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Ab ins Bett!

Ab ins Bett!

Titel: Ab ins Bett! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baddiel
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einem Schlafzimmer, ein Kabriolett in einer endlosen amerikanischen Wüste.
    »Der Schnellauf ist total verzerrt«, sagt Alice. Wegen meiner üblichen Fernsehweise fällt mir das wahrscheinlich gar nicht mehr auf. Dina hantiert an den Fernbedienungen; das Bild schaltet auf die Spätnachrichten und eine Satellitenaufnahme von London. Der kosmische Kameramann kann uns vor Sturmwolken nicht sehen.
    Ich gucke Ben an, der sich wieder auf den Boden gesetzt hat. Seinem roten Gesicht nach hat er sich nur mit Mühe wieder gefaßt. Alice streichelt ihm ziemlich hektisch den Nacken. Völlig stumpf gegen die Spannung in der Luft, schätzt Dina, daß das Band weit genug schnellvorgelaufen ist, und haut auf PLAY. In der halben Sekunde, ehe der Film sich einklinkt, wird mein Hirn wieder von diesen Bildern überschwemmt, wie ich, durch und durch infantilisiert, losheule wie ein Kind und unter Tränenströmen alles beichte — alles. Denn ich weiß schließlich, wenn ich erst mal zu weinen anfange, kann ich für nichts mehr garantieren; dabei war es noch nie so nötig wie im Augenblick, daß ich auf der Hut bin.
    »Also«, sagt Fran, als sie durch die Tür kommt, »er schläft wirklich ganz tief. Und ich hätte schon Lust, mir einen Film anzusehen.« Sie hockt sich auf die Sofalehne. »Welchen guckt ihr denn?« Jazzige Filmmusik ertönt, und wir sehen alle auf den Schirm.
    Wegen Dinas Über-Schnellauf haben wir die erste Minute oder so verpaßt. Auf einer schwarzen Leinwand die weißen Worte: Gott, ist sie schön... Dann ein Schnitt zu Barbara Hershey, die in einem Türrahmen steht. Ich sinke in die Sofapolster und lasse meinen kritischen Verstand sausen, so wie man es machen muß, wenn man weinen will. Eine Stimme, von der ich sicher bin, daß ich sie kenne, spricht aus dem Off, als Barbara Hershey durch einen überfüllten Raum mit Partygästen geht. »Gott ist sie schön. Sie hat die schönsten Augen. Sie sieht so sexy und süß aus. Ich möchte mit ihr allein sein, sie umarmen und küssen, ihr sagen, wie sehr ich sie liebe. «
    Die Off-Stimme pausiert einen winzigen Moment, und das leichte, nagende Déjà-vu-Gefühl, das ich hatte, seit das erste Bild über den Schirm flackerte, verwandelt sich in rasende Panik.
    »Hör auf damit, du Idiot«, sagt die Off-Stimme, Michael Caine natürlich. »Sie ist die Schwester deiner Frau. «
    »Aber das ist doch...?« sagt Alice und dreht sich verdutzt, aber kein bißchen alarmiert zu mir um. Lassen Sie mich den Satz für sie beenden: Aber das ist doch ein Film über Männer, Liebe und Schwägerinnen? Ist das nicht der peinlichste Film, den wir vier uns zusammen angucken könnten? Ist das nicht Hannah und ihre verdammten Schwestern?
    »Ach du Scheiße«, sagt Dina. »Dieser verschlafene Trottel im Videoladen.«
    Ich sehe einen Ausweg. »Also, den kenne ich schon«, sage ich.
    »Ich auch«, sagt Ben schnell.
    »Ja, ich auch«, sagt Alice.
    »Und ich auch«, sagt Dina.
    »Aber ich nicht«, sagt Fran mit dem zu erwartenden Takt der Möchtegernsensiblen. An diesem Punkt wird mein mörderischer Haß auf sie gerade noch rechtzeitig durch rachelüsterne Aussichten abgebremst: Ich sehe, wie sie von der Sofalehne gleitet und es sich in den Polstern des dazu passenden Sessels bequem macht. Die Filmgeschichte, mit ihren hundert Bezugsspunkten, beginnt. Plötzlich wird mir heiß wie in einer Sauna. Schöpflöffelweise, wie Wasser auf die glühenden Kohlen, ergießt der Fernseher den Film in den Raum. On the white horses, snowy white horses, let me ride. Away.
    Dann, plötzlich, wackelt der Film, so als würde Manhattan Island selbst von irgendeiner unerklärlichen Explosion erschüttert. Eine Sekunde später ist der Farbfilm einer in Schwarzweiß, und ein fahler Schleier schwebt über die Bilder wie ein Poltergeist, verkrümmt und verbiegt sie so, daß Woody und Mia und Michael aussehen wie in einem Rummelplatzzerrspiegel, und als nächstes kommt auch der Ton ins Schlittern. Vielleicht hat der immer noch verdutzte Rekorder beschlossen, uns eine Pornoversion von Hannah und ihre Schwestern zu servieren. Dann fällt Videoschnee, bedeckt den Schirm allmählich von unten nach oben, ganz so wie echter; und plötzlich ist das Bild ganz weg. Ein Kommentator spricht über Bosnien, und die Kassette kommt mit einem leisen Surren aus dem Schlitz, was in völligem Widerspruch zu der heftigen allergischen Reaktion steht, zu der es, zumindest den visuellen Symptomen nach, im Rekorderinnern gekommen sein muß.
    »Er hat

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