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Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)

Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)

Titel: Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf Kraemer
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See.
    „Gemeinsam.“ Er spürte, wie dieses Wort ihm Kraft gab, während er es dachte.
    „Ja, gemeinsam“, vernahm er plötzlich in seinem Kopf. Er hatte Eddas Stimme nicht gehört, doch er wusste, dass sie es war, die ihm zustimmte. Er hatte ihre Botschaft empfangen. So, wie es Linus beschrieben hatte. Er hatte Kontakt. Simon fühlte sich wie elektrisiert. Er hielt die Augen geschlossen. Es war wie ein Traum. Auf keinen Fall wollte er jetzt daraus erwachen.
    „Wenn uns etwas gelingen soll, etwas Großes, Unmögliches, dann nur gemeinsam.“ Wieder ein Satz von Edda. Simon nickte.
    „Es wird uns gelingen“, antwortete er in Gedanken.
    „Gemeinsam; korrekt.“ Simon wusste sofort: Nun hatte sich Linus eingeklinkt. „Obwohl gemein und einsam in dem Wort steckt“, ließ er die anderen wissen.
    Simon nahm wahr, wie Edda und Linus sich darüber amüsierten, und lächelte auch. Er gehörte dazu. Wie gut das tat. Ohne sich zu bemühen, sich anzustrengen. Einfach dazuzugehören. Teil zu sein. Es war ein Gefühl, das ihn an früher erinnerte. Ganz früher. Als er mit seinem Vater in die Klinik eilte, um zum ersten Mal seinen kleinen Bruder zu sehen. Wie David faltig und verschrumpelt in den Armen seiner Mutter lag und wie sein Vater ihn, seinen Bruder und seine Mutter in den Arm nahm und vor Glück weinte. Niemals wieder hatte er sich so sicher, so geliebt gefühlt. All das fiel ihm ein, empfand, spürte er. Familie.
    „Scheint, dass wir tatsächlich irgendwie zusammengehören.“ Noch immer standen sie da und hielten sich umarmt.
    „Ist irgendwie wie tanken“, übermittelte Edda.
    „Es ist cool. Total ...“
    „Wie ’n Trip.“
    Linus war der Erste, der sich aus der Umarmung löste. Er musste sich setzen. Es hatte ihn angestrengt. Genauso wie Edda und Simon. Lange saßen sie um den runden Tisch. Trauten sich nicht recht, einander anzusehen. Jeder der drei erwartete, befürchtete, die beiden anderen könnten über die letzten Minuten lachen, ohne das tiefe Gefühl zu teilen. Aber es lachte niemand. Es war nur still. Edda war in Gedanken bei den Worten von Meyrink. Sie musste an das Bild der „Antennen“ denken. An die Kritische Masse. An die Verantwortung, die Meyrink ihr erklärt hatte. „Es ist eine Gabe.“ Edda wusste, dass da etwas dran sein musste. Sie schaute die beiden Jungs an. Es gab keinen Zweifel, dass sie von nun an immer mit ihnen verbunden sein würde. Sie musste mit ihnen darüber reden und darüber, dass sie möglicherweise einen Traum von Marie empfangen hatte, doch sie wollte die Stimmung zwischen ihnen nicht zerreden. Edda wusste, dass die beiden ebenso empfanden.
    Auf dem Tisch lag eine letzte Tüte mit Glückskeksen. Irgendwann griff Edda zu und aß einen. Den Spruch hatte sie ohne zu lesen beiseitegelegt. Simon griff danach und las vor:
    „Greif zu den Sternen und deine Arme werden wachsen.“
    Für einen Moment saßen sie beeindruckt da. Linus schnappte sich die Tüte, wühlte nach einem Keks, biss darauf und holte seinen Spruch hervor.
    „Alles ist ewig, nichts vergeht. Was also sollst du fürchten?“ Es gelang ihm nicht, sich darüber lustig zu machen.
    „Jetzt du!“ Edda schob Simon die Tüte zu.
    „Ich glaub nicht an so was.“
    „Sollst ja nicht dran glauben. Einfach nur so.“
    Sie schüttete die Tüte vor ihm aus. Simon griff zu, biss den Keks entzwei und las:
    „Fortune cookie. Made in Bolivia.“
    „Is’ nicht wahr?“ Edda nahm ihm den Zettel weg. Sie musste feststellen, dass das wirklich da stand. Linus und Edda verstummten, aber Simon lachte und die anderen stimmten ein. Vor einer halben Stunde noch hätte ihm der schlechte Glückskeks einen Stich versetzt. Weshalb ausgerechnet er? Jetzt war es egal.
    „Eben bei der Umarmung“, sagte Linus irgendwann. „Ich weiß nicht, aber ich dachte, irgendwie bin ich doppelt und dreifach.“ Die Begegnung hatte ihn mit großer Sicherheit erfüllt. Hatte alle Zweifel vertrieben, die ihn seit dem Tod von Clint beherrscht hatten. Zum ersten Mal hatte er wieder das Gefühl, dass alles gut werden könnte. Dass er mit seiner Schuld weiterleben könnte.
    „Dann gehören wir wohl zusammen“, sagte Edda verschwörerisch.
    „Ja. Auf ewig. Auf immer“, unterstrich Simon.
    „Drei Musketiere!“, rief Edda.
    „Muskeltiere!“ Linus spannte seine Bizepse an. Edda lachte, wie eben nur Edda lachen konnte. Offen. Ansteckend. Schnell verlor die Stimmung die schwere Ernsthaftigkeit. Edda schaltete den alten Ghettoblaster an, der auf

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