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Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Titel: Abaddons Tor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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Anzugfunkgerät abgeschaltet, oder irgendetwas störte das Signal. Wie auch immer, er bekam nichts herein. Nicht von der Rosinante , nicht von den Marinesoldaten, rein gar nichts. Er spürte nur die leichten Erschütterungen beim Laufen und eine fast unerträgliche Furcht.
    Sein Anzug warnte ihn, dass der Luftvorrat fast erschöpft sei.
    Er wusste nicht, wo sie waren und wie weit sie gelaufen waren. Die Oberfläche der Station konnte hinter dem nächsten Tunnel liegen, oder sie hatten noch nicht einmal die Hälfte geschafft. Wer weiß, vielleicht veränderte sich die Station auch um sie herum, und der Weg, auf dem sie hergekommen waren, existierte gar nicht mehr. Wie der Anzug meldete, blieben ihm noch zwanzig Minuten.
    »He!«, rief er und strampelte, um mit den Beinen die Rüstung des Soldaten zu treffen, der ihn trug. »He! Ich brauche bald Luft!«
    Der Marinesoldat reagierte nicht. Ganz egal, wie sehr Holden sich wand, seine Kräfte und sein Gewicht waren ein Rundungsfehler im Vergleich zu den Fähigkeiten des motorgetriebenen Anzugs. Er konnte nur hoffen, dass sie ihn nicht versehentlich sterben ließen. Sich darüber Sorgen zu machen war tatsächlich besser, als sich um Naomi, Alex und Amos zu ängstigen.
    Als die Vorratsanzeige auf drei Minuten gesunken war und Holden sich heiser gebrüllt hatte, ging der Marinesoldat, der ihn trug, leicht in die Hocke und sprang. Die Station versank unter ihnen. Automatisch und gleichgültig schloss sich hinter ihnen die Irisblende in der Oberfläche. Das Beiboot schwebte nicht mehr als fünfhundert Meter entfernt im Vakuum, und die Außenbeleuchtung war das hellste Objekt im ganzen gespenstischen sternenlosen Himmel. Rasch traten sie durch die Hauptluftschleuse ein. Holdens Anzug blökte Notsignale, die Kohlendioxidsättigung erreichte eine kritische Grenze, und er musste sich sehr bemühen, seine Atmung zu beruhigen.
    Der Marinesoldat bugsierte ihn an einen Haltegriff in der Wand und fixierte ihn dort.
    »Mir geht die Luft aus!«, kreischte Holden. »Bitte!«
    Der Marinesoldat löste die Dichtungen von Holdens Anzug. Die hereinströmende Luft roch nach altem Plastik und unzulänglich recyceltem Urin. Holden sog sie ein, als duftete sie nach Rosen. Der Marinesoldat nahm seinen eigenen Helm ab. In der riesigen Kampfrüstung wirkte sein Kopf lächerlich klein.
    »Sergeant Verbinski!«, rief eine Frau.
    »Ja, Madam«, sagte der Marinesoldat, der ihn getragen hatte.
    »Was ist mit dem Gefangenen los?«
    »Vor ein paar Minuten ist ihm die Luft ausgegangen.«
    Die Frau grunzte nur und verlor kein weiteres Wort darüber.
    Die Beschleunigung des Beiboots war fast nicht zu spüren. Holdens Körper hatte auf einmal ein geringes Gewicht, dann war es schon wieder vorbei. Die Marinesoldaten murmelten untereinander und ignorierten ihn. Eine weitere Bestätigung brauchte er nicht. Was Miller gesagt hatte, entsprach der Wahrheit. Die Höchstgeschwindigkeit in der langsamen Zone hatte sich wieder verändert, und nach den Mienen der Soldaten zu urteilen, hatte es eine große Zahl von Opfern gegeben.
    »Ich muss mit meinem Schiff Verbindung aufnehmen«, sagte er. »Könnte bitte jemand die Rosinante anfunken?« Niemand antwortete ihm. Er versuchte es weiter. »Meine Crew ist möglicherweise verletzt. Könnten wir nicht …«
    »Bringt den Gefangenen zum Schweigen«, befahl die Frau, die vorher gesprochen hatte. Er konnte sie immer noch nicht sehen. Der nächste Marinesoldat, ein Mann mit starkem Kinn und schwarzer, fast bläulich schimmernder Haut, wandte sich an ihn. Holden machte sich auf Drohungen oder Gewalttaten gefasst.
    »Sie können jetzt sowieso nichts tun«, erklärte ihm der Mann. »Seien Sie bitte still.«
    Seine Zelle im Bau der Hammurabi war etwas mehr als anderthalb Meter breit und drei Meter tief. Die Druckliege war graublau, die Wände waren einförmig weiß und reflektierten das grelle Licht der LED in der Decke. Der Overall, den sie ihm gegeben hatten, fühlte sich an wie dickes Papier und knisterte, wenn er sich bewegte. Als ihn die Wächter holten, verzichteten sie sogar darauf, ihm die Arme und Beine zu fesseln.
    Die Befehlshaberin schwebte neben einem Schreibtisch, mit dem kurz geschnittenen silbergrauen Haar sah sie aus wie ein römischer Imperator. Holden wurde auf eine leicht nach vorn geneigte Druckliege geschnallt, damit er zu ihr aufschauen musste, obwohl es kein »Oben« mehr gab.
    »Ich bin Kapitän Jakande«, verkündete sie. »Sie sind Kriegsgefangener. Wissen

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