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Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Titel: Abaddons Tor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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schimmernde Wand, die von innen heraus leuchtete. Im Display blinkte keine Strahlenwarnung, also war das, was den Schimmer erzeugte, nach Ansicht seines Anzugs nicht gefährlich. Die Flugberechnung, die Alex für ihn durchgeführt hatte, lief auf dem Helmdisplay ab und zählte rückwärts bis zu dem Zeitpunkt, an dem er eine Minute lang abbremsen würde. Das Händewedeln beim Erwachen hatte ihn in eine leichte Rotation versetzt, und das Flugprogramm drängte ihn nun, eine Kurskorrektur zu genehmigen. Da er Alex blind vertraute, wenn es um die Navigation ging, erteilte Holden dem Anzug den Auftrag, den Anflug automatisch durchzuführen.
    Ein paar rasche Stöße komprimierten Gases später blickte er zum schwarzen Weltraum hinaus und hatte die Kugel im Rücken. Dann folgte ein einminütiger Bremsschub, bis er sich nur noch mit einem halben Meter pro Sekunde bewegte und für die Landung bereit war. Er schaltete die Magnetstiefel ein, obwohl er nicht wusste, ob sie wirklich helfen würden. Die Kugel schien aus Metall zu bestehen, aber das hatte nicht viel zu bedeuten. Schließlich drehte er sich wieder herum.
    Die schimmernde blaue Wand war weniger als fünf Meter entfernt. Holden beugte die Knie, bereitete sich auf den Aufprall vor und hoffte, sich weich genug abfangen zu können, um nicht wieder abzuprallen. Wieder lag ein halber Meter hinter ihm. Die Sekunden wurden ihm viel zu lang und vergingen doch viel zu schnell. Einen Meter vor dem Kontakt wurde ihm bewusst, dass er die Luft angehalten hatte. Er atmete langsam aus.
    »Jetzt geht es los«, sagte er zu niemand im Besonderen.
    »Was ist los, Boss?«, antwortete Alex, von statischem Rauschen fast übertönt.
    Ehe Holden etwas sagen konnte, öffnete sich in der Oberfläche der Kugel eine Irisblende und verschlang ihn.
    Nachdem Holden durch das Portal ins Innere der Kugel geglitten war, landete er auf dem leicht gekrümmten Boden eines Raumes, der wie eine umgekehrte Kuppel geformt war. Die Wände schimmerten bläulich wie die Außenhülle der Kugel, die Flächen hatten eine Textur, die an Moos erinnerte. Winzige Lichter flammten auf und verschwanden wieder wie Glühwürmchen. Sein Anzug meldete, die dünne Atmosphäre bestehe hauptsächlich aus Benzolverbindungen und Neon. Hinter ihm schloss sich die Öffnung in der Decke fugenlos. Es gab kein Anzeichen, dass dort jemals ein Zugang existiert hatte.
    Miller stand ein paar Meter vor Holden. Der zerknitterte graue Anzug und der schweinslederne Hut wirkten in dieser fremdartigen Umgebung vertraut und zugleich exotisch. Der Mangel an atembarer Luft schien Miller nicht zu stören.
    Holden streckte die Knie und war überrascht, einen Widerstand wie in einem Schwerkraftfeld zu spüren. Er kannte die durch Drehung oder Schub erzeugte Schwerkraft und den natürlichen kräftigen Zug einer Schwerkraftsenke. Die EVA-Ausrüstung hing schwer auf seinem Rücken, doch dies hier fühlte sich ganz anders an. Es kam ihm beinahe so vor, als werde er von oben niedergedrückt, statt von unten festgehalten.
    »Hallo, Boss?«, meldete sich Alex noch einmal. Der Pilot war offenbar besorgt. Miller hob eine Hand, als wollte er Holden auffordern, ihn nicht weiter zu beachten. Holden akzeptierte die wortlose Erlaubnis und antwortete.
    »Ich höre dich, Alex. Was gibt es?«
    »Die Kugel hat dich gerade verschluckt«, sagte Alex. »Geht es dir da drin gut?«
    »Ja, alles klar. Aber du hast mich gerufen, ehe ich eingedrungen bin. Was liegt an?«
    »Ich wollte dich nur warnen, dass dir die Verfolger dicht auf den Fersen sind. Du musst in etwa fünf Minuten mit ihnen rechnen.«
    »Danke für die Warnung. Hoffentlich lässt Miller sie nicht herein.«
    »Miller?«, antworteten Alex und Naomi gleichzeitig. Anscheinend hatte sie die ganze Zeit mitgehört.
    »Ich melde mich, sobald ich mehr weiß«, grunzte Holden. Er setzte die EVA-Ausrüstung ab. Mit einem Plumps landete sie auf dem Boden.
    Das war seltsam.
    Holden schaltete die Außenlautsprecher ein. »Miller?« Seine Stimme hallte von den Wänden des Raums zurück. Dazu war die Atmosphäre eigentlich zu dünn.
    »He«, antwortete Miller. Seine Stimme drang ungehindert durch den Raumanzug, als stünden sie nebeneinander auf dem Deck der Rosinante . Er nickte langsam und verzog das traurige Basset-Gesicht zu einer Art Lächeln. »Da kommen noch andere. Gehören die zu Ihnen?«
    »Nein, die gehören nicht zu mir«, erwiderte Holden. »Das sind marsianische Marinesoldaten, die mich verhaften wollen.

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