Abbau Ost
390 Hotels, zahlreiche Kinos, die gesamte Energie- und Wasserversorgung
und die Betriebe des öffentlichen Nahverkehrs. Der größte Teil des ostdeutschen Wohnungsbestandes gehörte zum Volkseigentum.
Die DDR hatte eines der weltweit am besten ausgebauten Kinderbetreuungssysteme. Auch ein Netz von Sportschulen mit einem bis
heute nicht wieder erreichten Leistungsniveau gehörte dazu. Eher wenig Beachtung fand das Vermögen der Nationalen Volksarmee,
unter anderem 369 Kampfflugzeuge, 2761 Panzer, 192 Kriegsschiffe, 5000 Artillerie-, Raketen und Flugabwehrsysteme, 7000 verschiedenste
Radfahrzeuge, 1,3 Millionen Handfeuerwaffen, dazu noch über 300 000 Tonnen Munition und riesige Materialvorräte. Der kleine
deutsche Staat verfügte über 124 000 Immobilien, insgesamt 342 000 Hektar Liegenschaften. Ferner gehörten den DDR-Bürgern
1,8 Millionen Hektar Ackerland und 2,1 Millionen Hektar Wald.
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Geheime Verschlusssache b5 – 1158/89
Die DDR konnte bis zum letzten Tag ihrer ökonomischen Existenz,
bis zur Währungsunion und der Umstellung auf die DM am
1.7.1990 selbst unter den seit einem Dreivierteljahr dauernden
Umbruchsbedingungen sowohl im Handel mit den ausländischen
Partnern in Ost und West jede fällige Rechnung bezahlen als auch
die Versorgung der Bevölkerung stabil gewährleisten.
Siegfried Wenzel: ›Was war die DDR wert? Und wo ist dieser Wert geblieben? Versuch einer Abschlussbilanz‹, Berlin 2001
Schon kurz nach der Wende, als sich das Desaster abzuzeichnen begann, etablierte sich in der Öffentlichkeit das Bild von der
maroden, völlig heruntergewirtschafteten und überschuldeten DDR, |36| wobei der Westen bis heute beteuert, das wahre Ausmaß der Katastrophe sei anfangs weit unterschätzt worden. Abgesehen davon,
dass ein erschreckendes Maß an Verantwortungslosigkeit darin liegt, eine gemeinsame Währung mit einem Staat anzustreben, über
dessen Wirtschaftskraft und Verschuldungssituation man sich nicht recht im Klaren war, machten sich die SED-Funktionäre über
die wirtschaftliche Lage der DDR weit weniger Illusionen als die zur Übernahme bereitstehenden westdeutschen Repräsentanten.
Gleich zu Beginn seiner kurzen Regierungszeit im Herbst 1989 hatte Egon Krenz ein Gutachten in Auftrag gegeben. Dieses Mal
ging es tatsächlich um die Wahrheit. Der Generalsekretär forderte »ein ungeschminktes Bild der ökonomischen Lage der DDR mit
Schlussfolgerungen«. Am 28. Oktober 1989 wurde einem kleinen Kreis von Genossen das sogenannte »Schürer-Papier« zugestellt.
Das Originaldokument liegt heute in der »Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR« und war, obwohl streng
vertraulich, den westdeutschen Politikern und Beamten nicht verborgen geblieben. Das Schürer-Papier wurde maßgeblich vom langjährigen
Planungsminister Gerhard Schürer, von Außenhandelsminister Gerhard Beil und vom Chef des DDR-Auslandsfirmenimperiums Alexander
Schalck-Golodkowski erarbeitet. Zum damaligen Zeitpunkt war die DDR mit 49 Milliarden D-Mark bei etwa 400 ausländischen Banken
verschuldet. Dabei hatte die DDR nur etwa die Hälfte dieser Auslandskredite in Anspruch genommen und präsentierte den Banken
die andere Hälfte als »Guthaben«. Über den wahren Charakter dieser Guthaben wurde peinliches Stillschweigen bewahrt, denn
nur solange die Wahrheit nicht ans Licht kam, »trugen diese nicht mobilisierten Kredite ganz wesentlich zum Ansehen der DDR
als solidem und zuverlässigem Kreditnehmer bei«. Die Planwirtschaftler rechneten fest damit, dass ihnen ausländische Banken
über das Jahr 1989 hinaus jährlich acht bis zehn Milliarden D-Mark leihen würden und die tatsächlich zu finanzierende Schuldenlast,
also abzüglich nicht mobilisierter Kreditanteile, sich bis 1995 auf maximal 45 Milliarden D-Mark erhöhen würde. Dafür sollten
dann jährlich etwa 8,7 Milliarden D-Mark an Zinsen gezahlt werden. Zum Vergleich: |37| Die fünf neuen Länder waren 2004 mit rund 71 Milliarden Euro verschuldet. Ost- und Westberlin, die statistisch nicht mehr
getrennt werden, hatten 2004 einen Schuldenstand von noch einmal 53,9 Milliarden Euro. Dazu müssen auch noch die Bundesschulden
gerechnet werden, die 2004 gemäß dem ostdeutschen Bevölkerungsanteil mit etwa 150 Milliarden Euro zu Buche schlugen. Zu diesem
Zeitpunkt wurde nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Berlin (DIW) im neuen Bundesgebiet etwa
80 Prozent der
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