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Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Abaddons Tor: Roman (German Edition)

Titel: Abaddons Tor: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James S. A. Corey
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Menschen bestanden, was bei Cortez’ im ganzen Sonnensystem verbreiteten Sendungen nicht mehr als ein Rundungsfehler gewesen wäre. Sie wusste nicht, ob sie sich geschmeichelt fühlen sollte, ob es ihr unangenehm war oder ob es einen Grund gab, misstrauisch zu werden.
    »Dr. Cortez«, antwortete Anna. »Es freut mich, Sie persönlich kennenzulernen. Ich kenne Sie natürlich aus den Sendungen.«
    »Natürlich.« Er lächelte leicht und sah sich schon wieder im Raum um, weil er mit jemand anders sprechen wollte. Möglicherweise hatte er sie nicht begrüßt, weil er sich über ihre Anwesenheit freute, sondern vielmehr, weil sie ihm einen Anlass geboten hatte, sich aus dem Gespräch zu stehlen, in das er vorher verwickelt gewesen war. Nun wusste sie nicht, ob sie amüsiert oder beleidigt reagieren sollte. Sie entschied sich für die Belustigung.
    Wie ein kleines Objekt, das von einem großen Schwerkraftzentrum angezogen wird, löste sich ein älterer Mann in römisch-katholischer Priesterkleidung aus der Menge in der Mitte des Raumes und steuerte auf Dr. Cortez zu.
    Als sie sich vorstellen wollte, kam Cortez ihr mit dröhnendem Organ zuvor. »Vater Michel, dies hier ist meine Freundin Hochwürden Dr. Annushka Volovodov, die auf Europa für die methodistische Gemeinde Gottes Ruhm verkündet hat.«
    »Hochwürden Volovodov«, sagte der Katholik. »Ich bin Vater Michel von der Erzdiözese Rom.«
    »Oh, es freut mich, Sie …«, setzte Anna an.
    »Lassen Sie sich nicht täuschen, wenn er sich wie ein kleiner alter Landpfarrer vorstellt«, fiel ihr Cortez lautstark ins Wort. »Er ist Bischof und wird demnächst zum Kardinal ernannt.«
    »Meinen Glückwunsch«, sagte Anna.
    »Ach, das ist weiter nichts. Alles nur Schall und Rauch.« Trotzdem strahlte der alte Mann. »Alles, was geschieht, entspricht Gottes Plan.«
    »Sie wären nicht hier, wenn das nicht die Wahrheit wäre«, stimmte Cortez zu.
    Der Bischof kicherte.
    Eine Frau, die ein teures blaues Kleid trug, verfolgte einen Bediensteten, der mit einem Tablett Champagner ausgerüstet war. Sie und Vater Michel griffen im gleichen Moment nach einem Glas. Anna lehnte lächelnd ab, worauf der Kellner im Gedränge mitten im Raum verschwand.
    »Bitte«, sagte die Frau zu Anna. »Lassen Sie mich nicht mutterseelenallein mit einem Katholiken trinken. Das hält meine Leber nicht aus.«
    »Vielen Dank, aber …«
    »Was ist mit Ihnen, Hank? Ich habe gehört, Sie sind recht trinkfest.« Die Frau kostete ihr Getränk. Cortez’ Lächeln verriet nicht, was wirklich in ihm vorging.
    »Ich heiße Anna.« Sie streckte die Hand aus, um die ältere Frau zu begrüßen. »Ihr Kleid ist sehr schön.«
    »Danke. Ich bin Mrs. Robert Fagan«, erwiderte die Frau mit übertrieben gespielter Höflichkeit. »Wenn Sie kein Geld von mir wollen, dürfen Sie mich Tilly nennen.«
    »Freut mich, Tilly«, antwortete Anna. »Es tut mir leid, aber ich trinke keinen Alkohol.«
    »Herr, errette mich vor den Abstinenzlern«, meinte Tilly. »Sie wissen nicht, was Partys sind, solange Sie nicht eine Gruppe von Anglikanern und Katholiken gesehen haben, die sich gegenseitig unter den Tisch trinken wollen.«
    »Das ist aber gar nicht nett, Mrs. Fagan«, schalt Vater Michel sie. »Ich habe noch nie einen Anglikaner getroffen, der sich mit mir messen konnte.«
    »Hank, warum entlässt Esteban Sie aus seinem Blickfeld?« Anna brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass Tilly den UN-Generalsekretär meinte.
    Cortez schüttelte den Kopf und spielte die verletzte Eitelkeit, ohne das ewige strahlende Grinsen aufzugeben. »Mrs. Fagan, voller Demut freue ich mich über den Glauben und das gewaltige Vertrauen des Generalsekretärs, während wir zu dem wichtigsten Ereignis seit dem Tod unseres Herrn rasen.«
    Tilly schnaubte. »Sie meinen, seinen Glauben und das Vertrauen in die hundert Millionen Wähler, die Sie im Juni für ihn in die Waagschale werfen können.«
    »Madam.« Jetzt erst sah Cortez Tilly voll an. Das Grinsen veränderte sich nicht, doch zwischen ihnen kühlte sich die Luft um einige Grad ab. »Vielleicht haben Sie ein wenig zu viel Champagner genossen.«
    »Oh, es war noch lange nicht genug.«
    Vater Michel rettete die Situation, indem er Tillys Hand nahm und sagte: »Ich glaube, unser lieber Generalsekretär ist für die zahlreichen Wahlkampfspenden Ihres Gatten womöglich sogar noch dankbarer. Nun befinden Sie sich allerdings auf der teuersten Kreuzfahrt der Geschichte.«
    Tilly wandte sich schnaubend von

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