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Ab jetzt ist Ruhe

Ab jetzt ist Ruhe

Titel: Ab jetzt ist Ruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Brasch
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noch verwandter denn je. Doch jetzt war mein Mut wie weggeblasen, und ich wünschte mir, dieses Gespräch würde nicht stattfinden.
    »Es tut mir leid, Papa.«
    »Was tut dir leid?«
    »Dass ich dich enttäuscht habe.«
    »Du hast Angst vor mir, und das ist meine Schuld.«
    »Ich habe keine Angst vor dir. Und das mit der Partei habe ich nicht so gemeint.«
    »Der Kaffee wird kalt«, sagte er monoton. »Willst du Kaffee?«
    »Ja.«
    Er füllte unsere Tassen und bot mir eine Zigarette an. Ich nahm sie, er gab mir Feuer, und wir rauchten schweigend.
    »Ist es denn so schlimm, in der Partei zu sein?«, fragte er mich schließlich.
    »Schlimm nicht, aber Spaß macht es auch nicht gerade.«
    »Das ist ja auch nicht Sinn der Sache.«
    Schade eigentlich, wollte ich sagen, doch ich verkniff es mir. »Ich weiß«, sagte ich stattdessen kleinlaut und hoffte, dass mein Vater es dabei bewenden ließ. Er tat mir den Gefallen und wechselte das Thema.
    »Was hältst du davon, wenn wir im Sommer zusammen in den Urlaub fahren?«
    Auch das noch.
    »Da will ich mit einer Freundin schon an die Ostsee.«
    »Ach so. Na dann.«
    »Aber wir können ja vielleicht mal am Wochenende …«
    »Lass gut sein«, unterbrach er mich. »Ich habe schon verstanden.«
    Na toll, dachte ich. Er tut sich leid, und ich habe ein schlechtes Gewissen.
    »Dann komme ich dich am nächsten Wochenende wieder besuchen, ja?«
    »Gut«, sagte er. »Hast du heute noch was vor, oder bleibst du zum Abendbrot?«
    Ich blieb, wir aßen, sahen fern und redeten nicht mehr viel an diesem Abend.
    »Ich werde mich darum kümmern, dass du ein Telefon bekommst«, sagte mein Vater, als er mich zur Tür brachte. Mir war unwohl. Einerseits freute ich mich, da man für gewöhnlich jahrelang warten musste, bis man ein Telefon bekam. Andererseits würde ich für meinen Vater dann Tag und Nacht erreichbar sein und könnte nicht mehr kaputte Telefonzellen dafür verantwortlich machen, dass ich mich so selten meldete.
    »Du findest doch Leute blöd, die ihre Privilegien missbrauchen, Papa. Ist das nicht dasselbe?«
    »Nein. Das ist etwas anderes. Und zerbrich dir nicht meinen Kopf.«
    Ich beschloss, die Vorteile eines Telefons interessanter zu finden als die Nachteile, und zerbrach mir nicht mehr seinen Kopf.
     
    Das Jahr ging zu Ende, ich verbrachte das Weihnachtsfest mit meinem Vater, Silvester mit meinen Freunden, und im März bekam ich ein Telefon. Ich ging zur Telefonzelle in meiner Straße, warf eine 20 -Pfennig-Münze ein und wählte meine Nummer. Der Ton in der Leitung klang ganz normal, doch das hier war mein Ton meines Telefons in meiner Wohnung. Ich legte den Hörer neben den Apparat und rannte nach Hause. Als ich ankam, klingelte es nicht mehr. Ich wählte die Nummer meines jüngsten Bruders.
    »Der Alte hat dir ein Telefon besorgt? Das hätte er für mich nie getan.«
    »Ich bin ja auch immer lieb. Kommst du zu meinem Geburtstag?«
    »Du wirst zwanzig, oder?«
    »Ja.«
    »Dann kriegst du Kohle von ihm.«
    »Ich weiß. Hat er mir schon gesagt. Die Lebensversicherung. Kommst du nun?«
    »Klar komme ich.«
    An meinem Geburtstag lud mich mein Vater zum Essen ein und überreichte mir feierlich die Versicherungspolice. Siebentausendzweihundert Mark, unfassbar viel Geld.
    »Ich hoffe, du lässt dich nicht dazu verführen, das Geld aus dem Fenster zu werfen.«
    Ich hatte keine Ahnung, was er damit meinte. Es gab hier nicht allzu viel, wofür ich Geld aus dem Fenster hätte werfen wollen. Jedenfalls nicht dieses Geld. Außerdem verdiente ich ganz gut. Ich bedankte mich und fuhr zur Spätschicht.
    »Zwanzig Jahre«, sagte der Meister. »Da haben wir uns aber ein Fläschchen verdient, was?«
    Ich kaufte in der Kantine eine Flasche Wodka und stieß mit den Männern an.
    »Auf die Jugend!«, polterte der Bullige.
    »Wenn ich noch mal so jung wäre, würde ich hier in den Sack hauen«, grübelte der Bärtige.
    »Sie wird auch nicht mehr lange bleiben«, prophezeite der Meister.
    Am Wochenende feierte ich. Ich hängte einen Zettel an die Haustür, auf dem ich die Nachbarn in meinem Haus um Nachsicht bat, wenn es an diesem Abend vielleicht etwas lauter würde. Obwohl ich erst um zwei von der Spätschicht gekommen war, stand ich früh auf, heizte die Öfen, räumte die Wohnung auf, ging einkaufen, schleppte Getränkekästen, machte Buletten und Kartoffelsalat, stellte Brot, Wurst, Käse und Kuchen auf den Küchentisch, und als ich fertig war, dämmerte es noch nicht einmal. Es war erst halb

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