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Abaton

Abaton

Titel: Abaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Jeltsch
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Mitternacht.
    „Gleich ist der Teufelsberg save“, sagte sie zu Clint.
    Die Digitaluhr sprang auf 0:00. Die Frau beobachtete die Anzeige, die sie vom Teufelsberg empfing. Der Zeiger sank aus dem Zehnerbereich zurück, bis er Level 0 erreichte. Zufrieden nickte die Frau.
    „Was ist jetzt? Abzug?“, drang Clints Stimme über ihr Headset.
    „Negativ!“, sagte sie. „Teufelsberg clean! Jetzt kriegen wir auch die drei Ausreißer. Ich melde mich.“
    Sie goss sich aus der Thermoskanne Kaffee in ihren Becher. Dann konzentrierte sie sich wieder auf die Stelle, wo sie Edda, Simon und Linus verloren hatten. Der Einstieg in das Tunnelsystem unter Berlin. Die drei mussten sich getrennt haben, deshalb war die Anzeige erloschen. Das war die einzige Erklärung. Aber warum? Ahnten die Kinder etwa, dass sie nur zu dritt die Kritische Masse bildeten, die man auch unter der Erde aufspüren konnte? Nein. Das war unmöglich. Nur wenige Menschen wussten überhaupt, dass es so etwas wie eine Kritische Masse gab.
    Der Kaffee tat gut.
    Die Frau konzentrierte sich auf das Tunnelsystem, das von der Stelle des Verschwindens der drei Jugendlichen zur Friedrichstraße führte. Und wie ein Raubvogel, der über das Land streift, lauerte sie auf den Moment, in dem sie das entscheidende Signal erhielt. Es würde kommen. Das war sicher.
    „Folgen Sie in den Untergrund!“, befahl sie schließlich Clint, der als Einziger noch den Einstieg in die Unterwelt bewachte.
    Der erfahrene Söldner schnallte seine Antennenwaffe auf den Rücken und kletterte hinab. Dorthin, wohin Simon und Edda vor nicht ganz zehn Minuten verschwunden waren.
    [ 1120 ]
    Die eiserne Tür im Schacht stand einen Spaltbreit auf. Gerade groß genug, dass Edda und Simon hindurchschlüpfen konnten. Simon wollte weiter, doch Edda hielt ihn zurück.
    „Die Tür. Wir müssen sie irgendwie versperren. Wenn die uns folgen ...“
    Simon sah Edda im fahlen grünen Licht an und spürte, dass er auf eine seltsame Art stolz war. Auf dieses wunderbare seltsame Mädchen. Das so herrlich zwischen Kumpel, Prinzessin und Zicke mäanderte. Ohne jede Vorwarnung. Edda hatte begonnen, die Tür wieder zuzudrücken. Simon half ihr, daran zu zerren, bis sie sich aufjaulend schloss. Nach kurzem Suchen fanden sie eine vergessene Schaufel, die sie zwischen Klinke und Wand klemmten. Das würde mögliche Verfolger hoffentlich eine Zeit lang aufhalten.
    Einen Moment hielten sie inne. Das Tunnelsystem öffnete sich vor ihnen. Simon überlegte, in welche Richtung sie gehen sollten.
    „Hatte Linus nicht gesagt, wo er nach seinen Eltern suchen wollte?“
    „Nein.“
    Edda war das auch egal. Im Grunde brauchten sie nur einem der Tunnel zu folgen. Irgendwann würden sie automatisch an einen U-Bahnhof gelangen. Dann könnten sie zur Polizei. Sie marschierte los. Simon folgte.
    Er übernahm die Führung.
    „Scheiße!“, sagte Edda hinter ihm.
    Er blieb stehen und hörte sie im Dunkeln weiterfluchen.
    „Fuck! Laufmasche! Ich spür das genau. Dicke, fette Laufmasche. Die kriecht schon den ganzen Oberschenkel rauf. Ich hasse das, die ganze Scheiße hier. Manno ... Wehe, du sagst was!“
    Simon schwieg. Er bemühte sich, sich den weiteren Verlauf der Masche nicht vorzustellen. Das war nicht einfach. Eher sogar unmöglich. Da half nur die S7, die plötzlich an ihnen vorbeischoss und beiden die Gefahr, in der sie sich befanden, zurück ins Bewusstsein rief.
    Die S-Bahn war im Nu vorbei und davon. Edda duckte sich noch immer starr vor Schreck in die Nische. Simon hatte sich schützend vor sie gestellt. Da waren sie sich kurz ganz nah.
    Nicht mal zwei Tage war es her, dass sich Simon genau das, diese Nähe zu Edda, gewünscht hatte, jedoch nie im Leben geglaubt hatte, dass sich sein Wunsch erfüllen würde. Seit dem Tod seines Bruders hatte er das Gefühl gehabt, dass alles, was er sich wünschte, garantiert nicht passieren würde. Aber jetzt mit Edda ...
    „Weiter!“, sagte sie.
    [ 1121 ]
    Edda kam wieder herunter.
    Vom Dachboden ihrer Erinnerungen.
    Es wurde heller und die Stimmen um sie herum wurden lauter. Simon und Linus. Und die anderen, die sie nicht kannte. Edda mochte keine Menschen. Quatsch! Nein, sie mochte nur manche. Ganz wenige, um genau zu sein.
    Und manche Menschen machten ihr Angst …
    Edda sah sich um.
    Kein Grund zur Panik. Edda war hier nicht in Indien. Sie war in einem ganz normalen Jugendcamp und ihre Probleme waren wirklich überschaubar. Jedenfalls im Vergleich zu Indien. 50 – vielleicht

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