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Ab jetzt ist Ruhe

Ab jetzt ist Ruhe

Titel: Ab jetzt ist Ruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Brasch
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fünf, die ersten Gäste würden nicht vor acht kommen. Ich war erschöpft und aufgeregt, und als ich mich gerade auf die Couch legen wollte, um mich auszuruhen, klingelte das Telefon. Katja.
    »Hast du was dagegen, wenn ich ein paar Freunde mitbringe?«
    »Wie viele denn?«
    »Weiß nicht, fünf oder sechs oder so.«
    »Klar. Aber sag ihnen, sie sollen was zu trinken mitbringen.«
    »Ok, mach ich.«
    Ich legte mich hin und versuchte, etwas zu schlafen. Es ging nicht, also machte ich den kleinen Kofferfernseher an, den ich mir gerade vom Geld meines Vaters gekauft hatte. Im Westen berichteten sie von einer Frau, die in einen Gerichtssaal gestürmt war und dort den Mörder ihrer Tochter erschossen hatte, und im Osten lief ein Fußballspiel. Ich ließ es laufen und döste ein, bis es an der Tür klingelte. Die dicke Hinrich.
    »Ab zweiundzwanzig Uhr hat hier Ruhe zu sein!«, keifte der böse dünne Vogel aus dem unübersichtlichen Gebirge ihres Körpers. »Ich rufe die Polizei, wenn es zu laut wird.«
    »Na klar, Frau Hinrich«, erwiderte ich, »aber rufen Sie nicht zu laut, sonst erschrecken Sie noch die Nachbarn.« Ich machte die Tür vor ihrer Nase zu. »Unverschämtheit!«, hörte ich sie blaffen.
    Inzwischen war es sechs. Ich duschte, zog mich an und setzte mich wieder vor die Glotze. Die Nachrichten im Osten warnten vor einer drohenden Konterrevolution in Polen, und im Westen gewann gerade Borussia Dortmund gegen Bayer Leverkusen. Die Leute im Stadion tobten, doch meine Minuten tröpfelten zäh vor sich hin. Irgendwann klingelte es, Stefan stand vor der Tür. Ich hatte ihn noch nie in Uniform gesehen und musste mir ein Lachen verkneifen.
    »Jaja, ich weiß«, seufzte er. »Ich hab nur Ausgang, aber wenn du mich reinlässt, ziehe ich mein Menschenkostüm an, versprochen.«
    Er zog sich um, wir setzten uns in die Küche, und ich machte ihm ein Bier auf.
    »Was machst du da eigentlich bei der Armee?«
    »Kompanieschreiber«, sagte Stefan und nahm einen großen Schluck. »Langweilig und harmlos, entspricht also voll und ganz meiner Persönlichkeit.« Er rülpste laut.
    »Was schreibst du denn da den ganzen Tag?«
    »Ach, Bürokrempel eben. Essen bestellen, Waffen bestellen – was so anliegt. Und du so?«
    »Ich bin Teil der Arbeiterklasse und ein wertvolles Mitglied unserer sozialistischen Gesellschaft.«
    »Respekt«, Stefan grinste. »Aber ich hab auch nichts anderes von dir erwartet.«
    Ich goss mir ein Glas Wein ein, wir tranken, rauchten und erzählten uns alte Geschichten. Wie alte Leute, dachte ich.
    Es wurde dunkel, und meine Gäste kamen. Oder besser: Katjas Gäste. Sie hatte mein Angebot, ein paar Leute mitzubringen, sehr großzügig gedeutet, und schon bald hatte ich in dem Gewühl Mühe, meine eigenen Freunde wiederzufinden.
    »Wer sind die alle?«, fragte der schüchterne Uli.
    »Ich habe keine Ahnung.«
    »Es sind viel zu wenig Frauen hier«, beschwerte sich der dicke Wanja. »Du darfst nie zu wenig Frauen einladen, das verdirbt die Stimmung.«
    »Du bist doch schon mit schlechter Laune hergekommen«, wandte ich ein. »Was ist denn los?«
    »Ach, frag nicht«, der dicke Wanja winkte traurig ab. »Weiber eben.«
    »Wem sagst du das«, mischte sich mein jüngster Bruder ein. Es war inzwischen so voll, dass ich gar nicht bemerkt hatte, wann er gekommen war. »Frauen sind komische Vögel. Ich werde ihnen mein nächstes unveröffentlichtes Gedicht widmen. Wo steht das Bier, Schwesterchen?«
    »Auf dem Balkon.«
    Ich ging in die Küche, wo Katja umringt war von Leuten. Sie leuchtete, sie war das Zentrum, das war schon immer so. Wo sie auftauchte, war das Leben, neben ihr verblasste ich. Das hier war ihr Fest, und ich war nur Gast. Sie konnte nichts dafür, so war sie eben. Doch ich war eifersüchtig.
    »Weißt du, wo das Bier steht?« Neben mir stand ein blasser Typ mit rotblonden Haaren und einer bemerkenswert großen Nase.
    »Auf dem Balkon.«
    »Danke«, sagte er. »Und wer bist du?«
    »Ich wohne hier.«
    »Ach, dann bist du die Freundin von Katja?«
    »Genau.«
    »Sie sagte, du kannst singen und Gitarre spielen.«
    »Geht so.«
    »Ich bin Gitarrist in einer Band, und unsere Sängerin hat aufgehört, weil sie schwanger ist. Hast du Lust?«
    »Was macht ihr denn für Musik?«
    »Wir spielen nach. Folk und so. Wenn du willst, gebe ich dir eine Kassette, hab eine dabei.« Ohne eine Antwort abzuwarten, zog er die Kassette aus der Jacke und gab sie mir. »Steht meine Telefonnummer hinten drauf, wenn’s dir

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