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Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)

Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)

Titel: Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf Kraemer
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einer Anrichte stand, und von einer leiernden Kassette ertönte chinesische Pop-Musik. Aus Linus’ Muskelshow wurde ein schräges Posieren vor den rot-goldenen Drachen, die aus den chinesischen Kitschschnitzereien hervorzukriechen schienen. Simon sang die Schlager laut mit, als wäre er nie etwas anderes gewesen als Kastrat am Hofe des Kaisers QinXiHuangDi, während Edda mit ihren Händen ihre Fähigkeiten im Schattenspiel probte.
    Es tat ihr gut, so ausgelassen zu sein. Es tat ihr gut, die Begegnung mit Meyrink zu verdrängen. Sie wollte nicht an die Bilder denken, die Meyrink ihr von Marie vorgespielt hatte. Sie wollte es nicht glauben. Sie wollte nicht die Verantwortung für Maries Leben übernehmen. Sie wollte sich kleinmachen, unsichtbar. Zusammenkauern wie der Hase in ihrem Traum. Sofort war das Bild wieder da: Sie als Raubtier, das den Hasen getötet hatte. Sie schaute auf die Schatten, die ihre Hände an die Wand warfen. War das nicht ein Wolf? Ein Hase? Sie drehte die chinesische Musik lauter, tanzte dazu. Simon sang mit seiner Fistelstimme. Linus poste, doch mit einem Schlag war sein Übermut wieder verflogen. Wie ein Schatten legten sich die Gedanken an Clint und an Olsen über seine Ausgelassenheit. Er überprüfte, ob er die Tür von innen verriegelt hatte. Dann ging er zum Hinterausgang mit seinem vergitterten Fenster und auf dem Weg zurück fiel sein Blick auf eine weitere Kühltruhe, die ihm bisher nicht aufgefallen war. Neugierig hob er den Deckel an. Alles war dick vereist. Aber was da in dem aufsteigenden Dampf lag, waren keine Lebensmittel. Linus räumte ein paar Kartons weg und fand –
    Waffen. Drei Revolver, eine Maschinenpistole. Handgranaten. Lagen auf dem Tisch in dem chinesischen Lokal. Stolz präsentierte Linus Edda und Simon seine Beute.
    „Wir sollten abhauen“, sagte Edda. „Hat vielleicht wirklich mit der Mafia zu tun, dass hier keiner mehr ist.“
    „Aber nicht ohne das da“, sagte Simon. „Wenn wir Marie befreien wollen ...“
    „Spinnst du? Wir können doch nicht auf Menschen schießen!“ Eddas Empörung war echt.
    „Drohen. Mehr nicht“, beschwichtigte Linus. „Eine andere Sprache verstehen die bei GENE-SYS sowieso nicht.“
    „Ach ja? Wir marschieren da rein wie Rambo, oder was?“ Edda brachte es auf den Punkt. Das war kein Plan. Das war Selbstmord. Oder zumindest idiotisch. Es brachte sie alle in Gefahr. Was, wenn man auf sie schoss? Wer von ihnen konnte wirklich mit einer Waffe umgehen?
    „Und wenn wir sie ausschalten?“, fragte Simon in die ratlose Stille. Die beiden anderen sahen ihn erwartungsvoll an. Simon berichtete von den Drogen, die er Mumbala geklaut und bei seinem Vater gelassen hatte. Er selbst hatte versehentlich eine Dosis davon eingeatmet und war auf dem Gefängnishof von der Wirkung der Droge überrascht worden. Ohnmächtig und von merkwürdigen Halluzinationen geplagt. Bobo hatte berichtet, dass einige der Knackis auf das Zeug hin ausgeflippt waren.
    „Und?“, fragte Edda.
    „Der Teufelsberg muss doch ein Belüftungssystem haben. Wenn wir das Zeug da reinbringen, dann legen wir alles lahm. Wir holen Marie raus und bevor die wieder klar sind, sind wir über alle Berge ... und müssten die Waffen nicht benutzen“, schloss er.
    „Nur im Notfall“, korrigierte Linus.
    Für einen Moment herrschte Stille. Edda und Linus überlegten, wie realistisch das Szenario sein könnte.
    „Und wie kriegen wir so viel von dem Zeug, dass das klappt?“, fragte Linus, was so viel wie ein zaghaftes Einverständnis bedeutete. Simon sah zu Edda.
    „Kommt drauf an, wie viel wir davon bräuchten“, sagte Simon. „Und wir müssen an diese Belüftung kommen.“
    Sie schwiegen. Edda war nicht wohl bei dem Gedanken, Waffen zu benutzen. Sie dachte daran, was Meyrink gesagt hatte.
    „Und wenn wir uns zusammenschließen, so wie vorhin? Wie gegen diesen Söldner, diesen Clint? Das ist etwas, das nur wir können.“
    Zweifelnd sahen die Jungen sie an.
    „Können wir das denn wirklich? Ich meine, was soll das bringen? Das sind zig Leute.“
    Die Jungs waren sich einig.
    „Was, wenn wir vor Ort sind und das funktioniert nicht bei so vielen?“
    Edda schüttelte den Kopf. Ihr gefiel der Gedanken mit den Waffen nicht. Wie Unglücksmagneten sahen sie aus. Glückskekse des Bösen, dachte sie.
    „Also sind alle einverstanden?“ Linus schaute die beiden Freunde an. Simon nickte. Edda zögerte.
    „Ich hab einen Mann getroffen, der kennt GENE-SYS “, sagte sie. „Meyrink

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