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Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Titel: Abaddons Tor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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Reise hatte ihn in astronomischer Hinsicht auf ein langsames Kriechen beschleunigt. Die Rosinante hatte vor seinem Abflug relativ zum System bis zum Stillstand abgebremst. Hätte sie ihn mit der niedrigen erlaubten Höchstgeschwindigkeit hinausgeschleudert, dann hätte er nicht genug Energie in der EVA-Ausrüstung gehabt, um wieder abzubremsen.
    Vor ihm, mitten in der sternenlosen Schwärze, wartete die blaue Kugel.
    Falls die Berechnungen der Astronomen, wann Phoebe von Saturn eingefangen worden war, zutrafen, wartete das Objekt seit zwei Milliarden Jahren darauf, dass jemand durch dieses eine Tor kam. Seit geraumer Zeit weckten die eigenartigen Ereignisse im Zusammenhang mit dem Ring und dem Protomolekül in Holden jedoch den Verdacht, dass alle ihre Annahmen über den Ursprung und den Zweck dieses Objekts nicht zutrafen.
    Protogen hatte dem Protomolekül seinen Namen gegeben und beschlossen, dass man mit diesem Werkzeug neu definieren konnte, was es bedeutete, ein Mensch zu sein. Jules-Pierre Mao hatte es als Waffe betrachtet. Es tötete Menschen, daher war es eine Waffe. Doch eine starke Strahlung tötete ebenfalls Menschen, während ein medizinischer Röntgenapparat zur Heilung beitragen sollte. Holden bekam das Gefühl, sie seien alle wie Affen, die mit einem Mikrowellengerät spielten. Man drückte auf einen Knopf, ein Licht ging an, also war es eine Lampe. Man drückte auf einen anderen Knopf, steckte die Hand hinein und zog sich eine Verbrennung zu, also war es eine Waffe. Man lernte, die Tür zu öffnen und zu schließen, also war es ein Ort, an dem man etwas verstecken konnte. Niemand verstand, wozu es wirklich diente, und wahrscheinlich besaß niemand den nötigen Bezugsrahmen, um es einschätzen zu können. Bisher hatte noch kein Affe einen gefrorenen Burrito aufgetaut.
    Also stocherten die Affen in der glänzenden Kiste herum und mutmaßten, wozu sie gut war. Holden konnte sich einreden, die Kiste habe ihn sogar ausdrücklich darum gebeten, von ihm angestupst zu werden, doch auch dabei ging er von vielen Prämissen aus. Miller wirkte menschlich, er war sogar einmal ein Mensch gewesen, daher fiel es leicht, ihm zu unterstellen, er habe menschliche Motive. Miller wollte kommunizieren. Er wollte Holden etwas mitteilen oder ihn zu einem bestimmten Verhalten bewegen. Doch ebenso wahrscheinlich – oder sogar noch wahrscheinlicher – war es, dass Holden etwas sehr Fremdes vermenschlichte.
    Er stellte sich vor, wie er auf der Station landete und von Miller begrüßt wurde: James Holden, Sie und nur Sie sind im ganzen Universum der einzige Mensch, der die richtige chemische Zusammensetzung hat, um als perfekter Treibstoff für ein Wurmloch herzuhalten! Und dann stopfte er Holden in eine Maschine, die ihn verarbeitete.
    »Alles klar?«, fragte Naomi, die sein Kichern gehört hatte.
    »Ich denke gerade darüber nach, wie unglaublich dumm das alles ist. Warum habe ich es mir nicht von dir ausreden lassen?«
    »Anscheinend ist das ja geschehen, nur hat die Verarbeitung ein paar Stunden zu lange gedauert. Sollen wir dich wieder abholen?«
    »Nein. Wenn ich jetzt kneife, finde ich nie wieder den Mut, es noch einmal zu versuchen«, antwortete Holden. »Wie sieht es denn da draußen aus?«
    »Die Flotten haben zwei Dutzend Schiffe durchgeschickt, überwiegend schwere Einheiten. Alex hat berechnet, wie man einen Torpedo mit kurzen Schüben bis zur Tempogrenze, aber nicht darüber beschleunigt. Das können die Leute auf den Schiffen allerdings auch. Bisher hat noch niemand auf uns geschossen.«
    »Vielleicht haben sie dir geglaubt, als du meine Unschuld beteuert hast.«
    »Mag sein«, antwortete sie. »Ein paar kleine Einheiten haben sich aus den Verbänden gelöst und sind auf Abfangkurs zu dir unterwegs. Die Rosinante bezeichnet sie als Landeeinheiten.«
    »Verdammt, schicken sie mir Marinesoldaten hinterher?«
    »Sie haben bis zur Tempogrenze beschleunigt, aber die Rosinante sagt, dass du die Station erreichst, ehe sie dich erreichen. Es wird allerdings knapp.«
    »Mist«, schimpfte Holden. »Ich hoffe wirklich, dass es dort eine Tür gibt.«
    »Ein Schiff kommt von den UN, das andere von den Marsianern. Vielleicht haben sie Bobbie mitgebracht. Sie könnte dafür sorgen, dass die anderen nett zu dir sind.«
    »Nein«, antwortete Holden seufzend. »Nein. Jetzt kommen die Leute, die immer noch sauer auf mich sind.«
    Sein Nacken juckte, als er an die Marinesoldaten dachte, die ihm folgten. Die Tatsache, dass er in

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