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Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)

Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition)

Titel: Abaton: Die Verlockung des Bösen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf Kraemer
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an.
    „Stehst eben auf Muckis“, sagte Linus lapidar.
    Simon ärgerte sich über Linus’ blöde Antwort. Er hatte auch keine Antwort für Edda, aber er konnte ihre Frage gut verstehen. So oft war ihm diese Frage selbst in den Sinn gekommen. Damals, als er ganze Tage in der Natur verbrachte. Im Wald, auf dem See ... Es war das Jahr, nachdem David ertrunken war. Nirgendwo hatte er sich so sicher gefühlt wie allein unter freiem Himmel. Zu Hause stritten seine Eltern. In der Schule rutschte er in Mathe und Englisch auf fünf. Alles in seinem Leben fiel auseinander. Beim Beobachten der Fischschwärme im See oder der Ameisen in ihrem geordneten Zusammenleben hatte Simon immer die Sehnsucht gehabt, ein Teil dieser Gemeinschaften zu sein. Es war wie Untergehen. Untergehen und dennoch getragen werden. Nicht immer das Gefühl zu haben, alles alleine schultern zu müssen.
    „Vielleicht, weil in der Natur nichts falsch ist“, sagte Simon und sah Edda an. „Deshalb hast du dich sicher gefühlt, vielleicht.“ Die beiden sahen sich an und Edda begriff, dass Simon sie besser verstand, als sie je gedacht hatte. Simon lächelte leicht, aber er ertrug diesen Blick nicht länger. Er wandte sich ab, wollte voran.
    Da meldete sich Linus’ Handy. Linus hob ab: „Hallo?“
    „Wir müssen reden“, sagte Eugene Lorraine.
    Der Imbiss stand an der wohl zugigsten Stelle in ganz Berlin. Edda, Linus und Simon warteten unter den hoch über ihnen verlaufenden S-Bahn-Gleisen auf den Reporter. Es war schon dunkel geworden.
    „Begreif ich echt nicht“, sagte Linus. „Warum hier? Als wollten wir Drogen verticken.“ Schließlich tauchte Lorraine auf. Er wirkte gar nicht mehr so selbstsicher wie noch am Morgen.
    „Da is nichts dran an der Geschichte“, sagte er sofort und ohne Begrüßung. „Nichts dran. Wirklich nur Hörensagen. Also dann ...“
    „He, Moment! Nicht so schnell“, rief Linus und hielt den Reporter zusammen mit Simon auf. „Sind Sie am Teufelsberg gewesen?“
    „Klar.“
    „In den Katakomben?“
    „Junge, da ist nichts! Glaub mir. Man hat euch Scheiß erzählt, okay? So nach dem Motto: Der CIA hat die Dinosaurier erfunden, um euch vom Zeitreisen abzuhalten!“ Er lachte künstlich und wollte schnell fort.
    „Wir waren da“, sagte Edda plötzlich. „Wir haben das alles gesehen.“
    Eugene wandte sich ihr zu. Sah sie lange an.
    „Mädchen, lass es gut sein. Lasst die Finger davon.“
    „Sie haben Angst.“ Eugene konnte Edda nichts vormachen.
    „Lasst es einfach gut sein“, brauste er plötzlich auf. Und wurde gleich wieder leise. „Bitte!“ Der Reporter ließ die drei zurück. Der kalte Wind schnitt in ihre Gesichter und trieb ihnen die Tränen in die Augen. Über ihre Köpfe donnerte eine S-Bahn hinweg.
    Langsam verebbte der Fluss von Pendlern, die auf dem Weg zu ihrem Zuhause waren. Angeschnorrt von ein paar ewigen Punkern, die mit ihren Hunden bei den Toiletten herumlungerten.
    „Zwei Welten“, dachte Edda. „Wie schön wäre es jetzt, in einen der Züge zu steigen und zurückzufahren. Nach Hause. In das Häuschen am Meer. Marie in die Arme zu fliegen, von den Abenteuern in Berlin zu erzählen. Bei einer Tasse Chai, den Marie immer mit Kandis servierte.“ Edda erinnerte sich, wie sie als Kind geglaubt hatte, Kandiszucker wären süße Diamanten.
    Jetzt war alles anders. Alles war bedrohlich geworden. Marie war eine Gefangene. Und Edda hatte sich selbst versprochen, sie zu befreien. Sie hatte gehofft, dass der Reporter alles aufdecken würde. Edda wollte sich nicht ausmalen, was Lorraine solche Angst gemacht hatte, dass er so schnell aufgab. Doch eines wusste sie: dass sie ihr Versprechen halten musste. Sie spürte ein Loch in ihrem Bauch. Es war kein Hunger. Es war die Vorahnung einer gefährlichen Mission.
    Vier Polizeibeamte tauchten in der Station auf und überprüften die Punks. Eine der Polizistinnen nahm auch Edda, Simon und Linus ins Visier. Erkannte sie wieder. Die drei waren ihr damals bei der Fahrscheinkontrolle begegnet. Neugierig ging sie auf die Kinder zu.
    „Feind auf elf Uhr ...“
    Linus packte die beiden anderen am Ärmel und zog sie wieder hinaus in die Kälte. Eilig mischten sie sich unter die Passanten. Die Polizistin hatte nicht genügend Ehrgeiz, um ihnen in die eisige Stadt zu folgen. Edda, Simon und Linus nahmen Kurs auf das Parkhaus, wo noch immer ihr Wagen stand.
    Enttäuschung und Wut und Hunger ließen Edda fluchen. Und weinen. Sie trompetete trotzig in das Taschentuch,

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