Abaddons Tor: Roman (German Edition)
erteilen, aber dann musst du dich den Konsequenzen stellen. Alle werden erfahren, dass der Erder dir erklärt hat, was geschehen würde. Pa kniff die Augen zusammen und wandte den Blick ab.
»Danke, Mister Baca«, sagte Ashford. »Sie können gehen.«
Bull salutierte, drehte sich um und stieß sich ab, um zum Aufzug zu schweben. Hinter ihm setzten die Gespräche auf der Brücke wieder ein, allerdings erheblich leiser als zuvor. Wahrscheinlich würde Ashford sie alle, sobald Bull die Brücke verlassen hatte, nur deshalb zur Schnecke machen, weil sie anwesend gewesen waren, als er sich blamiert hatte. Es war kaum anzunehmen, dass sie irgendjemanden zu dem Ding da drüben schicken konnten, zu dem Kern oder der Basis, oder was es auch war. Bull fiel nichts ein, was er hätte besser machen können, also schätzte er, dass er gewonnen hatte.
Auf dem Rückweg zur Wache sah er sich die Datei von der Rosinante an. Der Saboteur wirkte echt. Bull hatte genügend gefälschte Geständnisse gesehen, um die Anzeichen zu erkennen. Hier war nichts davon zu entdecken. Danach verwandelte sich die ganze Geschichte allerdings in ein Märchen. Eine geheimnisvolle Frau, die Regierungen und Zivilisten manipulierte und bereit war, Dutzende Menschen zu töten und Tausende Menschenleben zu riskieren, um … was wollte sie eigentlich erreichen? James Holden durch den Ring schicken, wie es ja tatsächlich geschehen war?
Das Abbild, das der Gefangene geschaffen hatte, wirkte, als sei es aus Eis geschnitzt. Farbe gab es nicht. Bull fügte einen gleichmäßigen mittelbraunen Farbton und braunes Haar hinzu. Das Gesicht kam ihm nicht bekannt vor. Sie hatten gesagt, es sei Juliette Mao. Sie war nicht die erste mit dem Protomolekül infizierte Person gewesen, doch die unbrauchbaren Vorgänger waren auf die eine oder andere Weise im Dampfkochtopf gelandet. Sie war dann der Saatkristall geworden, aus dem Eros sich selbst und schließlich den Ring erschaffen hatte. Wer wollte da behaupten, sie sei nicht fähig, umherzuwandern, Verräter anzuheuern und Bomben zu legen?
Wenn man Wunder akzeptierte, handelte man sich allerdings das Problem ein, dass auf einmal alles möglich schien. Eine außerirdische Waffe hatte Milliarden Jahre lang in einer Umlaufbahn um Saturn geschlummert. Sie hatte Tausende Menschen gefressen, die Mechanismen der Körper gekidnappt und zu eigenen Zwecken eingesetzt. Sie hatte ein Wurmloch gebaut, das in eine gespenstische Sphäre führte. Warum sollte man nicht auch den Rest glauben? Wenn alles möglich war, dann musste man eben mit allem rechnen.
Bull glaubte es nicht.
Am Empfangstresen überprüfte er den Status. Das Beiboot der irdischen Raummarine war zu schnell geflogen, um den Marsianern zuvorzukommen. Die langsame Zone hatte es gepackt, und nun schwebte es zum Trümmerring hinaus. Wahrscheinlich waren sämtliche Besatzungsmitglieder tot. Das marsianische Beiboot hielt den Kurs, doch Holden würde das Gebilde erreichen, ehe sie ihn einholten. Zu dumm auch. Die Marsianer hatten die ganze Zeit recht schnell den Finger am Abzug gehabt. Die Aussichten, Holden einem Verhör unterziehen zu können, standen schlecht.
Bull sog durch die zusammengebissenen Zähne die Luft ein und wälzte im Hinterkopf halb ausgegorene Ideen. Holden konnte also nicht verhört werden, aber das hieß nicht, dass man nicht noch etwas anderes versuchen konnte. Er überprüfte seine Freigaben. Ashford hatte ihm den Zugang zum Com-Laser nicht gesperrt. Eigentlich hätte er sich mit Ashford oder wenigstens mit Pa absprechen müssen, doch die beiden hatten jetzt alle Hände voll zu tun. Und wenn es funktionierte, dann konnten sie kaum noch Einwände erheben. Denn dann besaß ihre Seite eine Trumpfkarte, mit der sie das Spiel bestimmen konnte.
Die XO der Rosinante erschien auf dem Bildschirm.
» Behemoth , was kann ich für Sie tun?«
»Hier ist Carlos Baca. Ich bin der Sicherheitschef und möchte mit Ihnen über ein Problem reden, das ich Ihnen vielleicht abnehmen kann.«
Sie zog die Augenbrauen hoch und schüttelte den Kopf, als hätte sie Mühe, wach zu bleiben. Sie war klug.
»Im Moment muss ich mich um eine ganze Reihe von Problemen kümmern«, entgegnete sie. »An welches dachten Sie denn?«
»Sie haben eine Truppe Zivilisten an Bord, einer von ihnen steht unter Arrest. Mars behauptet immer noch, Sie hätten das Schiff gestohlen. Die Erde fragt sich, ob Sie eins ihrer Schiffe in die Luft gejagt haben. Ich kann Ihren Gefangenen in Gewahrsam
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