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Ab ins Bett!

Ab ins Bett!

Titel: Ab ins Bett! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baddiel
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geschehen mag. Wenn ich mich erst mal verflüssigt habe, kann ich nicht mehr dafür garantieren, wohin ich mich ergieße.
    »Auf so was steh ich«, sagt Alice und zieht ihren Pullover über die Knie. »Ich hab seit Ewigkeiten keinen richtig schönen Kitschfilm mehr gesehen.«
    Eine Welle von Widerwillen erfaßt mich; gleich, was Dina vielleicht denkt, ich hasse diese gekünstelte Liebe zum Kitsch, diesen ganzen »Es ist so schlecht, daß es schon wieder gut ist«-Scheiß. Es ist ein sehr merkwürdiges Gefühl, wenn Alice etwas sagt, worüber ich mich ärgere. Womöglich meinen Sie ja, ich könnte bei ihr nachsichtiger sein als bei anderen, weil... na, Sie wissen ja, warum. Aber das bin ich nicht, im Gegenteil, ich steigere mich in meinem Groll, wälze den Stein des Anstoßes endlos im meinem Kopf, vielleicht in der Hoffnung, daß ich dann plötzlich aufhöre, in sie verliebt zu sein, und meine Seele ihren flaumigen Frieden findet.
    »Ach, sei doch nicht so verdammt postmodern, Alice«, sagt Dina, nimmt die Kassette und schiebt sie in den rechteckigen Schlund des Mitsubishi. »Entweder ist etwas gut oder es ist Kitsch.«
    Die Kassette stülpt sich wieder aus dem Rekorder wie langsam Ausgekotztes. Vielleicht will er uns was sagen. Vielleicht ist er auch einfach verdattert — »Moment mal, das hier ist aber kein Porno!«
    »Der Wein ist fantastisch, Ben«, sagt Alice, um von der Aggression ihrer Schwester abzulenken. Ich trinke einen Schluck. Er ist wirklich gut.
    Dina haut die Kassette förmlich wieder in den Schlitz, und der Rekorder beschließt, sie diesmal lieber zu schlucken.
    »Wollen wir... wie hieß sie noch mal... rufen?« sagt Ben.
    »Wen?« frage ich.
    »Nicks Freundin. Ich finde, wir sollten sie fragen, ob sie mitgucken will.«
    »Fran?«
    »Ehmmm... also ich hab keine Lust, mir den ganzen Abend verderben zu lassen«, sagt Dina und sinkt neben mir aufs Sofa, drückt auf die Schnellauftaste der Videofernbedienung und auf »5« vom Fernseher: Der Schirm erflackert zu Leben. Rasende Silberlinien, eine Explosion, eine Flußjagd, ein Kuß, die Worte »KEIN PARDON!«: die übliche Szenerie der Filmvoranzeigen. Dina schwingt die Beine aufs Sofa und legt ihren Kopf auf meinen Schoß, aber ich habe das Gefühl, daß diese demonstrative Zurschaustellung von Zuneigung mehr auf Ben und Alice zielt als auf mich.
    »Also, so schlimm ist sie nun auch wieder nicht, oder?« sagt Alice. Dina hebt ihre Braue in meine Richtung, ich antworte ihr, so gut ich kann; wieder sonnen wir uns in unserem Wissensvorsprung. Alice guckt Ben an. »Sie meint es doch nur gut, findest du nicht?«
    Ben stülpt die Unterlippe vor. »Jaah, scheint so.«
    »Mussolini meinte es wahrscheinlich auch gut«, sage ich.
    »Ist sie...« Alice bricht ab und wirft Ben einen unsicheren Blick zu, »...jüdisch?«
    Dina lacht schallend. »Sag mal, bist du blind? Welche anderen Gene könnten wohl sone Nase hervorbringen.«
    »Dina...«, sage ich ein bißchen beklommen.
    »Ihre Züge sind doch bis zur Verzerrung jüdisch«, macht sie unbeirrt weiter. Jetzt gucke auch ich Ben an, den Beschützer des Glaubens. Offengesagt hat Dina Frans Gesicht ziemlich genau beschrieben, aber sogar ich finde, sie ist ein bißchen zu weit gegangen. Ich merke, wie ich den Atem anhalte, als Ben, Alices Schulter als Hebelkraft benutzend, schweigend aufsteht und zur Tür stapft.
    »Gehst du schon?« sage ich, verzweifelt bemüht, die Stimmung zu lockern.
    »Fran?« ruft er laut von der Wohnzimmertür aus. »Fran!« Ich höre ein Klicken, dann das leise Knarren von Nicks Schlafzimmertür. Eine kurze Pause. Aha, sie guckt ihn bedeutungsvoll an.
    »Ja?« höre ich Fran dann wie die in ihren Pflichten gestörte Florence Nightingale sagen.
    »Möchtest du nicht rüberkommen und mit uns ein Video gucken? Nick schläft ja wahrscheinlich sowieso.«
    Auf einem Windstoß von Erleichterung strömt die Luft aus meinen Lungen. Eine Sekunde dachte ich schon, er wollte sie herbitten und Dina auffordern, sich zu wiederholen. Mittlerweile habe ich so ein Gefühl, daß sich Frans Augen mit Tränen füllen.
    »Vielen Dank«, sagt sie bebend. »Wirklich. Aber ich glaube, ich sollte lieber bei ihm bleiben.«
    »Na gut.« Ben schließt die Wohnzimmertür. Ich bin mir sicher, Fran steht jetzt davor und ist eingeschnappt, daß er sie nicht überredet hat.
    »Um Himmelswillen«, sagt Dina, »wie viele Voranzeigen kommen bloß noch?«
    Ich gucke auf den Schirm: eine Vergewaltigung, Brad Pitt und Geena Davis in

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