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Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Titel: Abaddons Tor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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Die Hometrainer und Übungsmaschinen beanspruchten viel Platz, denn dort durfte sich niemand in den Scharnieren und Gurten verfangen. Dank der Sicherheitsvorschriften war dies der größte, freieste Bereich auf dem ganzen Schiff und daher ein guter Ort, um unter Menschen zu gehen.
    Aus ihrem Team war nur Ren anwesend. Unter Mikrogravitation hätte er vermutlich bis zum Hals in einem Behälter mit zähem Gel gesteckt. Unter einem Schub von einem vollen G wie jetzt benutzte er lieber die normalen Hometrainer. Auf seiner hellen Haut glänzte der Schweiß, das karottenrote Haar hatte er sich zu einem krausen Pferdeschwanz zusammengebunden. Es war seltsam, ihn zu beobachten. Der sowieso schon große Kopf wirkte mit diesen Haaren noch größer, und mit dem schmalen Körper schien er eher in eine Kinderfreizeit als an Bord eines Raumschiffs zu gehören.
    Er nickte ihr zu, als sie hereinkam.
    »Ren.« Sie blieb vor seiner Maschine stehen. Andere Crewmitglieder taxierten sie mit Blicken, doch hier auf der Cerisier fühlte sie sich nicht so nackt wie sonst. Oder es lag an dem Hochgefühl, nachdem sie so gute Nachrichten bekommen hatte. »Haben Sie mal einen Augenblick Zeit?«
    »Chief«, sagte er, statt einfach mit »Ja« zu antworten, schaltete die Maschine jedoch auf die Abklingphase herunter. »Que sa?«
    »Ich habe einige Dinge gehört, die Stanni über mich erzählt hat«, begann sie. Rens Miene verschloss sich. »Ich wollte nur …«
    Sie runzelte die Stirn, schlug die Augen nieder und gab schließlich dem Impuls nach, der sie angetrieben hatte.
    »Er hat recht«, gestand sie. »Ich bin mit diesem Job überfordert. Ich habe ihn nur aufgrund von Beziehungen bekommen, bin aber gar nicht dafür qualifiziert, das zu tun, was ich hier eigentlich tun soll.«
    Er blinzelte verblüfft und blickte rasch an ihr vorbei, ob auch niemand mitgehört hatte. Ihr war es ziemlich egal, doch sie fand es reizend, dass er daran dachte.
    »So schlimm ist das gar nicht«, erwiderte er. »Hier und da liegen Sie mal etwas daneben, aber ich hatte schon schlimmere Vorgesetzte.«
    »Ich brauche Hilfe«, fuhr sie fort. »Wenn ich die Aufgaben ordentlich erledigen soll, brauche ich Hilfe. Ich brauche jemanden, dem ich vertrauen kann. Jemanden, auf den ich zählen kann.«
    Ren nickte, legte aber zugleich die Stirn in Falten. Er atmete tief durch und stieg vom Heimtrainer.
    »Ich will die Arbeit richtig machen«, erklärte sie. »Ich will nichts übersehen, und ich möchte, dass mich das Team respektiert.«
    »Alles klar.«
    »Eigentlich hätten Sie den Job bekommen müssen.«
    Ren schnaufte und blies dabei die Wangen auf. So ausdrucksvoll hatte sie ihn noch nie erlebt. Er lehnte sich an die Wand, und als er ihren Blick suchte, war es, als betrachtete er sie zum ersten Mal überhaupt.
    »Chief, es freut mich, dass Sie das sagen, aber hier sind wir beide Außenseiter. Wir müssen zusammenhalten, bien?«
    »Gut«, stimmte sie zu und lehnte sich neben ihm an die Wand. »Also, dieser Unterspannungsschutz – was habe ich da falsch gemacht?«
    Ren seufzte.
    »Die Buffer sind intelligente Bauteile, aber das Design ist blöd«, sagte er. »Sie reden miteinander und bilden daher eine Art eigenes Netzwerk, ja? Das Problem ist nur, wenn man einen falsch einbaut, dann scheint er immer noch zu funktionieren, aber wenn er das nächste Mal einen Reset bekommt, schickt er ein falsches Signal über die Leitung raus. Der Kurzschluss löst beim nächsten Baustein eine Diagnoseroutine aus, und dann beim übernächsten und so weiter, bis das ganze Netzwerk blinkt wie ein Weihnachtsbaum. Wenn im Netzwerk zu viele Fehler auftreten, schaltet es sich sicherheitshalber ab, und damit stürzt das ganze Stromnetz ab. Dann muss einer von uns alles durchgehen und vor Ort überprüfen – mit Taschenlampen in der Hand und einem Aufseher, der uns in den Arsch beißt.«
    »Das … das darf doch nicht wahr sein«, stammelte sie. »Ehrlich? Hätte die gesamte Stromversorgung ausfallen können?«
    »Ja, ich weiß«, antwortete Ren lächelnd. »Dabei müsste man nur das Design ändern, damit man sie nicht mehr falsch herum einsetzen kann. Aber darauf ist noch niemand gekommen. Vieles, was wir tun, läuft auf diese Weise ab, Boss. Wir versuchen, die kleinen Fehler auszumerzen, ehe große daraus werden. Bei manchen Fehlern passiert weiter nichts, manche können üble Folgen haben.«
    Bei diesen Worten war ihr, als hätte jemand eine Kirchenglocke angeschlagen. Lange spürte sie den Nachhall

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