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ABATON: Im Bann der Freiheit (German Edition)

ABATON: Im Bann der Freiheit (German Edition)

Titel: ABATON: Im Bann der Freiheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jeltsch
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jämmerlich. Doch das wollte er Sudden nicht sagen. Er wollte nicht, dass sie erfuhr, dass er nachts wach lag, die Stunden bis zum Morgen zählte, wenn er geweckt wurde und endlich das Leben auf der Plattform begann und er mit Schifter und Sudden weiter in die Aktionen der Gruppe eingeweiht wurde, die seinem Leben einen neuen Sinn gaben. Das Leben auf der Plattform begann ihm Spaß zu machen. Endlich hatte er Zeit, einmal mit sich ins Reine zu kommen, und das, was die Leute erzählten, machte aus den vielen Bruchstücken, die während der Zeit seit dem Camp auf ihn zugetrudelt waren und die er sich mithilfe von Edda, Linus und Olsen zusammengesetzt hatte, endlich eine Geschichte. Eine Geschichte, die immer mehr Sinn ergab und die ihn und sein Erlebnis in einen größeren Zusammenhang stellte, als dass sie Versuchskaninchen waren, die nun niemand mehr gebrauchen konnte. Seine Geschichte.
    „Komm, ein paar Dunks“, sagte Sudden und nötigte Simon nach draußen, wo auf einer kleinen Fläche ein Basketballkorb angebracht worden war.
    Sudden schnappte sich den Ball und spielte Simon locker aus.
    „Streng dich an“, verlangte sie und Simon tat es. Fast eine Stunde kämpften sie um jeden Korb und schließlich einigten sie sich erschöpft auf ein Unentschieden. Aber Sudden hielt sich nicht dran und versenkte noch einen. Sie lachten und schauten aufs Meer. Simon gefiel, wie die Leute auf der Plattform in der Lage waren, das Positive an allem zu betonen und durch intelligente und neuartige Experimente eine neue Wirklichkeit zu schaffen, anstatt auf Gewalt mit Gewalt zu antworten oder sich von den Mächtigen Angst machen zu lassen. Was Schifter als Straßenmaler in Berlin mit Simon gemacht hatte, veranstalteten die Leute um Bixby und Schifter auf globaler Ebene. Sie gingen mit der Wirklichkeit um wie Regisseure und sorgten mit ihren geheimen Aktionen dafür, dass ihre Feinde ad absurdum geführt wurden. Sie ließen ihre anonymen Computer milliardenfach fiktive, aber brisante E-Mails erschaffen, um den Speicherkapazitäten der datenhungrigen Geheimdienste das Maul zu stopfen. Immer wieder hatten sie geheimes Material, das von ihren Servern stammte, an WikiLeaks geliefert, und erst vor Kurzem hatten Sudden und ihre Freunde über unbekannte Server E-Mails verschickt, in denen sich Mitglieder der NSA, des BND und der Geheimdienste gegenseitig anzeigten und beschuldigten. So überzeugend, dass der Apparat für eine ganze Weile mit sich selbst beschäftigt gewesen war und die ganze Welt über die Geheimdienste gelacht hatte. Die Menschen fingen an, über die paranoiden Datensammler die Köpfe zu schütteln und sich von der Sorgenfabrik der Politik und den Wirtschaftsunternehmen abzuwenden. Diese Gruppe und ihre Aktionen waren etwas, wovon Simon sein ganzes Leben geträumt hatte. Einzig seine Anhänglichkeit gegenüber Edda und seine verdammte Eifersucht verdarben ihm sein Leben.
    Simon streckte sich, spürte, wie ihm der Wind durch die Kleider blies und ihn erfrischte. Er wollte nicht darüber sprechen, weshalb er fast gestorben war.
    „Wieso warten wir nicht auf Linus und sehen, was sich entwickelt?“, fragte Simon.
    „Weil wir langsam davon ausgehen müssen, dass es ihm nicht gut geht. Bixby hat immer noch keine Ahnung, was mit Linus ist; ob er überhaupt noch lebt.“
    Sudden hielt inne, als sie Simons besorgten Blick sah.
    „Ist die Wahrheit“, sagte sie. „Wir haben keine Zeit zu warten. Wir müssen weitermachen. Die Chancen, dass sie uns hier finden, wachsen mit jedem Tag, denn vermutlich haben wir im Netz Spuren hinterlassen. gene-sys wird womöglich nach euch suchen. Vielleicht die Polizei. Noch sind wir hier sicher, aber wir haben auch fast zwölf Millionen Euro verbraucht, um auf diesen Zeitpunkt hinzusteuern – und sind jetzt längst nicht so weit, wie wir gedacht haben.“
    Simon schaute auf Sudden. Es ging darum, eine Realität zu verändern, in der tatsächlich nichts war, was es zu sein schien, und an der mittlerweile Millionen von Menschen mitarbeiteten, indem sie wahllos konsumierten und glaubten, was sie im Internet und in den Medien zu sehen bekamen. Aber wie konnte man gegen diese Übermacht angehen? Bildeten diese Menschen auch eine Art Brain-Cloud, so wie sie Edda, Linus und Simon im Teufelsberg erschaffen hatten? Dort waren sie zu dritt gewesen, die Kritische Masse – die dumpfe Masse, das waren Millionen.
    Simon sah Sudden an. Er sah, dass sie weinte.
    „Was ist?“, fragte er

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