im Augenblick

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