Abaton
erklärte, was passiert war. In welch aussichtsloser Situation sie waren. Und wie sie gerade versucht hatten, die einzige Chance zu nutzen, die sie noch hatten.
„Und?“, fragte Simon, der nicht glauben wollte, dass das funktionieren konnte.
„Bei mir war nix“, sagte Linus enttäuscht.
„Ich hab plötzlich ein Tier gesehen“, sagte Edda. „Nein ... nein, ich war ein Tier.“ Sie konnte es nicht weiter erklären. Linus seufzte. Hoffentlich war es keine Diddelmaus.
„Wir müssen sehen, dass wir ihn dazu kriegen, die Tür zu öffnen. Das ist unsere einzige Chance“, sagte Simon.
„Vielleicht müssen wir es zu dritt probieren“, sagte Edda.
Simon schüttelte den Kopf.
„Ich kann so was nicht.“
„Was verlieren wir, wenn wir es versuchen?“, drängte Edda.
Simons Geste zeigte, dass er einlenkte.
„Du musst mit Liebe, Mitgefühl an ihn denken“, erklärte Linus.
„Mitgefühl? Hast du ’n Knall? Wenn ich könnte, würd ich den killen. Der hat doch auch null Mitgefühl! Der will uns umbringen.“
„Ja. Und um das zu verhindern, müssen wir Mitgefühl empfinden“, sagte Edda.
„Schwachsinn!“, sagte Simon und begann, wie schon die beiden anderen zuvor, die Wände nach einem Fluchtweg abzutasten.
„Haben wir schon alles probiert“, sagte Linus.
Wütend trat Simon gegen die Wand.
„Das auch“, sagte Edda.
Simon dachte nach. „Also gut“, sagte er schließlich und setzte sich. „Was ist mit den Sonnenrädern?“, fragte er. „Wir könnten die Bildfolge gemeinsam auf deinem I-Phone ansehen.“
„Bringt uns das vielleicht auf die gleiche ‚Taktung‘?“, sagte Edda voller Hoffnung.
Linus machte sich sofort an seinem I-Phone zu schaffen. „Ich hab die komplette Abfolge der Räder“, sagte er aufgeregt. „Aus den Notizen dieses Bernikoff. Keine Ahnung, ob es was bringt, aber eine andere Chance haben wir nicht.“
Linus hob sein I-Phone gut sichtbar für alle hoch und klickte das Video an ...
Alle drei schauten gebannt auf die Bildsequenz.
Kurz darauf war Simon wieder auf dem zugefrorenen See. „Ich kann fliegen. Schau. Simon, schau!“
Es war Davids Stimme, die Simon hörte. Er richtete sich auf und sah David. Wie er über den gefrorenen See glitt. Wie glücklich er war und wie ahnungslos. Simon wollte ihn warnen, doch er bekam keinen Laut aus seiner Kehle. Er winkte. David winkte zurück. Und Simon hörte das Brechen des Eises. Wie ein Peitschenknall traf ihn das Geräusch ...
„Folgt mir!“, hörte er plötzlich Eddas Stimme. Nein, er hörte die Stimme nicht. Sie war in ihm.
Auch Linus nahm sie wahr. Eddas Stimme, die ihn zurückholte aus dem Feuer, das ihn in der Scheune einschloss.
„Folgt mir!“ Eddas Stimme klang so klar. Linus wusste, sie war auf dem richtigen Weg. Und Simon und Linus folgten ihr, und ihre Erinnerung an den drohenden Tod war wie weggewischt.
[ 1331 ]
Clint hatte den Frequenzstrahler auf die Zelle gerichtet und den Regler auf die doppelte der ihm vorgegebenen Frequenz eingestellt. Er rechnete damit, dass die Kinder schnell ohnmächtig werden würden. Er hatte keine Ahnung, wie viel Sauerstoff sich in der Zelle befand und ob es ausreichend Luftzufuhr gab. Das Schicksal würde es zeigen. Sollten die drei überleben, würden sie nicht mehr viel erzählen können. Sie würden sich nicht einmal daran erinnern, wie sie hießen und was sie gerne aßen. Und ganz bestimmt würde sich dieser Linus nicht erinnern, was er in Köln bei Olsen gesehen hatte.
Clint hielt inne. Irgendwie war ihm auf einmal unwohl. War es die Sache in Frankfurt? Oder die mit Olsen? Die letzten Tage waren zu viel für ihn gewesen. Diese Frequenzen! Hatte er was abgekriegt?
Einen Augenblick lang lauschte er auf nächtliche Geräusche, die von draußen hereindrangen. Aber es war still. Nur ab und zu fuhr ein Wagen vorbei.
gene-sys hatte ihm klare Anweisungen gegeben. Er wusste, wie er den tragischen Vorfall, der sich gleich ereignen würde, erklären wollte. Defekte Technik. Möglich, dass sie ihn feuerten. Aber er musste so handeln, wie er handelte. Zeugen, die ihm gefährlich werden konnten, mussten beseitigt werden. Das war einer seiner eisernen Grundsätze. Er wäre gewiss nicht mehr im Geschäft, wenn er nicht immer danach gehandelt hätte.
Clint hatte nach dem Ende des Kalten Krieges auf der ganzen Welt Einsätze gehabt. Mal auf der guten, mal auf der bösen Seite. Wer immer ihn bezahlte, für den arbeitete er. Er hatte Anschläge verübt, Fallen gestellt, gelogen und
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